Einblicke in den Corona-Alltag: Die Geschichten liegen plötzlich nicht mehr auf der Straße
Coronavirus
Erst hat sich die Nachrichtenlage komplett überschlagen, jetzt steht die Welt vor einer Art Stillstand. Redakteurin Victoria Garwer berichtet, wie Journalismus in diesen Zeiten funktioniert.

Die Straßen sind leer – auch Geschichten liegen hier nicht mehr rum. © Stephan Teine
Die Geschichten liegen auf der Straße. Ein Standard-Spruch von Journalisten. Tja, nichts ist im Moment wohl falscher als diese Aussage. Denn die Straßen sind leer. Die Leute bleiben zu Hause – und damit auch die Geschichten.
Früher war ich in meinem Arbeitsalltag oft in der Stadt unterwegs. Ich habe Menschen zu Hause besucht, habe Fotos von Veranstaltungen gemacht und habe auch mal wildfremde Menschen auf der Straße angesprochen.
Nah dran sein – das ist es, was den Lokaljournalismus ausmacht. Doch genau diese Nähe ist nun verboten. Das Coronavirus hat uns Journalisten damit eine unserer Kernkompetenzen genommen.
Telefonate statt Hausbesuche bei den Protagonisten
Gleichzeitig ist es in Zeiten wie diesen umso wichtiger, die nötigen Informationen zu verbreiten. Also finden wir Lösungen. Wir telefonieren mit unseren Protagonisten, statt sie zu besuchen. Die Bitte, doch selber ein Foto zu machen und uns zu schicken, wurde noch nie so positiv aufgenommen wie im Moment.
So langsam gewöhnen sich alle an diese neue Situation. Erinnern Sie sich noch an unsere Corona-Artikel im Januar und Februar? Damals wurde uns noch Panikmache vorgeworfen. Das Virus schien noch so weit weg zu sein.
Nachrichtenlage hat sich plötzlich überschlagen
Dann wurden die ersten Fälle in NRW bekannt, schließlich im Kreis Borken und Ahaus. Eine Schule wurde geschlossen, Veranstaltungen abgesagt. Die Nachrichtenlage überschlug sich.
Für uns in den Redaktionen war das eine wahnsinnig anstrengende Zeit. Stündlich änderte sich die Situation. Wir haben so viele Artikel produziert, dass wir zeitweise selber der Überblick verloren haben.
Wir haben eine Weile gebraucht, um uns zu strukturieren, und haben es rechtzeitig geschafft. Als das öffentliche Leben nach und nach zum Erliegen kam, waren wir vorbereitet. Eine unfassbar lange Themenliste wuchs immer weiter und weiter. Schließlich betrifft die Krise jeden einzelne, jede Branche, jedes Alter, jede Einkommensklasse. Geschichten ohne Ende, für die wir zeitweise gar nicht genug Personal hatten.
Das Material wird knapp
Jetzt werden die Entwicklungen wieder langsamer. Es wird schwieriger, interessante Themen zu finden. Gleichzeitig findet nichts mehr statt, alles ist geschlossen. Ansprechpartner in den Verwaltungen und Pressestellen zu Nicht-Corona-Themen sind teilweise schwierig zu erreichen.
Wir stehen also nun vor der nächsten Herausforderung: Wie füllen wir in den kommenden Wochen die Zeitung und die Online-Portale, wenn die Welt in eine Art Stillstand verfällt? Wir werden uns jeden Tag etwas Neues einfallen lassen, versprochen!