Seniorin Gisela M. (Mitte) freut sich über die Lebensmittelspenden aus Ahaus, die Michael Genn mit seinen Töchtern Diana und Franzi Genn übergeben hat.

Seniorin Gisela M. (Mitte) freut sich über die Lebensmittelspenden aus Ahaus, die Michael Genn mit seinen Töchtern Diana und Franzi Genn übergeben hat. Michael Genn ist mit seinem „Obstbulli“ jede Woche an der Ahr unterwegs. © privat

Ahauser stärken Helfer bei der Weinlese an der Ahr mit Schnitzelbrötchen

rnAhrtalhilfe Ahaus

Die Ahrtalhilfe Ahaus zeigt langen Atem. Michael Genn verköstigt in diesen Wochen Helfer, die die Ahr-Winzer bei der Weinlese unterstützen. Ausgerechnet jetzt fehlt ein Lagerraum in Ahaus.

Ahaus

, 22.09.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

„Das kam so plötzlich und hätte uns zu keinem schlechteren Zeitpunkt treffen können“, sagt Michael Genn. Auch 14 Monate nach der Hochwasserkatastrophe an der Ahr beschäftigt den 57-jährigen Ahauser die Hilfe für die von der Flut betroffenen Menschen noch Tag für Tag. Jetzt steht die von ihm gegründete Ahrtalhilfe Ahaus vor einem logistischen Problem. Sie verliert zum 1. Oktober ihren Lagerraum an der Industriestraße in Ahaus.

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Schon am Tag 2 der Flutkatastrophe hatte sich Michael Genn ins Auto gesetzt und war die gut 200 Kilometer ins Ahrtal gefahren, um zu helfen. Die Nachrichten und die Bilder im Fernsehen hatten ihn in Alarmstimmung versetzt, so wie viele andere Menschen. Ihn vielleicht noch ein bisschen mehr, denn Michael Genn ist in Sinzig an der Ahr aufgewachsen. „In der Pestalozzistraße. Das ist die Straße, in der 12 Jugendliche eines Wohnheims ertrunken sind.“

Michael Genn kann Schreckensbilder aus dem Ahrtal nicht vergessen

Die Bilder, die er im verwüsteten Ahrtal sah, die Gerüche, die Zerstörung und die Not der Menschen – all das lässt Michael Genn nicht mehr los. Die spontane Hilfe mündete in ein dauerhaftes Hilfsprojekt. Michael Genn gründete die Ahrtalhilfe Ahaus, deren Kern aus drei, vier ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern besteht. Seither vergehe kein Tag, an dem er nicht koordiniere, packe, Spenden sammle oder auf dem Weg ins Ahrtal sei, sagt der Ahauser, der hauptberuflich im Fahrdienst des St. Antoniusheims in Vreden arbeitet.

Michael Genn sagt auch: „Ich bin im Ahrtal sehr gut vernetzt, mit dem Bürgermeister von Sinzig war ich in einer Klasse.“ Aber nicht nur in Sinzig, sondern in vielen Städten und Gemeinden entlang der Ahr erfährt Michael Genn, wo der Schuh drückt. Zum Beispiel wenn Schulbänke fehlen.

Schulmöbel aus Ahaus werden nächste Woche ins Ahrtal gebracht

„Am nächsten Dienstag statten wir eine ganze Grundschulklasse in Bad Bodendorf mit Stühlen und Tischen aus“, sagt Michael Genn. Die gebrauchten Schulmöbel hat die Stadt Ahaus bereitgestellt. „Ich bin der Bürgermeisterin Karola Voß sehr dankbar, auch dafür, dass der Bauhof uns beim Transport unterstützt.“

Michael Genn selbst fährt mit seinem Bulli jeden Samstag an die Ahr, wo der weiße Transporter längst als „Obstbulli“ bekannt ist. Michael Genn und ein Helfer bringen Butter, Eier, Trinkwasser, Obst und Gemüse zu alten Menschen oder Hilfsbedürftigen, die nicht selber einkaufen können. Genn: „Unsere älteste Seniorin ist 85 Jahre alt.“

Die Zwillinge Diana und Franzi Genn haben ihren Vater auf einer der jüngsten "Obstbulli-Touren" unterstützt.

Die Zwillinge Diana und Franzi Genn haben ihren Vater auf einer der jüngsten „Obstbulli-Touren“ unterstützt. © privat

Und jetzt, da die Weinlese an der Ahr begonnen hat, übernimmt die Ahauser Ahrtalhilfe noch eine ganz neue Aufgabe: Bei der Weinlese gibt es viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die die Weintrauben pflücken. Die Winzer haben aber oft nicht die Möglichkeit, die Helfer zu versorgen, weil die Flutschäden noch groß sind. Jetzt kümmern sich Ahauser Ahrtalhelfer um die Versorgung.

„Letzte Woche haben wir Freiwillige, die bei der Weinlese helfen, mit Schnitzel- und Frikadellenbrötchen aus dem Münsterland versorgt“, sagt Michael Genn. Er freut sich über das Entgegenkommen von Lebensmittelmärkten und Gastronomen. Die Ahrtalhilfe Ahaus ist ansonsten komplett auf Spenden angewiesen.

Den freiwilligen Weinlese-Helfern hat die Ahauser Ahrtalhilfe deftige Schnitzel- und Frikadellenbrötchen gebracht.

Den freiwilligen Weinlese-Helfern hat die Ahauser Ahrtalhilfe deftige Schnitzel- und Frikadellenbrötchen gebracht. © privat

Für die Kühlkisten, für Lebensmittelspenden, Rollwagen und andere Hilfsmittel konnte die Ahrtalhilfe bislang einen Lagerraum an der Industriestraße nutzen. Doch das Unternehmen, das die Halle unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte, hat zum 1. Oktober Eigenbedarf angemeldet.

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Michael Genn sagt: „Unsere Arbeit kann nur dann fortbestehen, wenn wir eine neue Bleibe für die Spenden finden. Eine größere Garage mit Stromanschluss würde schon reichen. Wir könnten auch eine kleine Miete zahlen.“ Wer helfen möchte, erreicht Michael Genn unter Tel. (0177) 1443013.