
© Luis Engels
Die Band Soeckers spielt am Dienstag live über den Dächern von Ahaus
Konzert in Ahaus
Die Band Soeckers spielt am Dienstagabend in Ahaus eine Sektor-Session für den Radiosender 1Live. Die vier Ahauser Musiker freuen sich auf das Heimspiel, trotz aller Corona-Beschränkungen.
Der erste Plattenvertrag, ein durchgetakteter Tourkalender mit über 40 Konzerten in ganz Deutschland und Österreich und die Veröffentlichung des in Wien aufgenommenen Debütalbums „Kopfkarussell“ standen für 2020 auf der Agenda der Ahauser Band Soeckers. Doch das Corona-Virus durchkreuzte die Planung der Newcomer-Band.
Während die vier Musiker aus Ahaus ihre Wohnungen kurzerhand zum Proberaum umbauten, kam der Anruf des Radiosenders 1Live – und damit für Soeckers eine Einladung, bei den Sektor-Sessions teilzunehmen.
Die Band sorgt am Dienstag, 28. April, für Festivalstimmung in den Wohnzimmern und auf den Balkonen: Soeckers spielt über den Dächern ihrer Heimatstadt Ahaus und ist ab 20.15 Uhr auf Sendung. Das Konzert wird gestreamt und kann auch auf dem Youtube-Kanal der Band verfolgt werden.
Vorab haben zwei (Julian Marpert, Nils Temme) der vier Bandmitglieder sowie ihr Manager Luis Engels Fragen zum Konzert und zur aktuellen (Corona)Lage für die Musiker beantwortet.
Wie ist der Kontakt zu 1Live zustande gekommen?
Luis Engels: Als wir Wanda 2018 auf ihrer Tour in den großen Hallen Deutschlands begleiten durften, haben wir Simone Sohn kennengelernt. Sie kümmert sich um das Heimatkult-Format bei 1Live, wir sind seitdem in Kontakt geblieben.
Wie lange wird das Konzert in Ahaus dauern?
Luis Engels: Das Konzert wird ungefähr eine Stunde dauern.
Was – und wo – wird gespielt?
Julian Marpert: Wir spielen fast alle Songs, die auf unserem Debütalbum „Kopfkarussell“ sein werden – also auch Songs, die bislang noch unveröffentlicht sind. Außerdem spielen wir ein ganz neues Lied, das wir jetzt in der Lockdown-Zeit geschrieben haben.
Nils Temme: Uns war klar, dass wir das Konzert in unserer Heimatstadt Ahaus spielen wollen. Innerhalb weniger Tage wurde eine Location über den Dächern der Stadt gefunden und das Team zusammengestellt, das in kürzester Zeit die Technik rund um den Stream vorbereitete. Jetzt können wir endlich ausprobieren, wie wir mit Langhaarfrisuren ankommen.
Luis Engels: Die letzten 14 Tage gab es perfekte Sonneruntergänge. Aber ausgerechnet für Dienstag sieht die Wettervorhersage nicht sehr rosig aus. Es kann sein, dass wir unsere Ersatzlocation bemühen müssen.
Wann war der letzte Auftritt von Soeckers in Ahaus?
Julian Marpert: Unser letzter Auftritt in der Stadt war für eine Supportshow für Sasha auf dem Sümmermannplatz vor dem Ahauser Schloss. Die Konzerte in Ahaus sind für uns immer besonders schön, weil wir so viele Freunde und Bekannte wiedersehen. Dieses Mal ist das natürlich etwas anders. Aber vielleicht trifft man sich ja digital.
Wie oft sind Sie noch Ihrem Heimatort?
Julian Marpert: Wir wohnen zwar mittlerweile alle in Münster, aber es zieht uns noch recht oft in die Heimat. Unser Proberaum ist im Hause der Musikerinitiative Ahaus e.V., dort verbringen wir normalerweise viel Zeit oder wir treffen Freunde und Familie. Ahaus ist nach wie vor ein sehr wichtiger Ort für uns.
Seit wann sind Sie als „Soeckers“ zusammen? Wie hat sich das entwickelt?
