
© Helga Felgenträger (Archiv)
Wohnen im Denkmal: Das müssen Interessenten wissen
Denkmalschutz
Manche winken dankend ab - andere können sich nichts Schöneres vorstellen: Wohnen in einem denkmalgeschützten Gebäude. Aber dabei gibt es einiges zu beachten, erklärt eine Expertin.
Es gibt Gebäude, die einem beim Spaziergang durch die Stadt besonders auffallen, die irgendwie herausstechen und sich deutlich von den anderen unterscheiden. Zum Beispiel, weil sie besonders imposant und modern sind – oder weil sie wie ein kleines Schmuckstück mit historisch anmutenden Elementen erscheinen. Und in letzterem Fall gestaltet sich die logische Schlussfolgerung des Betrachters dann oft so: Sieht alt aus, sieht hübsch aus – steht bestimmt unter Denkmalschutz. Also: Finger weg!
Tatsächlich sieht die Realität bisweilen anders aus. Denn entscheidend für den Denkmalstatus ist weder das Alter noch die Ästhetik. Das Denkmalschutzgesetz für das Land NRW definiert Denkmäler zunächst einmal – wenig romantisch – als „Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht.“

Leiterin Untere Denkmalbehörde
Ein öffentliches Interesse bestehe, sofern besagte Sachen „bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen“.
Vom Fachwerkhaus bis zum Wegekreuz, von den Resten der historischen Stadtbefestigung bis hin zu Gartenanlagen und ganzen Straßenzügen – das alles kann folglich Denkmalstatus genießen. Auf der Denkmalliste der Stadt Werne stehen aktuell 117 Baudenkmäler. Fast die Hälfte davon sind Wohnhäuser beziehungsweise Wohn- und Geschäftshäuser. Und spätestens wenn jemand an diesen Objekten oder in ihrer unmittelbaren Nähe Veränderungen vornehmen möchte, ruft das Petra Göbel auf den Plan.
Göbel ist Leiterin der Abteilung für Bauordnung und Denkmalpflege bei der Stadt Werne. Sie sagt: „Der Blick der Menschen hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Sie haben heute ein anderes Bewusstsein für Denkmäler. Und Denkmalschutz wird nicht als etwas Negatives empfunden.“
Dass das einmal anders war, ließe sich beispielsweise daran erkennen, dass nach dem Krieg deutlich mehr alte Häuser abgerissen als während des Kriegs zerstört wurden. Vor allem in den 1980er und 1990er Jahren sei der Abrissbagger häufig angerollt. „Heute bedauern viele Bürger, dass es diese Häuser nicht mehr gibt.“
Früher wurde die Denkmalbehörde „Baupolizei“ geschimpft
Früher, sagt Göbel, da habe man die Mitarbeiter der Unteren Denkmalbehörde als „Baupolizei“ bezeichnet. Aber es gehe ihr eigentlich nicht darum, mahnend den Finger zu heben. Viel lieber wolle sie mit den Eigentümern denkmalgeschützter Gebäude ins Gespräch kommen. Insbesondere, wenn es einen Eigentümerwechsel gibt. „Mir ist immer daran gelegen, die Personen kennenzulernen. Das Schlimmste für mich wäre es, wenn ich jemandem, der investiert hat, sagen müsste, dass er alles wieder zurückbauen muss.“
Das wäre der Fall, wenn sich jemand nicht an die Regeln hält. Und das beginnt damit, dass jede Änderung am Denkmal eine Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde erfordert. Neue Türen, neue Fenster, neues Dach oder auch nur ein neuer Anstrich - das alles muss genehmigt werden. Veränderungen sind aber nicht nur möglich, sondern oftmals auch nötig. Denn wer Eigentümer eines Denkmals ist, der hat zugleich die Pflicht, es vor dem Verfall zu schützen und es so zu nutzen, dass die Substanz erhalten bleibt und Schäden repariert werden.
Veränderungen an Denkmälern müssen erkennbar sein
„Veränderungen sollen darüber hinaus als solche erkennbar sein und möglichst so gestaltet sein, dass sie eines Tages wieder rückgängig gemacht werden können“, heißt es von Seiten der Denkmalpflege des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). Der LWL ist zugleich eine von mehreren Optionen, wenn es darum geht, an Fördermöglichkeiten für die Finanzierung der Erhaltung und der Pflege von Denkmälern zu gelangen. Auch das Land NRW, die Städte und Gemeinden sowie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bieten finanzielle Hilfen.
