Wernes Sozialarbeiter arbeitet für drei

Markus Niebuhr

Ein Mann, drei Jobs: Markus Niebuhr ist für rund 450 Flüchtlinge zuständig. Hinzu kommen noch viele Ehrenamtler. Eigentlich sollten diese in Werne drei Sozialarbeiter übernehmen. Da die Stadt aber sparen muss, ist Niebuhr nun alleine in seinem Büro im Stadthaus - was nicht immer einfach ist.

WERNE

31.10.2016, 05:53 Uhr / Lesedauer: 2 min
Markus Niebuhr ist in Werne für die Betreuung der Flüchtlinge zuständig

Markus Niebuhr ist in Werne für die Betreuung der Flüchtlinge zuständig

Wer ist Markus Niebuhr?

Niebuhr ist seit Februar diesen Jahres Sozialarbeiter der Stadt Werne. Dort sitzt er im Stadthaus der Lippestadt, von 7 bis 16 Uhr. „Vorher habe ich im Schichtdienst gearbeitet, dagegen finde ich die Zeiten bei der Stadt sehr angenehm.“

Was sind seine Aufgaben?

Eigentlich sollte es in Werne drei Sozialarbeiter geben, die sich um die etwa 450 Flüchtlinge kümmern. Einen für das Quartiersmanagement in den Unterkünften der Innenstadt. Einen für die Begleitung der Ehrenamtler. Und einen für die Betreuung. Doch für zwei Stellen bekam die Stadt kein Geld. 

In seinem Büro ist er Ansprechpartner für Flüchtlinge und Ehrenamtliche. Sein wichtigster Grundsatz dabei: „Man darf nichts für die Flüchtlinge tun. Man muss es mit ihnen tun, damit sie es irgendwann alleine können.“ Und: „Ich muss alle gleich behandeln. Egal, was sie erlebt haben.“ Doch er betreut auch die ehrenamtlichen Helfer, die das manchmal anders sehen.

Alle zwei Wochen sitzt er donnerstags im ehemaligen Möbelhaus Reuter-Tönnies und berät gemeinsam mit einer ehrenamtlichen Helferin zum Thema Wohnungssuche. „Weil wir so eng zusammenarbeiten, verstehen viele der Flüchtlinge gar nicht, dass die Ehrenamtler kein Geld dafür bekommen“, sagt Niebuhr.

Welche Probleme tun sich auf?

„Die Ehrenamtler hören die Geschichten, sind davon gerührt und wollen für die Leute alles rausholen, was geht“, sagt er. Wenn ein Mensch so viel durchgestanden hat, dann wünscht man ihm, dass er eine Wohnung mit Fernseher und Internetanschluss bekommt. Niebuhr: „Das ist in der Grundsicherung einfach nicht vorgesehen. Ein Hartz IV Empfänger bekommt das auch nicht.“

Was hat ihn sein Beruf bisher gelehrt?

Er selbst hat sich ein Schutzschild zugelegt gegen die Rührung. Die Geschichten der Flüchtlinge hört er sich nicht mehr an, denn er weiß, dass jeder von ihnen Schlimmes erlebt hat. Bei der Jugendhilfe, wo Niebuhr vorher arbeitete, zeigten ihm die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge Videos, „wo man sehen konnte, wie ihre Familienmitglieder geköpft werden“. Markus Niebuhr hat sich das Mitleiden abgewöhnt. Denn er findet: Wer hier ankommen will, der sollte direkt lernen, dass alle gleich behandelt werden. „Ich möchte, dass die Leute versuchen, Deutsch zu sprechen, wenn sie zu mir kommen“, sagt er.

Außerdem habe er gelernt, geduldig zu sein: „An manches müssen sich die Flüchtlinge anpassen, zum Beispiel Pünktlichkeit“, sagt Niebuhr. „Aber unsere Gesellschaft zu verstehen, das geht nur mit der Zeit."

Muss er alles alleine erledigen?

Ein wenig Arbeit kann er weitergeben an andere: Die Kollegen von der Leistungsabteilung nehmen ihm viel Bürokratie ab, und die Schulung der Ehrenamtler läuft jetzt an der Volkshochschule. Insgesamt sei der deutsche Behörden-, Antrags- und Zuständigkeitsdschungel immer wieder eine Quelle von Missverständnissen. 

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