
© Felix Püschner
Theo Elberfeld und sein verfallenes Haus: „Da müssen jetzt junge Leute ran“
Denkmalschutz
Es gibt viele denkmalgeschützte Häuser, die verfallen. So wie das an der Burgstraße 15 in Werne. Theo Elberfeld kümmert sich um das Gebäude, das schon lange in Familienbesitz ist – und hofft auf neue Eigentümer.
Theo Elberfeld schaut nicht sonderlich begeistert, als er vor dem denkmalgeschützten Haus mit der Nummer 15 in der Burgstraße in Werne steht. „Vielleicht verkaufe ich es mal – wenn die Erbangelegenheiten dann irgendwann geklärt sind. Das Thema liegt schon ewig lange beim Anwalt“, sagt der 71-Jährige und schüttelt den Kopf. In dem alten Haus lebte zuletzt sein Cousin Heinz.
Er starb 2012. Seither ist das Gebäude unbewohnt und verfällt. Die Sache mit den Erbangelegenheiten ist nicht ganz so einfach. Bei einer Großfamilie mit vielen Geschwistern und Tanten muss vieles abgestimmt werden. Das dauert manchmal Jahre. So wie in Elberfelds Fall.

Die Stuhlmacher-Werkstatt an der Westmauer gehört mit zum kleinen Immobilienkomplex, der seit Jahrzehnten in Besitz der Familie ist. © Felix Püschner
Und nicht nur die Familienverhältnisse sind schwer zu überschauen. Auch die Geschichte des Hauses bietet Stoff für einen ganzen Roman. In Kurzform sieht sie so aus: Theo Elberfelds Opa kaufte das mehrere Jahrhunderte alte Gebäude einst mitsamt eines weiteren, in das man über den Innenhof gelangt – das Haus an der Westmauer 6, in dem der heute 71-Jährige aufwuchs.
Außerdem gehört eine alte Stuhlmacher-Werkstatt zu dem kleinen „Immobilienkomplex“. Auch sie steht an der Westmauer. In dem Haus an der Burgstraße 15 lebten einst jüdische Familien. Darunter die Familie Salomon, die hier eine Metzgerei betrieb. Davon zeugen heute noch die vor dem Gebäude verlegten Stolpersteine.
Theo Elberfeld öffnet die Eingangstür. Es knirscht. Ein paar zarte Sonnenstrahlen scheinen durch eines der Fenster. So, als wollten sie den Staub in der Luft optisch noch ein bisschen besser in Szene setzen. An das Fenster neben der Eingangstür hat Elberfeld eine Holzplatte gestellt und sie mit einem Kantholz fixiert. „Vor ein paar Wochen ist hier jemand eingebrochen. Keine Ahnung, warum. Man sieht doch sofort, dass es hier nichts zu holen gibt“, grummelt der gelernte Maurer.
Das Wohnzimmer zur Rechten gleicht einem Abladeplatz für Sperrmüll. Die Küche wirkt dagegen noch recht akzeptabel. Von hier aus gelangt man in ein Bad, das offensichtlich nicht allzu lange vor Heinz’ Tod saniert wurde. Das Zimmer nebenan ist hingegen die reinste Baustelle. „Früher war hier mal ein Stall. Heinz hatte viele Baustellen. Aber er konnte auch was - er war schließlich Tischler“, erklärt Theo Elberfeld.

Theo Elberfeld ist Hobbykünstler. In einem der Räume, dem sich einst die Metzgerei befand, stehen nun seine Kunstwerke. © Felix Püschner
Viele Baustellen - und eine Dachboden mit viel Potenzial
Im ersten Obergeschoss befand sich unter anderem das Schlafzimmer seines Cousins. Spartanisch eingerichtet, mit einem schmalen Holzbett, alten Teppichen und einer Tapete, die inzwischen nicht bloß vergilbt ist, sondern vielmehr einen satten Braunton angenommen hat. Darüber, im Dachgeschoss, sieht es etwas einladender aus. Zumindest so, als gäbe es hier Potenzial: Den voll isolierten Raum mit hübschen Dachbalken und Holzboden, müsste man aber freilich noch ein bisschen aufpolieren und ihm einen frischen Anstrich verpassen, bevor man ihn bewohnen kann.
Theo Elberfeld will das in seinem Alter allerdings nicht mehr tun. Warum er sich überhaupt um das Haus kümmert? „Na, weil ich nun mal den Schlüssel habe. Deswegen fege ich hier ab und zu mal durch und schaue nach dem Rechten.“ Und dabei kommt es auch schon mal vor, dass er sich über das Drama ärgert, das sich direkt nebenan abspielt. Denn die Lage des denkmalgeschützten Gebäudes ist durchaus verzwickt - und zwar nicht nur wegen der Erbangelegenheit.
Rechts von dem Haus steht ein hübscher Neubau, links das Gebäude mit der Nummer 13, das ebenfalls denkmalgeschützt ist, bereits umgebaut wird und aktuell quasi nur aus Balken und Plastikplanen besteht. „Die machen da mehr kaputt als heile. Und fertig werden die anscheinend auch nicht“, schimpft Elberfeld. Das Haus, in dem er aufgewachsen ist, sei durch die Arbeiten ebenfalls schon in Mitleidenschaft gezogen worden: „Die haben mir da einen Teil der Wand weggerissen. Zum Glück war es nichts Tragendes.“
So sieht es in dem verfallenen Haus in der Burgstraße 15 aus
Die Hoffnung, dass es an der Burgstraße 13 endlich vorangeht und das Projekt irgendwann fertig sein wird, stirbt aber auch bei Elberfeld zuletzt. Und vielleicht ist bis dahin ja sogar die Erbschaft für das Haus seines Cousins geregelt. Denn Theo würde es gerne in gute, handwerklich geschickte Hände geben: „Ich habe keine Ahnung, was es wert ist. Das Grundstück ist wahrscheinlich mehr wert als der Bau. Aber darum geht es nicht. Ich finde, man muss solche Gebäude erhalten. Es steht nicht umsonst unter Denkmalschutz. Da müssen jetzt junge Leute ran, die Ahnung und Lust darauf haben.“
Dass die neuen Eigentümer kräftig investieren müssten, steht außer Frage. Das gibt auch Elberfeld zu, nachdem er scherzhaft sagt, dass „mit ein paar neuen Tapeten“ doch eigentlich alles wieder in Ordnung sei. Zum Glück gebe es ja Förderprogramme für Eigentümer von denkmalgeschützten Häusern. Und wer neue Möbel benötigt, der könnte sich die vielleicht sogar selbst zimmern - in der Stuhlmacher-Werkstatt, in der zunächst Theos Opa und dann sein Cousin malochten und sich ihre Brötchen verdienten. Das wäre eine schöne Geschichte, findet Elberfeld. Ein Happy End für ein geschichtsträchtiges Haus.
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.