Julian Marpert: Zusammen unterwegs sind wir seit 2014. Kennengelernt haben wir uns über den gleichen Musikgeschmack. Wir lieben alle die Beatles, Oasis und Co. Wir konnten zu dem Zeitpunkt zwar alle kein Instrument spielen, aber aus irgendeinem Grund haben wir trotzdem eine Band gegründet.
Seitdem ist ziemlich viel passiert. Hätte uns damals jemand gesagt, dass wir bis 2020 über 100 Konzerte gespielt haben werden, eine Bookingagentur unsere Konzerte bucht, wir einen Plattendeal unterschreiben und ein Album mit dem Wanda-Produzenten Paul Gallister in Wien aufnehmen werden, hätten wir der Person definitiv einen Vogel gezeigt.
Wir sind sehr dankbar für diese Entwicklung und freuen uns sehr über den großen Support, den wir erfahren. Das können wir gar nicht oft genug sagen.
Sind alle Bandmitglieder Profimusiker?
Julian Marpert: Profimusiker sind wir sicherlich nicht, da ist noch Luft nach oben. Aber als Band funktionieren wir mittlerweile ganz gut, finden wir. Wir stecken viel Zeit und Energie in die Band, studieren aber parallel alle.
Der Spagat ist nicht immer einfach, vor allem dann nicht, wenn man nach einem Tourwochenende mit langen Nächten und wenig Schlaf in den Hörsaal oder die Bibliothek stolpert. Aber uns ist wichtig, beide Leben so gut wie möglich in Einklang zu bringen.
Wie nutzen die Bandmitglieder aktuell die Zeit?
Julian Marpert: Wir versuchen, die Zeit zu nutzen, schreiben viel neue Musik und arbeiten an Songideen. Man muss sich das so vorstellen, dass wir unsere Wohnungen in kleine Aufnahmestudios umgebaut haben und uns Aufnahmen hin und her schicken, sodass am Ende ein Demotape dabei herumkommt.
Wie sehr werden sie als Musiker/Band derzeit eingeschränkt?
Julian Marpert: Für Musiker, die viel live spielen, ist es essenziell, dass man sich trifft und zusammen Musik macht. Das geht gerade kaum bis gar nicht.
Aber man kann viele kreative Wege beobachten, wie mit den Einschränkungen cool umgegangen wird. Wir versuchen momentan auch so viel wie möglich von zuhause aus im „Homestudio“ zu erledigen. In unseren Proberaum gehen wir gerade nicht. Auch wenn das ein sehr wichtiges Element ist, das uns echt fehlt.
Nils Temme: Wir mussten erstmal echt schlucken, als die ganzen Festivals abgesagt wurden. Wir haben die Veröffentlichung unseres Debütalbums in den Herbst verschoben. Aber wir lieben es so, Musik zu machen, also haben wir einfach nicht damit aufgehört.

Die Band Soeckers bei ihrem Auftritt beim Stadtfest in Ahaus im Mai 2019. © Luis Engels
Wie sehr sind gerade Kunstschaffende von den Corona-Beschränkungen betroffen?
Julian Marpert: Wir halten die Maßnahmen, die gerade getroffen werden, für richtig und wichtig. Gesundheit steht über Unterhaltung, das ist absolut indiskutabel.
Dennoch bedrohen die Maßnahmen viele Existenzen, denn Konzerte sind zu Zeiten von Spotify und Streaming die Haupteinnahmequelle von Musikern. Bei uns sind jetzt über das Jahr rund 40 Festivals und Konzerte gestrichen oder verschoben worden, das reißt ein großes Loch in die Kasse und wir werden jeden Taler dreimal umdrehen müssen, um unsere Kosten zu decken, bis wieder Konzerte mit Publikum möglich sind.
Aber wir wollen auch den Kopf nicht in den Sand stecken und versuchen, guter Stimmung zu bleiben. Das möchten wir auch so weitergeben – daher kam die Idee mit dem Streamingkonzert. Wir haben uns gedacht, wenn niemand zu Konzerten kommen darf, dann kommt das Konzert eben in das Wohnzimmer. Vielleicht können wir die Zeit damit ja ein Stück weit verschönern und den sonst so monotonen Tag aufpäppeln.
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
