Ahauser Ärzte stellen um auf Moderna: Meinungen und Einschätzungen

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Ahauser Ärzte stellen um auf Moderna: Meinungen und Einschätzungen

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Der Bundesgesundheitsminister hatte angekündigt, die Biontech-Lieferungen an niedergelassene Ärzte zu reduzieren, stattdessen ist bald Moderna (Impf-)Mittel der Wahl. Was sagen Ahauser Mediziner?

Ahaus

, 23.11.2021, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, die Biontech-Bestellmengen für niedergelassene Ärzte auf 30 Dosen pro Woche – entspricht fünf Vials – zugunsten des gleichwertigen, aber noch reichlich lagernden und vom Verfall bedrohten Moderna-Impfstoffes zu beschränken, hat bei Ärzten aller Fachrichtungen Empörung ausgelöst. (Anmerkung: Die Menge wurde inzwischen auf 48 Dosen erhöht.)

„Es reicht! Die erneute Kontingentierung für Hausarztpraxen mit fünf Vials Biontech in der Woche ist eine Provokation“, hatte unter anderem der Hausärzte-Verband Westfalen-Lippe am Montag in einer Pressemitteilung kritisiert. Seit Beginn der Pandemie arbeite jede Praxis an der Kapazitätsgrenze, nun befürchte man wieder verunsicherte Patienten und ein organisatorisches Chaos. Die Praxen hätten Impftermine bis weit in den Januar hinein koordiniert, basierend auf der vorher zugesagten unbegrenzten Liefermenge von Biontech.

Hohe Arbeitslast für die Praxen, Verwirrung durch die Politik

Über eine oft unnötig hohe Arbeitslast, an der auch die Politik nicht ganz unschuldig sei, hatte auch schon Internist Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus aus der Praxis im Kreishaus gegenüber unserer Zeitung geklagt. Rund 1000 Telefonanrufe pro Tag seien keine Seltenheit, oft mit immer den gleichen Fragen nach einer früheren Booster-Impfung vor Ablauf der aktuell empfohlenen Fristen. „Das hat dann wieder irgendein Politiker in einer Talkshow herausposaunt und hier laufen die Drähte heiß“, berichtete Yilmaz am Montag.

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Eine mangelnde Aufklärung seitens der Politik kritisiert auch Kollege Dr. Paul Lévi. „Die Unterschiede zwischen den Impfstoffen wurden nicht gut kommuniziert“, findet der Internist in hausärztlicher Versorgung. In seiner Praxis halte er sich strikt an die sechs Monate, sofern nicht eine andere Indikation bestünde, etwa bei einer Erstdosis Johnson & Johnson, wo der Booster schon nach vier Wochen gespritzt werden darf.

Karin Gottheil und Tanja Gröting unterstützen Dr. Paul Levi. In der Praxis stößt das Team beim Impfen an Kapazitätsgrenzen, der Mediziner impft auch mobil.

Karin Gottheil und Tanja Gröting unterstützen Dr. Paul Lévi. In der Praxis stößt das Team beim Impfen an Kapazitätsgrenzen, der Mediziner impft auch mobil. © Kristina Wiegel

Auch stoße er beim Impfen in seiner Praxis an Kapazitätsgrenzen, weshalb er als starker Impfbefürworter auch als mobiler Impfarzt unterwegs sei. Mithilfe der Chayns-App könnten Patienten hier Termine buchen, allerdings in externen Räumlichkeiten, die durch die App-Betreiber organisiert würden.

Logistischer Mehraufwand bei Moderna

Gerade für solch groß angelegte Impfaktionen sei der Moderna-Impfstoff geeignet, sagt Lévi, denn hier können bis zu 20 Dosen pro Flasche gespritzt werden, bei Biontech sind es nur sechs. Warum breit aufgestellte mobile Impfteams mit entsprechenden räumlichen wie personellen Möglichkeiten aber nach wie vor weitaus mehr Biontech-Dosen bekämen als er als Hausarzt, verstehe er in diesem Zusammenhang nicht. Diesen Umstand hatte auch der Hausärzte-Verband Westfalen-Lippe schon kritisiert.

Der logistische Aufwand sei schon deutlich höher bei Moderna, bestätigt auch Ansgar Wolf, Hausarzt in Wüllen. Da müsse man mit dem hoch empfindlichen, schnell zu verabreichenden Vakzin noch genauer planen, zumal Moderna erst für Patienten ab 30 eingesetzt werden soll. Aber: „Es gibt keinen Qualitätsunterschied zwischen den beiden mRNA-Impfstoffen“, stellt er klar. Im Gegenteil: In Studien habe sich gezeigt, dass es bei Moderna deutlich weniger Impfdurchbrüche gebe als bei dem anderen mRNA-Impfstoff.

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Der Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts vom 18. November bestätigt dies: Von allen Menschen, denen bei der zweiten Impfung Biontech gespritzt wurde, infizierten sich danach 0,35 Prozent mit dem Corona-Virus, bei der Zweitdosis mit Moderna waren es nur 0,24 Prozent.

Dennoch seien die Menschen zu Recht verunsichert, findet Wolf. Es hätte schon Nachfragen gegeben, telefonisch wie auch per E-Mail – vor allem von Menschen, die lieber nach wie vor mit Biontech geimpft werden würden, auch beim Boostern. Auch wenn die ursprünglich angekündigten 30 Dosen nun doch noch auf 48 erhöht wurden, könne er diesem Wunsch nicht nachkommen. Schließlich habe er auch Patienten unter 30 Jahren zu versorgen, die laut aktueller Empfehlung nicht mit Moderna geimpft werden sollen. „Die bekommen nach wie vor Biontech“, versichert der Mediziner.

Die meisten Patienten zeigten Verständnis. „Sie sind dankbar, dass sie ihre dritte Impfung bekommen“, so Wolf, der auch nach wie vor Erst- und Zweitimpfungen anbietet, wenn auch deutlich weniger.

Insgesamt will er bis Jahresende noch mehr als 900 Menschen einen Impftermin anbieten und widerlegt damit den immer wieder zu hörenden Vorwurf „nicht schnell genug zu sein“.

„Wir geben alle unser Bestes“, bricht auch Kollege Lévi eine Lanze für alle impfwilligen Ärzte und die vielen helfenden Hände in den Praxisteams. Einen ausdrücklichen Dank an alle Mitarbeiterinnen in den Arztpraxen ergänzt auch Ansgar Wolf.

Er stellt sich derweil auf die Umstellung zu Moderna ein und informiert auch seine Patienten entsprechend. „Von telefonischen Nachfragen oder Diskussionen in der Praxis bitten wir Abstand zu nehmen, um einen möglichst reibungslosen Ablauf gewährleisten zu können“, schreibt er auf seiner Website. So müssten auch keine Termine ausfallen. „Wer unbedingt noch einmal Biontech möchte, muss warten“, betont er – eventuell bis März.