Mathias Engels von der gleichnamigen Goldschmiede in der Ahauser Innenstadt hält Testen statt Schließen für eine sinnvollere Lösung für den Einzelhandel.

© Anne Schiebener

Ahauser Einzelhändler müssen wieder schließen? „Halte ich nicht für klug“

rnNeue Corona-Regeln

Die Bürger in NRW müssen sich vom Termin-Shoppen wieder verabschieden. Über die erneute Schließung sind die Ahauser Einzelhändler nicht erfreut. Es müsse „pragmatischere Lösungen“ geben.

Ahaus

, 23.03.2021, 18:00 Uhr

Am Dienstagvormittag, 23. März, liest sich Goldschmied Mathias Engels durch die neuen Corona-Beschlüsse, auf die sich Bund und Länder am Tag zuvor geeinigt haben. Ein Punkt auf der Liste der neuen Corona-Regeln: Die Notbremse greift, sobald die 7-Tage-Inzidenz in Nordrhein-Westfalen drei Tage hintereinander über 100 liegt.

Am Dienstag liegt sie bei 109,2. Das heißt konkret, dass demnächst die Öffnungen wieder zurückgeführt werden könnten. Und die Einzelhandelsgeschäfte erneut schließen und nur noch zur Abholung von Bestellungen die Tür für die Kunden aufmachen dürfen.

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Ahauser Einzelhändler: Testen statt Schließen sei sinnvollere Lösung

„Ich halte das nicht für klug“, sagt Mathias Engels. „Es sollte eine pragmatischere Lösung geben als das scharfe Schwert der Schließung.“ Die Goldschmiede in der Ahauser Innenstadt ist auf den Schmuck-Verkauf und das Handwerk, also Reparaturen oder Anfertigung, spezialisiert. Letzteres dürfte Engels auch im härteren Lockdown anbieten und das hat er in der Vergangenheit auch. „Aber das bringt nichts, wenn keiner in der Innenstadt ist.“

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Eine „pragmatischere Lösung“ wäre für den Goldschmied eine bessere Teststrategie. Er selbst hat am Vormittag alle seine Mitarbeiter zum kostenlosen Test-Schalter bei Tobit in Ahaus geschickt. „Jeder kann sich testen lassen und so ein Schnelltest ist relativ schnell durch“, sagt Mathias Engels. Eine Öffnung der Geschäfte mit negativem Testergebnis, wie es Modell-Versuche beispielsweise in Tübingen zurzeit machen, halte er für deutlich sinnvoller als die erneute Schließung.

Gartencenter Hilgert: „Die Ungewissheit ist das Schlimmste“

Das Gartencenter Hilgert in Ahaus wurde von der Verschärfung der Corona-Regeln, die bereits ab Mitternacht gelten, überrumpelt. „Wir mussten von gestern auf heute schnell reagieren“, erzählt Inhaber Klaus Ikemann. Denn nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster, das eine Gleichstellung aller Einzelhandelsgeschäfte beschlossen hat, hat das Land NRW schnell reagiert.

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Die neue Schutzverordnung sieht demnach vor, dass Gartencenter, Buchhandlungen und Schreibwarengeschäfte gleich behandelt werden sollen wie Bekleidungsgeschäfte oder Elektromärkte. Und das bedeutet konkret, dass auch für diese Branchen eine Terminpflicht und Kontaktverfolgung Voraussetzung ist, um öffnen zu dürfen.

Klaus Ikemann, Geschäftsführer des Gartencenters Hilgert, sagt mit Blick auf das Wirr-Warr rund um die neuen Corona-Regeln: "Die Ungewissheit ist das Schlimmste."

Klaus Ikemann, Geschäftsführer des Gartencenters Hilgert, sagt mit Blick auf das Wirrwarr rund um die neuen Corona-Regeln: „Die Ungewissheit ist das Schlimmste.“ © (A) Stephan Rape

Am Montagabend hat das Gartencenter Hilgert den Eingangsbereich umgebaut und mehr Personal organisiert, das sich um Terminvergabe und Kontaktlisten kümmert. „Viel schlimmer finde ich, dass wir gar nicht wissen, wie es ab Montag bei uns weitergeht“, gibt Klaus Ikemann zu bedenken. „Wenn wir zurück zu den alten Regeln müssen, dürfen wir nur Schnittblumen und verderbliche Pflanzen verkaufen. Dann sind wir wieder da, wo wir vor einem Jahr auch schon waren. Die Ungewissheit ist das Schlimmste.“ Seine Hoffnung: „Das Impfen muss richtig in die Pötte kommen, dann gibt es ab Sommer vielleicht endlich wieder mehr Normalität.“

Manche Waren mit, manche Waren ohne Terminpflicht

Auch das Schreibwarengeschäft Schaten in Ahaus ist dem Einzelhandels-Wirrwarr „hilflos ausgeliefert“, wie es der Inhaber Frank Schaten beschreibt. In seinem Laden gibt es die Besonderheit: Ein Drittel des Geschäfts bedient Artikel und Warengruppen des täglichen Bedarfs, beispielsweise der Lottoschein-Verkauf und die Poststelle. „Diese Bereiche dürfen wir immer bedienen, auch wenn alles zu ist“, erklärt Frank Schaten. „Aber wer Lotto spielt, darf keinen Collegeblock ohne Termin kaufen. Völlig verrückt“

Als Zeitschriftenhändler und Poststelle dürfen Frank und Michaela Schaten ihr Geschäft auch im harten Lockdown weiterführen - aber nur bestimmte Waren verkaufen.

Als Zeitschriftenhändler und Poststelle dürfen Frank und Michaela Schaten ihr Geschäft auch im harten Lockdown weiterführen - aber nur bestimmte Waren verkaufen. © (A) Michael Schley

Das verwirre vor allem seine Kundschaft. „Wir werden es so machen, wie die Vorgaben des Landes lauten“, sagt der Inhaber. „Ob der Kunde das versteht, weiß ich nicht.“

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