Bärbel Hennig findet: Bezahlbarer Wohnraum für Familien ist ein Problem in Werne. © Mario Bartlewski
Ortsteil-Check Werne
Werne: Tolle Nahversorgung, aber bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware
Im ersten Teil des Ortsteil-Checks kann Werne in vielen Kategorien punkten, doch bei bezahlbarem Wohnraum gibt’s Kritik– auch von der alleinerziehenden Mutter Bärbel Hennig (45).
Drei Kinder hat Bärbel Hennig (45) alleine großgezogen. Tyler (9), Collin (11) und Angelique (17) bestimmen das Leben der Werner Mutter – und bereichern es. Doch die Wohnsituation in Werne frustriert die Familie.
„Es fehlt preiswerter Wohnraum für Familien mit mehr als zwei Kindern in Werne“, sagt Hennig. Die Familie wohnt in einer Drei-Zimmer-Wohnung an der Lohstraße. Damit das überhaupt funktioniert, verzichtet die Wernerin sogar auf ein eigenes Schlafzimmer.
Hennig schläft im Wohnzimmer, damit Kinder eigenes Zimmer haben
Sie schläft im Wohnzimmer, damit ihre Tochter ein eigenes Zimmer hat und sich die beiden Söhne ein Zimmer teilen können. „Einen Ort, um zur Ruhe zu kommen, den gibt es für mich nicht“, gesteht Hennig.
Es fehlt schlichtweg an passenden Angeboten zu einem Preis, den sich Hennig leisten kann – und das, obwohl die Wernerin schon alleine durch ihren Beruf einen guten Überblick über freie Wohnungen in Werne hat.
Preisgünstiger Wohnraum in Werne ist schwierig zu finden. Der Verein „Neues Wohnen in Werne“ hat sich deshalb in der Vergangenheit in anderen Städten umgeschaut und sich von den Bewohnern Eindrücke schildern lassen. © Andreas Drohmann
Halbtags arbeitet sie als Immobilienmaklerin bei der Meinke Immobilienverwaltung. „Da schaut man sich automatisch um“, so Hennig. Mal passt die Quadratmeterzahl, dafür aber die Zahl der Räume nicht, ein anderes Mal sind die Mieten zu hoch und wieder ein anderes Mal sind entweder Kinder oder Hunde nicht erwünscht. „Das ist wie eine Spirale der Frustration“, so Hennig.
Auch Nina Sachs, Immobilienkauffrau vom Bauverein Werne, bestätigt, dass die Nachfrage nach preisgünstigen Wohnungen höher ist als das Angebot. Hier führt man zum Teil Wartelisten.
Bis zu zwei Jahre Wartezeit für bestimmte Wohnungen beim Bauverein
Für Wohnungen mit vier oder mehr Zimmern kann die Wartezeit sogar ein bis zwei Jahre dauern, weil der Bedarf für diese Wohnungen in Werne so groß ist. So ergeht es nicht nur Hennig, sondern auch vielen ihrer Bekannten. „Auch die suchen schon seit Monaten – und finden nichts.“
Frustration und Verzweiflung sind groß. Dabei möchte Hennig eigentlich nur eins: Nach 19 Umzügen mit vielen Stationen in ganz Deutschland endlich ankommen und Wurzeln schlagen. Und zwar am liebsten in Werne. „Denn ich fühle mich hier wohl und finde die Stadt toll – wenn wir den richtigen Wohnort für uns finden können.“
Das wird positiv in Werne bewertet:
Nahversorgung:
Neun von zehn möglichen Punkten haben unsere Leser Werne für die Nahversorgung gegeben - besser hat die Stadt bei keinem anderen Thema abgeschnitten.
Overmann, Rewe, Penny, Aldi, Lidl und K+K: Eine große Auswahl an Lebensmittelgeschäften sorgt für Zufriedenheit bei den Wernern. „Die Angebote in der Innenstadt sind super!“, heißt es in der Umfrage. Doch trotz starker Punktzahl gibt es auch bei der Nahversorgung - zumindest ein bisschen - Luft nach oben.
„Im Westen hinter dem Bahnhof fehlt noch ein Supermarkt“, heißt es in unserer Abstimmung beispielsweise. Auch im Werner Norden in der Lütkeheide wünschen sich die Bewohner eine größere Auswahl an Lebensmittelläden.
