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Betriebsarzt: MEM Maschinenbau impft über 80 Mitarbeiter an einem Tag
Coronavirus
Weil ihr das Impfen nicht schnell genug geht, hat Ruth Marx von MEM Maschinenbau in Ottenstein eine eigene Impfaktion gestartet. Das Unternehmen hatte Glück: Betriebsarzt und Apotheke zogen mit.
Während in den Hallen des Unternehmens MEM Maschinenbau die Produktion am Donnerstag auf vollen Touren läuft, arbeitet auch Betriebsarzt Dr. Rainer Kuhnert wie am Fließband: 84 der 88 Mitarbeitern verabreicht er an diesem Tag ihre Impfung gegen das Coronavirus.
Das Ottensteiner Unternehmen hat die Impfung seiner Mitarbeiter selbst in die Hand genommen. Das ist seit dem 7. Juni durch den Betriebsarzt möglich. „Wir hatten Glück, dass alles geklappt hat“, sagt Ruth Marx (47), die in dem Betrieb die Verantwortung für das Personal trägt.
Die Idee für die zentrale Impfung hatte sie schon lange. Konkret wurde es aber erst vor wenigen Tagen: Da kam die Zusage von der St.-Georg-Apotheke, dass die bestellte Impfstoffmenge auch tatsächlich geliefert werden kann.
Noch größere Impfaktion war nicht möglich
„Ich freue mich einfach, dass wir unseren Mitarbeitern dieses Angebot machen können“, sagt sie am Mittag sichtlich zufrieden. Ursprünglich hatte sie sogar vor, das Angebot in Kooperation mit anderen Unternehmen in Ottenstein auf noch größere Beine zu stellen. „Da wurde ich aber recht schnell eingefangen“, gibt sie zu.
Zu groß seien dafür die Hürden gewesen. „Manche Unternehmen haben mit ihrem Betriebsarzt nicht einen so kurzen Draht“, erklärt sie. Auch Impfstoff sei in größeren Mengen nicht zu bekommen gewesen.
Dennoch möchte sie gerade für klein- und mittelständische Unternehmen mit gutem Beispiel vorangehen: „Jede Impfung mehr hilft uns. Nicht nur in der Industrie, sondern auch im Handel und der Gastronomie“, macht sie deutlich. Ein Schritt hin zu mehr Normalität. Ein eigener Impftermin könne – mit einem Quäntchen Glück – eben auch für ein eher kleines Unternehmen gelingen.
Klar sei aber auch, dass dafür eine Menge Arbeit nötig sei. „Die Vor- und Nachbereitung hat es schon in sich“, sagt sie. Auch, weil es teils gar keine, teils widersprüchliche Informationen gebe. „Das ging mir alles zu langsam, da habe ich es selbst in die Hand genommen“, erklärt Ruth Marx weiter. Vielleicht habe auch diese Ungeduld dazu beitragen, dass die Aktion überhaupt geklappt habe.
Und die finanzielle Frage? Schließlich kostet jede Impfung ja Geld. „Darum kümmern wir uns, wenn alles gelaufen ist“, sagt sie. Im Moment sei das noch kein Thema.
Einziges Ziel: Impfquote nach vorne bringen
Erst einmal sei es ihr nur darum gegangen, die Impfungen insgesamt nach vorne zu bringen. Das Unternehmen sei bisher recht glimpflich durch die Pandemie gekommen. Drei Infektionen habe es seit März 2020 unter den Mitarbeitern gegeben. „Sie haben sich aber nicht im Betrieb angesteckt“, fügt Ruth Marx schnell hinzu. Auch wirtschaftlich sei es gut gelaufen. Kurzarbeit sei nur zwischendurch und auch nur für einen kleinen Teil der Belegschaft ein Thema gewesen. „Klar, auch wir haben Probleme mit der Materialbeschaffung, aber unsere Auftragsbücher sind voll.“
Für Betriebsarzt Dr. Rainer Kuhnert ist die eigentliche Impfung am Donnerstag nichts Besonderes. „Ob ich nun gegen Hepatitis, eine gewöhnliche Grippe oder eben Covid impfe, ist vom Ablauf ja nichts Anderes“, sagt er zwischen zwei Impflingen. Das Problem sei die Versorgung mit Impfstoff. „Im großen Maßstab sind die Impfungen ja fast noch nicht durchführbar“, macht der Betriebsarzt, der auch etliche andere Unternehmen betreut, deutlich.
Und dann ist die Impfung durch Betriebsärzte ja auch generell erst seit dem 7. Juni möglich. MEM sei daher eines der ersten Unternehmen im Kreis Borken, das seine Mitarbeiter zentral impfen lässt.
Bis in den Nachmittag zieht sich die Impfaktion an diesem Tag in Ottenstein. Weil einige Azubis, die im August dort ihre Ausbildung aufnehmen, bis mittags in der Schule sind. „Die haben wir direkt mit zur Impfung eingeladen“, sagt Ruth Marx. „Wir sind ein Familienunternehmen und halten zusammen.“
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
