Dr. Thomas Westermann (l.) und Holger Winter sehen die aktuellen Patientenzahlen im Ahauser St.-Marien-Krankenhaus mit Sorge: Im Januar verzeichnete das Haus rund 30 Prozent weniger Patienten als üblich. Neben möglichen Folgen für die Patienten hat das auch eine finanzielle Seite: Die Kosten laufen weiter, die Einnahmen brechen aber ein.

© Stephan Rape

Coronavirus: Krankenhaus verzeichnet 30 Prozent weniger Patienten

rnCorona-Pandemie

Die Behandlung von Patienten mit dem Coronavirus ist im Ahauser St.-Marien-Krankenhaus Alltag. Doch viele andere Patienten machen im Moment einen Bogen um das Haus. Das kann ein Problem werden.

Ahaus

, 05.02.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Im Ahauser St.-Marien-Krankenhaus ist es im Moment ruhig. Fast gefährlich ruhig: Rund 30 Prozent weniger Patienten als üblich sind dort gerade in Behandlung. Wegen der Ausbreitung des Coronavirus scheuen offensichtlich viele Menschen den Kontakt zum Krankenhaus.

Eine unnötige Sorge, wie Holger Winter, Geschäftsführer des St.-Marien-Krankenhauses Ahaus, und Dr. Thomas Westermann, Chefarzt für Pneumologie, Schlafmedizin und Infektiologie im Ahauser Krankenhaus, im Gespräch mit unserer Redaktion erklären. Gerade bei Verdacht auf Herzinfarkt, Schlaganfall oder auch einer Lungenentzündung sei der Zeitfaktor ganz entscheidend für die Therapie und deren Erfolg.

Notaufnahme verzeichnet deutlich weniger Patienten

Und gibt es in normalen Zeiten in der Notaufnahme eine Vielzahl von Bagatellen, die eigentlich beim Hausarzt besser aufgehoben wären, beobachtet das Krankenhauspersonal im Moment den gegenteiligen Effekt. „Viele Menschen versuchen, eine Erkrankung zu Hause auszusitzen, obwohl sie eigentlich ins Krankenhaus gehören würden“, sagt Thomas Westermann.

Klar, geplante Operationen wie etwa eine Knietransplantation könne man mit entsprechender Schmerztherapie noch einmal für einige Zeit aufschieben. Bei akuten Erkrankungen sehe das natürlich ganz anders aus. Auch wenn er die Skepsis der Patienten ein Stück weit verstehen könne, wirbt der Mediziner eindringlich dafür, bei einer Erkrankung das Krankenhaus aufzusuchen.

Risiko im Krankenhaus ist eher geringer als anderswo

„Wir haben hier einen sehr, sehr hohen Sicherheitsstandard“, sagt auch Holger Winter. Kein Patient müsse sich Sorgen vor einer Infektion im Krankenhaus machen. „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es bei einem Virus natürlich nirgends“, sagt Holger Winter. Das Risiko, sich im Krankenhaus mit dem Coronavirus anzustecken, sei aber nicht höher als beispielsweise im Supermarkt. Im Gegenteil: Wegen der hohen Sicherheitsvorkehrungen sei es eher geringer (siehe Infobox).

Aktuell entstehe der Eindruck, dass sich das Krankenhaus fast ausschließlich mit der Behandlung von Covid19-Patienten beschäftige. Doch dieser Eindruck sei falsch. Am Freitag (5. Februar) wurden in Ahaus 14 Patienten mit einer Corona-Infektion behandelt. Zwei von ihnen auf der Intensivstation. Zum Vergleich: Das Ahauser Krankenhaus hat über 300 Betten. Zusammen mit den Krankenhausstandorten in Stadtlohn und Vreden sogar über 500.

Ahauser Krankenhaus ist auf Infektionskrankheiten eingestellt

Allerdings werden im Ahauser St.-Marien-Krankenhaus die Menschen mit einer Coronavirus-Infektion aus dem Nordkreis zusammengefasst. Nicht zufällig: Auch im Regelbetrieb befindet sich im Haus eine Isolationsstation für Patienten mit hochansteckenden Krankheiten.

Diese Infrastruktur wird auch in der Pandemie genutzt. Beispielsweise verfügt die Station über eigene Zugänge und einen eigenen Aufzug. So kommen Patienten mit einer Infektion gar nicht mit den übrigen Patienten in Kontakt. Auch in der zentralen Notaufnahme wurden für Patienten mit Verdacht auf eine Infektion eigene Behandlungsräume reserviert.

