Ein 30-jähriger Ahauser hat gestanden, von einem einschlägig bekannten Dealer über zwei Jahre Drogen erworben zu haben. Aber nicht in der Häufigkeit, wie in der Anklageschrift beschrieben. Das schützte ihn vor einer Bewährungsstrafe nicht.

Ein 30-jähriger Ahauser hat gestanden, von einem einschlägig bekannten Dealer über zwei Jahre Drogen erworben zu haben (Symbolfoto). Aber nicht in der Häufigkeit, wie in der Anklageschrift beschrieben. Das schützte ihn vor einer Bewährungsstrafe nicht. © Montage: Nina Dittgen

Ahauser (30) will von Drogen loskommen: „Das hat mich genug Geld gekostet“

rnSchöffengericht

Nur 15 statt vorgeworfener 78 Mal soll ein 30-Jähriger Marihuana von einem Ahauser erworben haben. Eine Geldstrafe reichte dem Gericht aber nicht. Dafür gebe es Gründe, so der Richter.

Ahaus

, 03.08.2022, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

In 78 Fällen soll ein Ahauser unerlaubt Betäubungsmittel von einem hinlänglich bekannten Dealer erworben haben, nachzuweisen waren schließlich 15 Fälle. Die aus den 63 eingestellten Fällen zu erwartende Strafe würde nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, meinte der Richter. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft ging mit. Heraus kam dennoch eine Bewährungsstrafe. „Ich hoffe, die Bewährung wird bei ihnen so viel Eindruck machen, dass Sie ihren guten Weg fortsetzen“, erklärte der Richter. Mit Blick auf das Vorstrafenregister hätte die Geldstrafen diese Wirkung bisher verfehlt.

Über drei Jahre soll der 30-Jährige von einem Ahauser Drogen bezogen haben – bis zu dessen Festnahme im Februar 2022. Darunter zunächst 68 Mal je 50 Gramm, später zehn Mal je 25 Gramm. In regelmäßigen Abständen. Dass im Kern an den Vorwürfen etwas dran sei, dass führte der Verteidiger in seiner Einlassung sofort an: „Wir wollen transparent und offen vorgehen.“

Bestritten wurde allerdings die vorgeworfene Häufigkeit der Kontakte. „Ich kenne ihn erst seit Ende Dezember 2019“, meinte der Ahauser. Es habe auch mal Monate gar keinen Kontakt gegeben – so in der zweiten Jahreshälfte 2021. Auch 2020 habe es eine fünfmonatige Unterbrechung gegeben.

Depressive Phasen kommen immer wieder zutage

Warum er nach der Pause denn überhaupt wieder angefangen sei, fragte der Richter. „Das liegt an der dunklen Jahreszeit, im Sommer fällt es mir leichter, von den Drogen loszukommen“, sagte der Angeklagte. Zum Hintergrund: In der Zeit nach der Schule und bis 2015 habe er sich mehrfach in psychologischer Betreuung befunden.

Zu Beginn habe er auch drei, vier Mal 50 Gramm Marihuana abgenommen – für „400 Euro um den Dreh“. Später habe er auch zweimal 25 Gramm erworben, sonst oftmals kleinere Mengen. „Als Bonus gab es sechs Gramm für 50 und zwölf Gramm für 100 Euro“, erinnerte er sich. „Insgesamt hat es 15 bis 20 Kontakte gegeben“, gab er zu. Aktuell sei er von den Drogen los: „Ich werde es schaffen, das hat mich genug Geld gekostet.“

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Der Richter verlas einen Auszug des Facebook-Chatverlaufs zwischen den beiden Ahausern. „Daraus geht hervor, dass es am Ende mindestens drei Kontakte gegeben hat, bei dem Sie 25 Gramm gekauft haben“, so der Richter. Mit Blick auf besagte 15 Fälle sagte er: „Da will ich auch über fünf Fälle mehr oder weniger nicht streiten.“

Vorstrafe auch wegen Drogendelikten einschlägig

Aus dem Registerauszug wurde deutlich, dass sich unter den neun Eintragungen auch einige aufgrund von Drogendelikten befinden. Deshalb hakte der Richter nach: „Wären Sie mit einer Drogentherapie als mögliche Bewährungsauflage einverstanden? Das macht natürlich nur Sinn, wenn Sie motiviert sind.“ „Jo“, so lautete die knappe Antwort des Ahausers. „Manche Menschen sind auch therapiemüde“, ergänzte sein Verteidiger. „Nichts gebracht“ hätten ihm die Therapien zu seinen psychischen Problemen, meinte dazu der Angeklagte.

In ihrem Plädoyer verzichtete die Vertreterin der Staatsanwaltschaft dann auch auf die Auflage einer ambulanten Drogentherapie: „Dafür fehlt mir die Bereitschaft.“ Stattdessen forderte sie neben einer Geldbuße von 2000 Euro entsprechende Abstinenznachweise. Neun Monate eben auf Bewährung seien angemessen, „eine Geldstrafe reicht hier nicht mehr“.

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Davon zeigte sich der Verteidiger nicht überzeugt. „Der Sachverhalt ist unstrittig. Aber: 15 Fälle über einen Zeitraum von zwei Jahren sprechen für eine Geldstrafe“, so der Verteidiger. 120 Tagessätze zu je 50 Euro seien „in der Sache ausreichend“. „Mein Mandant ist 30 Jahre alt, bekommt sein Leben auf die Reihe.“ Er konsumiere nicht mehr, habe dies getan, um abends „runterzukommen“: „Er hat ja nicht ne Kiste Bier getrunken und ist Auto gefahren“, merkte er an. Außerdem verwies er auf die Legalisierungsbestreben der Politik bei Marihuana.

„Ihr Weg sieht heute viel besser aus als noch vor Jahren“

Das sah der Richter auch – „heute ist es aber noch strafbar“. Er folgte bei Strafmaß und Argumentation der Staatsanwaltschaft: neun Monate auf Bewährung. Dass es sich um mehr als die zugegeben 15 Fälle gehandelt habe, davon sei auszugehen: „Ich halte es für sehr konservativ geschätzt.“ Insgesamt habe er keine Zweifel an der Richtigkeit des Geständnisses, „das passt auch zu den Einlassungen des Zeugen“. Dieser – der Dealer – wollte sich während der Verhandlung vor dem Schöffengericht nicht weiter einlassen.

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Der Richter betonte, dass es sich gerade bei den Fällen mit 50 Gramm wohl nicht um nicht-geringe Mengen gehandelt habe, auch 25 Gramm seien erheblich. „Da ist dann eine Geldstrafe auch nicht mehr angemessen.“ Neben einer Geldbuße von 1800 Euro beließ es das Gericht auch bei sechs Drogenscreenings im ersten Jahr der dreijährigen Bewährungszeit.

„Ihr Weg sieht heute viel besser aus als noch vor Jahren“, fand der Richtung anerkennende Worte. Er müsse aber auch überzeugt werden, dass der Wille zur Abstinenz weiter vorhanden ist: „Wenn Sie es alleine doch nicht schaffen, sprechen Sie mit ihrem Bewährungshelfer darüber. Es lassen sich immer Lösungen finden.“