Wenn in der Werner Politik von „bezahlbarem Wohnraum“ die Rede ist, dann geht es dabei in der Regel um öffentlich geförderte Wohneinheiten. Also Wohnungen mit vergleichsweise geringer Miete. Schon 2018 fasste man in der Lippestadt den Beschluss, bis 2030 insgesamt 240 neue öffentlich geförderte Wohnungen zu schaffen.
Das kann die Stadt angesichts der Haushaltslage allerdings nicht auf eigene Faust. Sie ist auf Investoren angewiesen. Und dabei gelten strikte Vorgaben: So müssen besagte Investoren bei Neubauprojekten ab zehn Wohneinheiten in Werne mindestens 30 Prozent Sozialwohnungen anbieten. Ansonsten gibt es kein grünes Licht für das Bauvorhaben.
Die Mietobergrenze beträgt dann je nach Einkommensgruppe 5,90 Euro beziehungsweise 6,60 Euro pro Quadratmeter. Im Gegenzug erhalten Investoren finanzielle Zuschüsse vom Land, wenn sie Wohnungen „dauerhaft“ zu bezahlbaren Konditionen zur Verfügung stellen.
30-Prozent-Quote bleibt weiterhin das Ziel
„Wir haben die 30-Prozent-Quote bei den größeren Projekten bislang auch umgesetzt. Allerdings ist es nicht immer einfach, für so etwas Investoren zu finden“, merkte Wernes Planungsdezernent Ralf Bülte in einer der jüngsten Ausschusssitzungen an. Der freifinanzierte Wohnungsbau müsse den öffentlich geförderten mittragen - sonst rechne sich das Modell nicht. Heißt im Klartext: Nur wenn Investoren mit den restlichen 70 Prozent der Wohnungen ordentlich Geld einnehmen, wird die Sache überhaupt lukrativ. Das führt häufig zu hohen Quadratmeterpreisen bei der Miete oder beim Kauf neuer Wohnungen.

Die Nachfrage beziehungsweise der Bedarf an Sozialwohnungen ist laut Bülte groß. Ganz im Gegensatz zum Angebot. Und da bahnen sich harte Zeiten an. Der Grund: Viele der aktuell bestehenden Sozialwohnungen laufen in den kommenden Jahren aus der Mietpreisbindung aus. Eigentümer können dann deutlich die Kosten erhöhen, um mehr Einnahmen zu generieren.
Im vergangenen Jahr gab es in Werne laut Angaben der Stadt 612 öffentlich geförderte Wohnungen. Im Jahr 2031 werden laut Prognose nur noch 338 davon übrig bleiben. In den restlichen Fällen läuft die Mietpreisbindung aus. Die insgesamt 240 neuen Sozialwohnungen, die in Werne bis dahin theoretisch geschaffen werden sollen, sind noch nicht in der Statistik berücksichtigt - allerdings muss man kein Mathe-Genie sein, um festzustellen, dass die Rechnung nicht ganz aufgeht.
Einen Beleg für die steigende Nachfrage liefert ein Blick auf die erteilten Wohnberechtigungsscheine. Für das Jahr 2022 steht in der Tabelle für die Lippestadt die Zahl 158. Im Jahr 2021 waren es noch 100. Im Jahr 2019 sogar nur 70.

Das ist freilich kein Phänomen, das auf Werne beschränkt ist. Die Zahlen für den gesamten Kreis Unna gehen in die gleiche Richtung. Immer mehr Menschen erhalten einen Wohnberechtigungsschein, während die Zahl der Sozialwohnungen sinkt. In den nächsten zehn Jahren läuft die Mietpreisbindung für gut die Hälfte aller öffentlich geförderten Wohnungen im Kreisgebiet aus.
Und was lässt sich dagegen tun? Nun, das Land NRW versucht unter anderem durch noch höhere Finanzspritzen etwas an der Situation zu ändern. Allein dem Kreis Unna wurde für das Förderjahr 2023 insgesamt ein Budget in Höhe von 16,2 Millionen Euro zugewiesen - ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr (12,1 Millionen Euro).
Der Hauptschwerpunkt des neuen Förderprogramms ist laut Angaben des Kreises die Neuschaffung und Modernisierung von bezahlbarem Mietwohnraum. „Wer öffentlich geförderte Mietwohnungen im Kreis Unna schafft oder bestehende Mietwohnungen modernisiert, kann auf Antrag ein zinsgünstiges Darlehen mit attraktiven Tilgungsnachlässen der NRW Bank erhalten. Mit der Förderung gehen Mietpreis- und Belegungsbindungen von bis zu 30 Jahren einher, so dass die Wohnungen dauerhaft für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen bezahlbar bleiben“, heißt es vom Kreis.
Die Landesregierung geht allerdings auch spezifischere Wege. So hat das Land beispielsweise erst kürzlich Belegungsrechte für fast 500 Wohnungen des Wohnungsunternehmens „VBW Bauen und Wohnen“ in Bochum angekauft. Die sollen nun dauerhaft günstig vermietet werden. Im Idealfall soll das Modell künftig auf andere Kommunen ausgeweitet werden. 67 Städte und Gemeinden habe man bereits dafür im Blick, teilte das Ministerium im April mit.
Stadt sieht sich auf dem richtigen Kurs
Die Wahrscheinlichkeit, dass zu diesen Städten auch Werne zählt, erscheint aber eher gering. Denn andernorts ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum noch deutlich größer. Um beim Beispiel Bochum zu bleiben: Dort sind aktuell zwar noch rund 12.000 Wohnungen in öffentlicher Bindung - das allerdings bei einer Gesamtbevölkerungszahl von 365.000.
Auf Seiten der Werner Stadtverwaltung bleibt man dennoch vorsichtig optimistisch. Man sei bislang ganz gut auf Kurs, erklärte Planungsdezernent Bülte sinngemäß. Klar sei aber auch, dass die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum perspektivisch nicht sinken wird. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Wohnungen hingegen schon. „Und deswegen müssen wir da auch weiterhin gegensteuern“, so Bülte.
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