Mittlerweile habe sich auch die Personalsituation wieder entspannt. Tatsächlich habe es im Dezember viele Ausfälle gegeben. Die Personaldecke sei streckenweise dünn geworden. Auch weil durch die Trennung der Stationen mehr Personal gebraucht werde: Zwischen der Isolationsstation mit den Corona-Patienten und dem übrigen Krankenhaus werde strikt getrennt. Auch auf der Intensivstation gebe es diese klare Trennung. Niemand solle jedoch aus falscher Rücksicht auf die Auslastung im Krankenhaus einen notwendigen Aufenthalt verschieben.

Menschlichkeit gebietet es, Besuche möglich zu machen

Und die Besucher? Bergen sie nicht ein unnötiges Risiko, wenn sie das Krankenhaus betreten? Schließlich könnten sie ja theoretisch das Virus ins Haus einschleppen. „Die Menschlichkeit gebietet es, Besuche, wo immer es geht, zuzulassen“, sagt Thomas Westermann. Gerade ältere Patienten, die länger als für ein paar Tage im Krankenhaus liegen, würden jeden Besuch dringend brauchen. Allerdings: „Wenn jemand mit einem gebrochenen Arm für drei Tage auf der Station liegt, empfehlen wir möglichst wenig Besuch“, sagt er.

Jetzt lesen

Das sei ganz einfach eine Abwägungsfrage. Auch werde die Besuchsregelung ja regelmäßig überprüft und im Zweifel angepasst. Selbst wenn es bei Patienten und Besuchern teilweise für Kritik und Unverständnis sorge, weil die Regelungen mehrfach angepasst werden. „Diese schnellen Änderungen prägen den Alltag im Krankenhaus seit vergangenem März“, sagt Holger Winter: Bei jeder neuen Erkenntnis müsse eben darauf reagiert werden.

Corona-Pandemie stellt Krankenhaus vor finanzielle Probleme

Insgesamt geht es aber nicht nur um die Gesundheit der Patienten. Auch finanzielle Fragen spielen für Geschäftsführer und Chefarzt eine Rolle – daraus machen sie keinen Hehl: „Wir haben einen Versorgungsauftrag und halten dafür 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche die Strukturen vor“, sagt Holger Winter. Natürlich koste das. „Und unsere Erlöse nehmen wir natürlich nur durch behandelte Patienten ein“, ergänzt er.

Problematisch sei für das Krankenhaus, dass es im Gegensatz zum vergangenen Herbst keine Ausgleichszahlungen mehr gebe. Das Ahauser Krankenhaus sei natürlich nicht allein mit diesem Problem. „Aber noch gibt es aus Berlin keine Signale für eine Lösung“, sagt Holger Winter. Die Beratung dazu laufe.

Das Schutzkonzept im Klinikum Westmünsterland im Detail:

  • Symptomtagebuch und Risikocheck vor der Aufnahme: Patienten werden vor einer geplanten Aufnahme genau zu möglichen Symptomen befragt und müssen vorab ein Symptomtagebuch führen.
  • Strikte Trennung von Infizierten und Nicht-Infizierten: Patienten, bei denen eine Infektion mit dem Coronavirus vermutet oder nachgewiesen wird, werden strikt getrennt untergebracht und von eigenen Pflegeteams versorgt.
  • Maskenpflicht und angepasste Besucherregelung: Für Besucher gilt im gesamten Krankenhaus eine strikte Maskenpflicht. Je nach Lage wird die Besucherregelung verändert oder auch Besuch ganz untersagt.
  • Strenge Abstands- und Hygieneregeln: Auch diese Regeln werden ständig aktualisiert. Unter den Mitarbeitern werden Abstandsregelungen ebenso durchgesetzt.
  • Corona-Taskforce und Information: Extra eingerichtete Taskforces informieren das gesamte Krankenhauspersonal über aktualisierte Regelungen. In täglichen Lagebesprechungen beraten Krankenhausleitung und Chefärzte über die Maßnahmen.
  • Eigene Labordiagnostik: Das Klinikum Westmünsterland verfügt am Standort Bocholt über ein eigenes Speziallabor. Corona-Abstriche können so besonders schnell durchgeführt und untersucht werden.
  • Tests vor der Aufnahme: Vor einer stationären Aufnahme werden alle Patienten auf eine Infektion untersucht.
  • Symptomkontrolle und Mitarbeitertests: Alle Mitarbeiter führen ein Symptomtagebuch, um eventuelle Anzeichen einer Infektion zu entdecken. Entsprechend der Empfehlungen von Kreisgesundheitsamt und Robert-Koch-Institut werden die Mitarbeiter regelmäßig getestet.