
Stefan Benölken (l.) und Jan Tonke am Anfang der Schlossstraße, die seit einigen Monaten als Fahrradstraße beschildert ist. Die beiden Verkehrssicherheitsberater sehen noch kein großes Verkehrsproblem in der Straße. Allerdings dauere es wohl noch eine Zeit, bis sich alle an die neuen Regelungen gewöhnt haben. © Stephan Rape
Anlieger frei: Fahrradstraße ist noch nicht in allen Köpfen angekommen
Schlossstraße
Die „Anlieger-frei“-Schilder in der Schlossstraße werden offenbar im Moment noch oft ignoriert. Das kann schnell teuer werden. Insgesamt macht sich die Polizei Sorgen wegen vieler Fahrradunfälle.
Jan Tonke und Stefan Benölken stehen an diesem Vormittag an der Schlossstraße und blicken auf den Verkehr. Die beiden Verkehrssicherheitsberater der Polizei im Kreis Borken haben vor allem die Autos im Blick. Denn etliche Autofahrer haben sich offenbar noch nicht an die neuen Regeln auf der Schlossstraße gewöhnt.
Seit einigen Monaten ist sie als Fahrradstraße ausgewiesen. Ist Teil des Radverkehrskonzepts der Stadt. Autos sollen dort nur zu Gast sein. Schilder weisen darauf hin: „Anlieger frei“.
Für „Anlieger frei“ gelten enge Grenzen
Ein Zusatz, auf den die beiden Polizisten ausdrücklich hinweisen: Für alle Autofahrer sei die Fahrt an dieser Stelle zu Ende. Es sei denn sie haben ein Anliegen im Bereich der Fahrradstraße und der Ort ist nicht über andere Straßen zu erreichen. Bedeutet im Detail: Anwohner der Schlossstraße, die zwischen der Einmündung Wüllener Straße und dem kleinen Kreisverkehr wohnen, dürfen dort hineinfahren. Kunden des Elektrohandels Expert ebenfalls, so wie Besucher des Kinos.

Seit Juni 2022 ist die Schlossstraße als Fahrradstraße markiert. Sie ist ein Teil des Radverkehrskonzepts nach dem mehrere Fahrradrouten durch Ahaus und die Ortsteile geführt werden. © Stephan Rape
Wer jedoch beispielsweise auf dem Kirmesplatz parken, oder bis zur Wallstraße fahren möchte, darf die Fahrradstraße als Autofahrer nicht mehr nutzen. Auch Bewohner der Straßen Depenbrockskamp, Pastorskamp, Frauenstraße oder Stadtwall dürfen mit dem Auto nicht durch die Schlossstraße fahren: Weil ihre Straßen über einen anderen Weg erreichbar sind – etwa über die Straße Zum Rotering.
Auch an diesem Morgen zählen sie etliche Fahrzeuge, die nur durch die Straße hindurchfahren. Sie kontrollieren die Fahrer an diesem Morgen nicht. Würden sie das tun, könnte es schnell ärgerlich werden: Wer eine Fahrradstraße unberechtigt befährt, muss mit einem Verwarngeld von 15 Euro rechnen – behindert er dabei jemanden, kostet es 20 Euro.
Noch kein Fazit für die neue Verkehrsregelung
Für ein erstes Fazit sei die neue Regelung noch zu frisch. „Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass die meisten Ahauser die Lösung gut finden, so lange sie selbst mit dem Fahrrad unterwegs sind“, sagt Jan Tonke lächelnd. Würden sie das Fahrrad gegen das Auto tauschen, sehe das schon wieder anders aus, fügt er noch hinzu.
Unfälle habe es auf der Straße bisher noch nicht vermehrt gegeben. Auch sei klar, dass durch die Widmung als Fahrradstraße wohl kaum mehr Radfahrer unterwegs seien. „Dafür ist die Strecke zu kurz“, sagt Stefan Benölken. Aber sie schaffe mehr Sicherheit für die Radfahrer, die schon unterwegs sind. Als Baustein im Radverkehrskonzept.
Losgelöst von der Fahrradstraße zieht die Polizei insgesamt eine ernüchternde Bilanz, was aktuell die Sicherheit im Straßenverkehr angeht: Schon jetzt – ein Quartal vor dem Jahresende – wurden genauso viele Menschen in und um Ahaus im Straßenverkehr verletzt, wie im gesamten Vorjahr.
Fünf Kinder, fünf junge Erwachsene, 24 Erwachsene sowie 14 Senioren wurden bislang in diesem Jahr auf den Straßen im Stadtgebiet verletzt. Rund ein Drittel der Unfälle wurde von Radfahrern verursacht. Deswegen hatte die Polizei den Radverkehr jetzt bei einer Kontrollwoche genau im Blick.
Viele Radfahrer in der falschen Richtung unterwegs
Besonderer Schwerpunkt laut Polizei: Zu viele Rad- und Pedelecfahrende sind in der falschen Richtung auf einem Radweg unterwegs: Gleich 124 Rad- und Pedelecfahrende riskierten so binnen einer Woche als „Geisterradler“ einen Unfall. Die Nutzung des Mobiltelefons schlug mit 26 Verstößen zu Buche, gefolgt vom Radfahren in der Fußgängerzone (22 Zuwiderhandlungen). Dazu kommen vier Rotlichtverstöße und drei Fahrten zu zweit auf einem Rad und 41 sonstigen Verstöße das Bild.
Parallel verwarnte die Polizei 22 Autofahrer oder fertigte Strafanzeigen: Neun Verstöße ahndeten die Beamten, aufgrund von Fehlverhalten vom Kraftfahrzeug- gegenüber dem Radverkehr.
Die Polizei hat weitere Fahrradkontrollen angekündigt, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. In einem landesweiten Vergleich liegt der Kreis Borken bei den Unfallzahlen auf einem der vorderen Plätze.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
