Kurz vor der Kommunalwahl 2020 treffen wir uns mit Wernes amtierendem Bürgermeister Lothar Christ zum Interview. Drei Orte durfte sich Christ für das knapp dreiminütige Video aussuchen. Hier erläutert das Stadtoberhaupt seine Ziele für die kommende Legislaturperiode. Was bekommen die Bürger, wenn sie Christ erneut wählen?
Vor einem tristen grauen Verteilerkasten an der Berliner Straße thematisiert der Amtsträger den Ausbau der Breitbandversorgung in Werne. „Leider haben wir in vielen Fällen keine Glasfaseranbindung bis ins Haus, sondern Koaxialkabelanschlüsse oder Vectoringtechnik. Das ist keine gute und zukunftsfähige Lösung. Da muss sich etwas ändern“, sagt Christ.
Er stehe in Verbindung mit einer Firma, die bereit sei, die Glasfaserversorgung in Werne aufzunehmen. „Das würde einen Quantensprung für unsere Stadt bedeuten“, ist Christ sicher. Auch die Digitalisierung an den Schulen müsse man weiter vorantreiben, betont der Bürgermeister im Vorfeld der Wahl.
Glasfaserausbau schreitet (fast) gut voran
Ist das wirklich passiert? Stadt und Bürgermeister zeigen sich heute auf Anfrage unserer Redaktion zufrieden. „Der Glasfaserausbau kommt wie geplant voran. Über 45 Kilometer Glasfaserkabel sind bereits verlegt worden“, heißt es Mitte Februar 2025 aus dem Stadthaus.
Zwei Tage später veröffentlicht die Stadt auf ihrer Homepage eine Meldung mit der Überschrift „Glasfaserausbau verzögert sich“. Gemeint sind in diesem Fall allerdings lediglich die Arbeiten im Bereich der Innenstadt durch die Unternehmen Westnetz und Westconnect. Letzteres hatte im vierten Quartal 2023 mit dem Ausbau des Glasfasernetzes in Werne begonnen.
Mit Blick auf die Situation an den Schulen schreibt die Stadt: „Werne hat in den vergangenen Jahren permanent den Ausbau der Digitalisierung an den Schulen forciert. So verfügen alle städtischen Schulen über eine Gigabit-Anbindung und ein flächendeckendes WLAN im Schulgebäude.
Die Klassenräume sind mit Beamer oder Display ausgestattet. Im Unterricht nutzen die Schulen in großen Teilen iPads, werden aber zum Teil auch durch moderne Robotik unterstützt.“ Insbesondere die Auszeichnung des städtischen Anne-Frank-Gymnasiums zu einer digitalen Modellschule untermauere die städtischen Bemühungen zur Digitalisierung an den Schulen.
Bessere Ausstattung für Schulen in Werne
Tatsächlich präsentiert die Verwaltung in den Sitzungen des Schulausschusses regelmäßig den aktuellen Sachstand der digitalen Ausstattung der Schulen. In der Regel sorgt das für positives Feedback aus den Reihen der Politik. Sogar an den Grundschulen kommen iPads gezielt zum Einsatz. Im Sommer 2024 waren es bereits weit über 400 Stück. Laut Angaben der Schulleitungen werden die Geräte dort auch täglich und intensiv genutzt. Dass in den vergangenen Jahren derart viele Geräte angeschafft werden konnten, ist auch verschiedenen Sponsoren, Stiftungen und Firmen zu verdanken.

Ein Aspekt der Digitalisierung, den Wernes Bürgermeister vor der Kommunalwahl 2020 zumindest nicht in den Vordergrund stellte, der aber dennoch für reichlich Gesprächsstoff sorgte, ist die Digitalisierung der Stadtverwaltung selbst. Die Behörde hatte eine umfangreiche Strategie entwickelt und sie 2021 in einem rund 40-seitigen Dokument festgehalten. Später wurde eine Roadmap erstellt, eine Art Umsetzungszeitplan also.
Immer mehr Leistungen, die bislang nur auf analogem Wege erfolgten, sollten online angeboten werden - von der Beantragung einer Geburtsurkunde über die Kita-Anmeldung und die Zahlung von Elternbeiträgen bis hin zur Terminvergabe im Bürgerbüro. Zwar konnte die Verwaltung hinter einige Punkte auf der Liste inzwischen einen Haken machen, doch noch sind längst nicht alle geplanten Leistungen vollumfänglich digitalisiert.
Ehrenamt gefördert und gestärkt
Unsere Einschätzung der Arbeit von Stadtverwaltung und Bürgermeister in der aktuellen Legislaturperiode: In Sachen Digitalisierung ist Werne in den vergangenen Jahren ein gutes Stück vorangekommen. Der eingeschlagene Weg war allerdings ohnehin alternativlos. Denn wer weiterhin ausschließlich auf Papier arbeiten, Bücher schleppen und im Schneckentempo surfen möchte, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

Keine Selbstverständlichkeit - aber in der Lippestadt erfolgreich praktiziert - ist die Förderung und Stärkung des Ehrenamts. Auch dafür wollte der Bürgermeister sorgen, wie er im Vorfeld der vergangenen Wahl betonte. Und wie schätzt er die Lage heute ein? Auf Anfrage unserer Redaktion verweist die Stadt unter anderem auf die Arbeit der Koordinierungsstelle Bürgerschaftliches Engagement (BEN). Das Ehrenamt sei nicht nur gewürdigt, sondern zudem durch viele individuelle Leistungen unterstützt worden - durchaus auch in finanzieller Hinsicht.
Weiter heißt es in dem Antwortschreiben: „Seit Oktober 2020 sind rund 150 Ehrenamtskarten NRW ausgegeben worden, mit denen verschiedenste Vergünstigungen in Werne - aber auch anderenorts - verbunden sind. Im Zuge der Coronakrise ist einer Reihe von Vereinen geholfen worden, um die bestehenden Herausforderungen zu bewältigen. Insbesondere der im Rahmen der mit dem Stadtsportverband geschlossenen Kooperation ‚Wir bewegen Werne‘ konnten zahlreiche Vereine bei verschiedenen Aktionen zur Rückgewinnung von Mitgliedern unterstützt werden.“ Klingt nach Zufriedenheit. Und die scheint auch berechtigt zu sein.
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