Werne und der westfälische Frieden Erst kamen Söldner - dann folgten die Patres

Von Heidelore Fertig-Möller
Werne und der westfälische Frieden: Erst kamen Söldner - dann die Patres
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In der vorigen Woche wurde in Münster, wo vor genau 375 Jahren eine Vielzahl von Gesandten aus ganz Europa den Westfälischen Frieden unterzeichneten, dieses Ereignis von europäischer Bedeutung mit Vorträgen, Gedenkveranstaltungen und einem Volksfest gebührend gefeiert. Aber auch für Werne und für das ganze Oberstift Münster, zu dem Werne damals gehörte, war der lang ersehnte Friedensschluss überlebenswichtig. Denn in den dreißig Jahren Krieg, die davor lagen, war auch Werne - wie fast alle anderen westfälischen Städte – des Öfteren überfallen, jahrelang von fremden Söldnern besetzt und ausgeplündert worden.

Da nützten auch die 1502 endlich fertiggestellten Stadtmauern nichts, denn die Waffentechnik hatte sich neben den herkömmlichen Piken und Spießen im 16. und 17. Jahrhundert durch die Feuerwaffen (Kanonen, Feldschlangen, Steinschlossgewehre u.a.) so weit fortentwickelt, dass steinerne Mauern die Städte nicht mehr schützen konnten. Die Verteidiger waren meist nur ungeübte Handwerker und Bauern gegenüber einem gut ausgebildeten Söldnerheer.

Der Dreißigjährige Krieg (1618-48) begann nach der Reformation und der Gegenreformation im 16. Jahrhundert mit dem sogenannten Prager Fenstersturz im Mai 1618 und entwickelte sich sehr bald zu einem europaweiten Krieg, der vor allem auf deutschem Territorium stattfand und bald nichts mehr mit religiösen Anschauungen zu tun hatte.

Reiter aus Olfen bewahrten die Stadt

Werne wurde das erste Mal in das Kriegsgeschehen einbezogen, als Christian von Braunschweig, der damals gerade 23 Jahre alt war, mit einem Söldnerheer das Oberstift Münster verwüstete (u.a. Lippstadt, Soest und Paderborn) und am 6. Mai 1622 in unmittelbarer Nähe von Werne lagerte. Wahrscheinlich durch 40 Reiter aus Olfen, die sich zufällig in Werne befanden, zog Christian an Werne vorbei und überfiel lieber die Nachbarorte.

Einige Jahre wurde Werne nun verschont vom Kriegsgeschehen, da sich in Westfalen zwischen 1623 und 1634 vor allem um das jülisch-klevische Erbe zwischen den protestantischen Holländern und den katholischen Spaniern gestritten wurde. Durch das Eingreifen des protestantischen Schwedenkönigs Gustav II. Adolf ab 1630 in das Kriegsgeschehen in Westfalen gegen Alexander von Velen auf der katholischen Seite kam es zu wechselvollen Kämpfen im Ober- und Niederstift Münster.

Der Prager Fenstersturz
Der Prager Fenstersturz © Archiv Förderverein Stadtmuseum

Auch Werne wurde im Jahre 1634 von Soldaten der Katholischen Liga, obwohl zu jener Zeit zu hundert Prozent selber katholisch, geplündert und für viele Wochen besetzt, bis hessische Söldner anrückten. Zwei Jahre später kam es für Werne mit einer Einwohnerschaft von ungefähr 600 zur größten Katastrophe, denn für mehrere Monate herrschte hier die Pest, die, wie es im Bürgerbuch heißt, fast die Hälfte der Stadtbevölkerung dahinraffte: „Anno 1636 und 1637 seyn ahn der Pestilenz binnen der Stadt Werne in Klein und groß 313 Personen gestorben“ – etwas später heißt es sogar, dass es 456 Personen waren, wahrscheinlich für das ganze Amt Werne.

Durch diese Seuche, gegen die man zu jener Zeit keinerlei Gegenmittel besaß, waren die Städte allerdings gegen marodierende Söldner geschützt, die eine von der Pest heimgesuchte Stadt weiträumig umgingen.

In Westfalen kämpften dann zwischen 1637 und 1647 Schweden, Hessen, Franzosen, Söldner aus Böhmen und Bayern gegeneinander, bis Fürstbischof Ferdinand von Münster mit einer „westfälischen Defensionsarmee“ die schwedisch-hessischen Eindringlinge teilweise zurückdrängte. So verblieb zu Ende des 30-jährigen Krieges dem katholischen Ferdinand noch das Oberstift Münster (mit Werne), das kölnische Sauerland und die Städte Paderborn und Recklinghausen.

Der "freudenreiche Postillion - Friedensreiter aus Münster"
Der "freudenreiche Postillion - Friedensreiter aus Münster" © Archiv Förderverein Stadtmuseum

Ab 1643 kam es dann endlich zu ersten Friedensverhandlungen für die protestantischen Mächte in Osnabrück und für die katholischen in Münster, die dann am 24. Oktober 1648 einen bzw. zwei mehrseitige Verträge unterschrieben und kurze Zeit später auch ratifizierten. Seither wird in beiden Städten an diesen ersten europäischen Friedensschluss, besonders zu den Jubiläen, in großem Stil erinnert. In Münster hängen in der Ratskammer auch die Porträts der wichtigsten Gesandten und ihrer Landesherren, u.a. der junge französische König Ludwig XIV. Weil hier ebenfalls der Spanisch-Niederländische Teilfrieden besiegelt wurde, heißt die Kammer seit dem 18. Jahrhundert auch Friedenssaal.

Für Werne wie auch für viele andere westfälische Städte und Orte bedeutete dieser Krieg und seine Folgen ein Herabsinken in die wirtschaftliche und politische Bedeutungslosigkeit und ein Erstarken der jeweiligen Landesherren, z.B. des Fürstbischofs von Münster. Werne erging es dabei noch besser als seinem Nachbarort Herbern, denn da heißt es in einer Chronik, dass dort zu Ende des Krieges kaum noch Einwohner hausten und ein Wolfsrudel sich in den Gebäuden niedergelassen hätte.

Einrichtung des Kapuzinerklosters

Ein Gutes hatte es allerdings für unsere Stadt, denn nach dem Friedensschluss richteten der Amtsdroste und die Ratsherren von Werne die Bitte an den Fürstbischof, er möge doch erlauben „zur Erhaltung und Belebung der katholischen Religion, da sich auch Willkürlichkeiten, Missbräuche und Neuerungen eingeschlichen hätten“, dass hier ein Kapuzinerkloster errichtet werden dürfte. Die Kapuziner aus Münster hatten sich schon während des Krieges in Werne seelsorgerisch betätigt und auch Kranken- und Armenpflege betrieben.

Bald darauf kam die Erlaubnis und 1659 zogen drei Kapuziner in Werne ein – sie ließen ein Kloster und eine Kirche von 1673-1680 an der Südmauer errichten und seither gibt es bis heute den Kapuzinerorden als segensreiche Einrichtung für Werne.

  • Auch der Internationale Club Werne und der Förderverein Stadtmuseum wollen in diesem Jahr an den Westfälischen Frieden erinnern und haben Herrn Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer aus Münster zu einem Vortrag am 16. November 2023 nach Werne eingeladen.
  • Wer noch mehr über die Historie von Werne wissen will, kann wieder im Museum und beim Verkehrsverein das Buch: „Geschichte(n) von Werne – Histörchen aus Werne“ käuflich erwerben.

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