Vor dem Amtsgericht in Ahaus gab es zwei grundsätzlich unterschiedliche Versionen über den Angriff im vergangenen Oktober. Der Richter glaubte am Ende dem 40-jährigen Zeugen und verurteilte den zigfach vorbestraften Angeklagten zu einer Geldstrafe.

© Markus Gehring

44-Jähriger tritt Ex-Freund der Lebensgefährtin in Wüllen vom Fahrrad

rnAmtsgericht

Mit mehreren Tritten hat ein 44-Jähriger einen anderen Mann vom Fahrrad geholt. Auch wenn er vor Gericht eine ganz andere Geschichte erzählte.

Ahaus

, 27.04.2022, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Aus voller Fahrt hat ein heute 44-jähriger Mann aus Ahaus im vergangenen Oktober einen 40-jährigen Ahauser vom Fahrrad getreten. Danach trat er weiter zu: zweimal ins Gesicht, mehrfach gegen den Oberkörper. Das sah zumindest der Richter nach der Verhandlung vor dem Ahauser Amtsgericht am Dienstagmorgen so. Dabei hatten Angeklagter und Opfer den Vorfall an der Stadtlohner Straße vor Gericht grundsätzlich unterschiedlich geschildert.

Angeklagter will sich nur verteidigt haben

Der Angeklagte sprach davon, dass er sich nur verteidigt habe, weil der 40-Jährige aus voller Fahrt mit dem Fahrrad auf ihn zugeschossen sei und dabei mit einem Elektroschocker gedroht habe. „Ich habe nur den blitzenden Schocker gesehen“, erklärte der 44-Jährige. Auf keinen Fall habe er den anderen Mann vom Fahrrad getreten. „Ich habe mich nur gewehrt“, machte er deutlich. An Einzelheiten könne er sich nicht mehr erinnern. „Das ging alles so schnell“, fügte er noch hinzu.

Mit dem Ex-Freund seiner damaligen Lebensgefährtin habe es jedoch zuvor schon Stress gegeben. Der Mann habe ihm nachgestellt. Auch habe es an dem Abend zuvor schon einmal Streit gegeben.

Opfer schildert Auseinandersetzung grundsätzlich anders

Völlig entgegengesetzt die Darstellung des Opfers: „Ich war mit dem Fahrrad auf der Stadtlohner Straße Richtung Ahaus unterwegs“, erklärte der 40-Jährige. Unvermittelt habe ihm der Angeklagte gegen das Rad getreten, so dass er gestürzt und mit dem Bein unter dem Rad eingeklemmt worden sei. Die Gelegenheit habe der Mann genutzt, um ihn mehrfach zu treten. Er habe mehrere Prelllungen erlitten, die auch ein Arzt bestätigt habe.

Erst die damalige Lebensgefährtin des Angeklagten habe den Mann von ihm weggezogen. Die Frau, eine 37-jährige Ahauserin, steht irgendwo zwischen den beiden Positionen: Der 40-Jährige ist ihr Ex-Freund. Mit dem 44-Jährigen war sie zum Zeitpunkt der Tat liiert. Auch diese Beziehung ist allerdings inzwischen in die Brüche gegangen.

Ehemalige Lebensgefährtin trägt kaum zur Aufklärung bei

Sie sei damals dazugekommen, als die beiden Männer miteinander „gerangelt“ hätten. Tritte habe sie nicht gesehen. Auch wer den Streit angefangen habe, wusste sie angeblich nicht. Auch habe sie nicht gesehen, ob einer der beiden Männer einen Elektroschocker in der Hand gehalten habe.

Obwohl die Beziehung beendet ist, lebt die 37-Jährige noch mit dem Angeklagten zusammen. Das machte den Richter misstrauisch. „Wurden Sie von ihm beeinflusst, was Sie hier sagen sollen“, fragte der Richter sie. Davon wollte die nichts wissen. Im Gegenteil: Mit dem Angeklagten habe sie praktisch überhaupt nicht über den Vorfall gesprochen. Weder im vergangenen Oktober noch aktuell. „Ich glaube Ihnen das nicht. Das ist doch eine Wischi-Waschi-Aussage“, hielt der Richter ihr vor. Doch die Frau blieb bei ihrer Aussage.

Geldstrafe – auch wegen eines langen Vorstrafenregisters

Auch der Richter beließ es dabei. Stattdessen verlas er den Auszug aus dem Strafregister des Angeklagten: Diebstahl, Körperverletzung, gefährliche Köperverletzung, vorsätzliche Körperverletzung, verschiedene Straftaten im Zusammenhang mit Drogen, Betrug... Auf insgesamt 21 Eintragungen hat es der Ahauser bisher gebracht. Auch wenn die meisten Strafen eine Zeit zurückliegen.

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Das hielt der Richter dem Mann dann auch zugute. „Sie sind ruhiger geworden, aber einschlägig und mehrfach vorbestraft“, sagte er. Das sei doch kein Argument, hielt der Angeklagte dagegen. Er blieb dabei: Er habe sich nur verteidigt. Die Geldstrafe – er muss 90 Tagessätze zu je 10 Euro bezahlen – will er nicht akzeptieren, sondern Rechtsmittel einlegen.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte drei Monate Haft auf Bewährung gefordert.