Ausschussvorsitzende Uta Leisentritt, hier beim Jahresempfang der CDU-Mittelstandsvereinigung (MIT) zu sehen, fand klare Worte für die Lage der Wirtschaft.

© Vanessa Trinkwald (A)

Wirtschaft in Werne: Aktuelle Lage ist „alarmierend“ und „dramatisch“

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Wie geht es der Werner Wirtschaft - und wo drückt der Schuh am meisten? Das wollte die Wirtschaftsförderung durch eine Umfrage herausfinden. Die Ergebnisse seien teils „alarmierend“ und „dramatisch“ heißt es.

Werne

, 12.03.2022, 10:15 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das, was Matthias Stiller den Mitgliedern des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planung und Wirtschaftsförderung in deren jüngster Sitzung verkündete, waren alles andere als gute Nachrichten. Ausschussvorsitzende Uta Leisentritt sprach im Anschluss an die Präsentation des Leiters der Wirtschaftsförderung von „dramatischen Zahlen“.

Man habe nicht damit gerechnet, dass die Lage „so erschreckend“ sei. Auch Stiller sprach von „alarmierenden Zahlen“. Zumindest in einigen Bereichen. Und manch ein Politiker erinnerte sich schmerzlich an den Bürgerentscheid im Dezember, der zu bekanntlich Ungunsten eines neuen Industrie- und Gewerbegebiets ausgefallen war.

Fachkräftemangel und Gewerbeflächen sind die größten Probleme

Anlass für diese Reaktionen waren die Ergebnisse einer Unternehmensbefragung der Werner Wirtschaftsförderung. Sie wollte damit herausfinden, wie die aktuelle Situation der Unternehmen ist und wie es um die Perspektiven steht. Teilgenommen hatten 74 von 248 Unternehmen. Fast die Hälfte von ihnen stammt aus den Bereichen Industrie und Handwerk.

Unter anderem sollten die Umfrageteilnehmer fast 20 Standortfaktoren bewerten, etwa die Verkehrsanbindung und die Breitbandversorgung. Aber auch das Preisniveau und die Verfügbarkeit von Wohnraum, Gewerbeflächen und Gewerbe-Immobilien sowie das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften.

Die Lage der Wirtschaft in Werne ist nicht sonderlich gut. Das belegen die Ergebnisse einer Umfrage der Wirtschaftsförderung, die nun Thema im Ausschuss war.

Die Lage der Wirtschaft in Werne ist nicht sonderlich gut. Das belegen die Ergebnisse einer Umfrage der Wirtschaftsförderung, die nun Thema im Ausschuss war. © Felix Püschner

Und genau bei letzteren Faktoren drückt der Schuh besonders, die Trendkurve geht steil bergab. Das zeigt sich bei der Gegenüberstellung der Ergebnisse mit einer ähnlichen Umfrage aus dem Jahr 2014. Sowohl die Verfügbarkeit und das Preisniveau von Gewerbeflächen als auch das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften schneiden 2021 erheblich schlechter ab. Auf einer Skala von 1 bis 5, bei der 1 der beste Wert ist, rutscht beispielsweise der Standortfaktor Verfügbarkeit von Gewerbeflächen von 2,5 auf 3,5.

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Bei dem Angebot von qualifizierten Arbeitskräften kommt verstärkend hinzu, dass sich nicht nur die Bewertung verschlechtert hat (von 3,2 auf 3,7), sondern, dass dieser Faktor nach der Breitbandversorgung nach Einschätzung der Unternehmen der zweitwichtigste Standortfaktor überhaupt ist.

Außerdem sollten die Unternehmen angeben, wie sie ihre wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden sechs Monaten im Vergleich zur gegenwärtigen Lage einschätzen. Das Ergebnis ist durchaus positiv, wie Stiller erklärte: 27 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Situation verbessert, 14 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus. Die restlichen 59 Prozent schätzen, dass die Lage gleichbleibend sein wird.

Firmen erwarten Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung

In puncto Arbeitskräfte gaben fast 80 Prozent der Unternehmen an, dass sie in den kommenden 12 Monaten zusätzlichen Bedarf haben, sprich mehr Mitarbeiter benötigen. Hauptsächlich handelt es sich dabei um gelernte Arbeitskräfte aus dem gewerblichen und technischen Bereich. Mit deutlichem Abstand folgen ungelernte Arbeitskräfte und Azubis. Gelernte Arbeitskräfte aus dem kaufmännischen Bereich sowie Hochschulabsolventen sind vergleichsweise weniger gefragt. 85 Prozent der Unternehmen erwarten Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung.

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Wie die Lage beim Thema Gewerbeflächen ist, lässt sich anhand weiterer Zahlen ablesen. Demnach gaben lediglich zwei Unternehmen an, dass sie Überkapazitäten an Flächen beziehungswiese Immobilien hätte. 30 Prozent der Unternehmen gaben an, dass sie in den nächsten vier Jahren an ihrem Standort Erweiterungsbedarf haben. In 15 Fällen werden Gewerbegrundstücke benötigt, in 16 Fällen Gewerbeimmobilien.

Insgesamt werden etwas mehr als 31 Hektar Fläche benötigt. Aktuell stehen in Werne laut Wirtschaftsförderung nur noch knapp 3 Hektar zur Verfügung. Von den 15 Betrieben, die Grundstücke benötigen, gaben 9 an, sie müssten den Betrieb verlagern, sofern eine Erweiterung am jetzigen Standort nicht möglich ist. Bei den Immobilien waren es 11 von 16 Betrieben.

Neue Gewerbeflächen für Werne im Regionalplan vorgesehen

Dies bedeute aber nicht automatisch, dass die Betriebe ihren Hauptstandort verlagern oder Werne möglicherweise ganz den Rücken kehren, erklärte der Wirtschaftsförderer im Ausschuss. Dennoch ist auch in der Politik die Sorge groß. Ulrich Höltmann merkte an: „Schade, dass wir eine solche Auswertung nicht schon im vergangenen Jahr vorliegen hatten“. Das Ergebnis des Bürgerentscheids hätte dadurch möglicherweise anders ausfallen können, so der SPD-Mann.

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Mit dem Problem Flächenmangel stehe man allerdings nicht alleine dar, ergänzte Artur Reichert (FDP): „Das haben andere Kommunen genauso wie wir.“ Immerhin: Dass Stadt und Politik den Regionalen Kooperationsstandort des RVR mit einer Fläche von gut 30 Hektar ad acta legen mussten, bedeutet nicht, dass es in der Lippestadt überhaupt keine Aussichten mehr auf neue Gewerbeflächen gibt.

Im Regionalplan ist beispielsweise eine rund 11 Hektar große Fläche nördlich des Nordlippeparks – genau genommen südlich von Icopal bis zum Kreisverkehr westlich der B54 - für lokale Bedarfe vorgesehen. Heißt: Unternehmen, die bereits in Werne ansässig sind, könnten dort zusätzliche Flächen bekommen. Eine Mindestgröße von 5 Hektar wäre anders als im Falle des Kooperationsstandorts dann voraussichtlich nicht vorgeschrieben.

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