Gastronomie:
Gastronomie kann Werne, der Meinung sind unsere Leser. Acht von zehn Punkten haben sie durchschnittlich an Werne vergeben. Woran das liegt? „Wir finden hier ein breites Spektrum an Gastronomie“, sagt Steffen Kroes, Inhaber des Hotels am Kloster. Gut bürgerlich trifft auf italienisch, spanisch und asiatisch.
Die Gastronomie schneidet gut ab in Werne. Hier das Hotel Baumhove, das sich direkt am Markt befindet. © Mario Bartlewski
„Viele der inhabergeführten Gastronomen machen sich Gedanken und bieten deshalb ein gutes Angebot“, so Kroes. Auch von den Hotelgästen bekäme der Inhaber viele positive Rückmeldungen über das Gastronomie-Angebot in Werne.
„Man merkt, dass Regionalität eingefordert wird und Kunden auf gute Qualität achten“, sagt Kroes. Genau deshalb spielen die Gastronomen in der Stadt auch viel mit der Speisekarte, bieten saisonale Produkte an und bringen immer wieder neue Dinge ein. Denn auch Kroes bemerkt, dass sich die Essgewohnheiten ändern und sich Gastronomen anpassen müssen.
Grünflächen:
Mit den Grünflächen kann Werne bei seinen Einwohnern punkten. Acht von zehn Punkte haben unsere Leser in dieser Kategorie verteilt. Unter anderem loben sie die Grünflächen am Stadtsee sowie rund um die Lippe.
Nicht zuletzt liegt das auch daran, dass die Werner etwas dafür tun, damit es dort gemütlich und sauber ist. Beispielsweise bei „Werne putzt sich raus“, da geht es dem Müll rund um die Saline an den Kragen. Großes Engagement zeigen nicht nur die Bürger im Zentrum Wernes, sondern auch die in den Außenbezirken.
Das wird negativ bewertet:
Wohnen:
Mit bloß fünf von zehn Punkten landet das Wohnen auf dem letzten Platz beim zweiten Teil des Werner Ortsteil-Checks. „Bezahlbare Mieten wären ganz nett“ und „Schöne Stadt, aber teuer!“, lauten nur einige der Anmerkungen unser Abstimmungsteilnehmer.
Auch der Vergleich zu den Nachbarstädten Hamm, Lünen, Bergkamen und Selm zeigt: In Werne zahlt man für ein Baugrundstück mindestens 15 Euro mehr pro Quadratmeter, zeigt der Preisspiegel 2018 der LBS. Und auch bei Mietwohnungen sieht es nicht anders aus. „Uns fehlt preisgünstiger Wohnraum“, sagt Wernes Stadtplaner Ralf Bülte.
Generell ist bei Wernern auf Wohnungssuche gerade Geduld gefragt. Viele Wohnprojekte befinden sich in der Planungs- und Bauphase. So zum Beispiel an der Dürer-, Robert-Koch-, Uhland- und Berliner Straße. Frei steht aktuell hingegen fast nichts. Bei Großprojekten gibt es zudem Vorgaben, dass 30 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert sein müssen.
Verkehrsanbindung:
„Am Wochenende fährt kein Bus vom/zum Krankenhaus. Zugverkehr naja“, heißt es von den Abstimmenden. Deshalb bekommt Werne von unseren Lesern auch nur sechs von zehn Punkten bei der Verkehrsanbindung.
Generell müsse man ordentlich Zeit mitbringen, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln voranzukommen - und auch die Bahnverbindung sei am Wochenende nach Dortmund und Münster alles andere als optimal.
Ändern soll sich in Werne einiges durch ein mögliches zweites Gleis auf der Bahnstrecke zwischen Münster und Lünen. „Wir müssen handeln, sonst wird sich beim zweiten Gleis nichts tun“, so der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Karl-Friedrich Ostholt.
Die Aktionsgemeinschaft „Wir für Werne“ will die Planungen vorantreiben und eine gemeinsame Initiative mit den Städten Lünen, Dortmund, Münster und den Gemeinden Ascheberg und Nordkirchen gründen.
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