Und wer investiert, der erhält unter anderem steuerliche Vorteile. Bis zu zehn Prozent der Instandhaltungskosten können über zehn Jahre abgesetzt werden. Vorausgesetzt natürlich, die Maßnahmen wurden zuvor genehmigt. Und nicht zuletzt hat so ein denkmalgeschütztes Gebäude natürlich auch einen besonderen Charme, betont Petra Göbel mit Blick auf die Vorteile.

Nicht jedes denkmalgeschützte Haus wird vom Eigentümer vorbildlich behandelt. So wie im Falle dieses Gebäudes an der Südmauer in Werne, bei dem die Fassade unter Denkmalschutz steht. © Felix Püschner
Sie empfiehlt Kaufinteressenten, sich immer zunächst mit der Unteren Denkmalbehörde der Stadt in Verbindung zu setzen: „Wir kennen die Gebäude vor Ort nun mal am besten und können die Rahmenbedingungen genau festlegen. Außerdem gibt es bei der Unteren Denkmalbehörde Architekten, die kostenlos beraten. Man wird mit seinem Gebäude als Laie also nicht allein gelassen.“ Auch wenn es um Fördergelder geht, fungiert die Untere Denkmalbehörde als erste Anlaufstelle.
Göbel hat in ihrer Funktion nicht nur positive Erfahrungen gemacht. Denn es gibt durchaus Fälle, in denen die Eigentümer denkmalgeschützter Gebäude nur das Nötigste tun, damit die Immobilie nicht verfällt. Oft bleibt das Gebäude dann ungenutzt. Da hilft dann auch das regelmäßige Gespräch nur bedingt. Meistens jedoch laufe der Dialog konstruktiv ab. Man sei immer bemüht, gemeinsam Lösungen zu finden. Und das gelingt in der Regel auch. Vor allem bei Neueigentümern. „Denn die haben sich meist ein bisschen verliebt in das Gebäude“, sagt Göbel. Und das klingt dann doch irgendwie romantisch.
Listen und Leitfäden
- Ob ein Gebäude unter Denkmalschutz gestellt werden kann beziehungsweise muss, wird von Fachleuten ermittelt. Zuständig ist die Untere Denkmalbehörde einer Kommune. Diese holt sich bei der Beurteilung allerdings Unterstützung ins Boot - nämlich die Denkmalpflegeämter, etwa die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur. Deren Mitarbeiter machen sich dann ein Bild von der Lage vor Ort und unterstützen und beraten die kommunale Behörde.
- Sofern die Fachleute feststellen, dass ein Objekt die Kriterien für den Denkmalwert erfüllt, muss es in die Denkmalliste der Gemeinde eingetragen werden. Vom LWL heißt es hierzu: „Hier gibt es keinen Ermessensspielraum und die privaten Interessen der Eigentümer bleiben unberücksichtigt. Bei der Unterschutzstellung geht es ausschließlich darum, ein Denkmal unter Schutz zu stellen“. Erst wenn es später um Veränderungen am Denkmal gehe, beziehe die Denkmalbehörde „die Zumutbarkeit von Erhaltung und Restaurierung und die Nutzungsinteressen der Eigentümer mit ein“.
- Die Stadt Werne hat im Jahr 2003 eine Art Inventur des Gebäudebestands in der Altstadt durchführen lassen und die Ergebnisse in Form einer „Hauskartei“ festgehalten. Mehr als 160 Gebäude sind darin aufgeführt, von denen 55 auch in der Denkmalliste stehen. Letztere ist übrigens nicht in Stein gemeißelt. Es kommen immer wieder neue Denkmäler hinzu. In Werne war das zuletzt 2018 der Fall, beim Haus an der Steinstraße 21.
- Bereits in dem 2002 beschlossenen Gestaltungskonzept für die Werner Innenstadt ist unter dem Punkt „Baustruktur“ festgehalten: „Der historische Stadtkern weist vielfach noch ein geschlossenes Erscheinungsbild ohne größere Maßstabsbrüche auf“. Auch das ist ein Grund dafür, dass nicht nur Veränderungen an denkmalgeschützten Gebäuden selbst, sondern auch Veränderungen an den Gebäuden in unmittelbarer Nähe genehmigt werden müssen. Diese „wirken“ schließlich auch auf das Denkmal. Der Vorteil: Auch für diese Gebäude, die selbst gar nicht unter Denkmalschutz stehen, gibt es in puncto Sanierung Fördergelder.
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.
