Das Unternehmen von Bernhard Wigger aus Ahaus, ein Fachbetrieb für Rollladen- und Jalousiebau, ist wohl das, was man getrost ein Traditionsunternehmen nennen kann. 1933 als Schreinerei in Ahaus gegründet, wird der Handwerksbetrieb heute in der dritten Generation geführt. Doch mit der Familientradition ist es bald vorbei.
Für Inhaber Frank Wigger stand kürzlich ein Thema an, mit dem sich viele Selbständige, vor allem im Handwerk, derzeit beschäftigen müssen. Wer übernimmt meinen Betrieb, wenn ich in den Ruhestand gehe? Die Studie „Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2022 bis 2026“ hat herausgefunden, dass in dem benannten Zeitraum für 190.000 Unternehmen eine Nachfolge auf dem Chefsessel ansteht.
Lösung ganz in der Nähe
Und einen Nachfolger zu finden, ist leichter gesagt als getan, das gilt gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Im schlimmsten Fall droht gar die Liquidierung eines Unternehmens. Doch einfach nur abschließen und die Familiengeschichte beerdigen, das ist für Frank Wigger keine Option gewesen. Der eigene Nachwuchs verfolgt eigenen Pläne und studiert: „Die Kinder sind auf einem guten Weg.“
Die Lösung für Frank Wiggers Problem fand sich letztlich ganz in der Nähe, nämlich in Ammeloe. Dort sitzt mit Bröcking Fensterbau ebenfalls ein Traditions- und zugleich Familienunternehmen, mit dem die Ahauser schon über 40 Jahre gute Beziehungen pflegen. „Wigger und uns verbindet eine langjährige Geschäftsbeziehung, ein fast freundschaftliches Verhältnis“, sagt Geschäftsführer Gregor Bröcking.
Übernahme zum Jahreswechsel
Im vergangenen Sommer kam das Thema Übernahme dann ganz spontan auf den Tisch. „Bröcking suchte Verstärkung vor allem beim Service, das ist unser Schwerpunkt“, erinnert sich Frank Wigger. „Ich habe dann ins Spiel gebracht: Eigentlich müsst ihr uns kaufen.“ Ob er das ernst meine? Ja, das tat er und in der Folge wurden die Optionen abgeklopft, der Weg weiter verfolgt und kürzlich dann auch die Verträge unterschrieben. Zum 1.1.2023 wird die Übernahme vollzogen sein.
„Wir finden, dass unsere Firmen sehr gut zusammenpassen“, so Frank Wigger. Die bestehenden Strukturen bleiben erhalten, die Kunden bekommen von alledem gar nichts mit. So wird der Name Wigger und auch der Standort des Traditionsunternehmens in Ahaus erhalten bleiben.
Gelegenheit beim Schopfe gepackt
Und auch eine andere Sache bleibt – zumindest vorerst – beim Alten: Frank Wigger wird für mindestens zwei weitere Jahre das Unternehmen leiten. Er sei ja, sagt er, erst 53 Jahre alt: „Vielleicht werde ich in zwei Jahren eine andere Herausforderung suchen, jedenfalls weiß ich meine Mitarbeiter in guten Händen.“
Die ursprüngliche Lebensplanung von Frank Wigger war eigentlich ein wenig anders. Das Thema Nachfolge hatte er kurzfristig eigentlich nicht auf der Agenda stehen. Ruhestand mit 60 war der ursprüngliche Plan, doch dann kam diese Gelegenheit – und die wollte er sich nicht entgehen lassen: „Da habe ich mir einen Ruck gegeben. Wer weiß, ob eine solche Gelegenheit nochmal in drei oder fünf Jahren kommt?“
Optimismus in Ahaus
Das sah auch seine Familie so, die diese Entscheidung unterstützt. „Klar gibt man da eine Familientradition auf.“ Aber welche Optionen hat man, wenn klar ist, dass es innerhalb der Familie keine Nachfolge geben wird? So immerhin wird das Unternehmen weitergeführt und die Arbeitsplätze bleiben erhalten.
Grund zur Sorge gibt es diesbezüglich nicht, denn Frank Wigger übergibt ein bestelltes Feld – auch in den Zeiten, in denen Corona, der Krieg in der Ukraine und die galoppierende Inflation viele Menschen verunsichern. „Wir sind sehr stark im Servicebereich tätig, der nicht so konjunkturanfällig ist.
Rollladen gehen immer kaputt“, so Frank Wigger. Bei den Privatkunden sei eine leichte Zurückhaltung zu spüren. Frank Wigger geht aber davon aus, dass dies nur vorübergehend sein wird: „Wir sind sehr optimistisch, dass uns die Arbeit nicht ausgehen wird.“

Ähnlich optimistisch ist Gregor Bröcking: „Die Nachfrage im Bereich Sonnen- und Sichtschutz nimmt zu, seit vielen Jahren. Wigger ergänzt unser Portfolio, das bislang vor allem aus hochwertigen Holzfenstern und Holz-Aluminiumfenstern besteht.“ Mit den zehn Mitarbeitern von Wigger wächst sein Unternehmen nun auf 70 Angestellte an.
Gregor Bröcking musste von daher nicht lange überlegen, als Frank Wigger das Thema Übernahme ansprach. „Es gibt eine große Nachfrage im Servicebereich, das deckt Wigger perfekt ab. Da fehlen uns bislang Personal und Know-how.“
Personal händeringend gesucht
Und genau das brauche man dringend. Generell merke die Branche im Bereich Bau, Fenster und Fassade die gegenwärtige Krise schon. In Ammeloe hingegen kommt davon bislang wenig an. „Wir haben jetzt schon einen hohen Auftragsbestand für das kommende Jahr und sind hier positiv gestimmt. “
Die Probleme liegen, so Gregor Bröcking, an anderer Stelle: „Wir sind stark auf Expansionskurs und brauchen Personal.“ Tischler, Glaser, Monteure und Lackierer werden händeringend gesucht. Daran hat auch die Übernahme von Wigger nichts geändert.
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