Tim Wenzel (23) sitzt am Steuer des Gerätekraftwagens (GKW) in der Fahrzeughalle des THW-Ortsverbands Werne und muss schmunzeln. „Wie ich zum THW gekommen bin? Mein Stiefvater hat mich hier vor zehn Jahren abgesetzt. Ich habe damals wohl zu viel Zeit damit verbracht, Videospiele zu zocken. Also sagte er zu mir: ‚Komm mit, wir fahren jetzt einkaufen‘. Tatsächlich ließ er mich dann beim THW aussteigen und meinte, ich soll mich dort melden und etwas Vernünftiges machen. Jetzt bin ich immer noch dabei.“
Wenzel gehört der Bergungsgruppe des THW an. Wobei die streng genommen mittlerweile einfach nur Bergung heißt. Denn anders als die verschiedenen, spezialisierten Fachgruppen - zum Beispiel die Gruppe Wasserschaden/Pumpen - ist die Bergung quasi das technische Rückgrat des Technischen Hilfswerks. „Wir machen von allem ein bisschen. Das heißt aber nicht, dass bei uns keine speziell ausgebildeten Helfer sind“, erklärt Florian Bressler (33).
Bressler ist sogar schon seit 17 Jahren mit ihm Boot. Ein Leben ohne das THW könne er sich inzwischen kaum mehr vorstellen, wie er mehrfach betont. Wer Helfer werden möchte, wird beim THW nach persönlichen Neigungen und Fähigkeiten eingesetzt. Wenn die Berufe der Mitglieder zu ihren Aufgaben passen, ist das vorteilhaft, aber kein Muss.
Unterwegs mit der „rollenden Werkstatt“
Der 33-Jährige ist Installateur und Heizungsbaumeister, Wenzel hingegen Berufskraftfahrer. Es gebe aber auch Leute, die beruflich im Büro arbeiten und beim THW lieber Aufgaben „an der frischen Luft“ übernehmen wollen. Das geht natürlich auch. Schließlich durchläuft jeder eine Grundausbildungen. Außerdem sind verschiedene Fortbildungen möglich.
Für viele Mitglieder wird das THW dann irgendwann zu einer Art zweiten Familie. Wer einmal dabei ist, bleibt in der Regel auch länger. Oft über Jahrzehnte. So wie Bressler, der ursprünglich zur Jugendfeuerwehr wollte. Weil es die in Werne damals aber noch nicht gab, landete er bei den Helfern in Blau.

Und was genau treiben er und seine Kolleginnen und Kollegen dort genau? Beim Blick in den Gerätewagen lässt sich bereits erahnen: Bressler hat nicht übertrieben. Die Helfer der Bergung machen tatsächlich nahezu alles. In den Schubfächern liegen Seilwinden, Handbeile, Tauchpumpen, Atemschutzgeräte, Kettensägen, Leitern und viele andere Dinge. Sogar ein Notstromaggregat ist dabei. Die „rollende Werkstatt“ ist bestückt mit diversen Geräten zum Heben, Ziehen, Pumpen, Schneiden und Löschen - und um Menschen aus misslichen Lagen zu befreien.
„Im Prinzip sind wir eine Rettungsgruppe“, sagt Zugführer Patrick Mersch (39). Der Ausdruck „bergen“ erwecke bei vielen Menschen den Eindruck, es gehe darum, Verletzte und Tote zu bergen. Das sei jedoch glücklicherweise nur in Ausnahmefällen so. Denn abgesehen von Einsätzen wie den jüngsten im Ahrtal oder dem Moorbrand in Meppen vor ein paar Jahren, gibt es eben auch die Fälle, bei denen jede Rettung zu spät kommt.
Totes Kind in Bergkamen gefunden
Mersch erinnert sich noch an einen Einsatz, der fast zehn Jahre zurückliegt und bei dem THW-Verbände aus dem gesamten Kreisgebiet in den Abendstunden nach einem vermissten Jungen in Bergkamen suchten. Das THW habe dabei schwerpunktmäßig für die Beleuchtung und Absperrung des Stadtwalds gesorgt. Man war zunächst davon ausgegangen, der Junge könnte Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sein.
Nach ein paar Stunden fand man seine Leiche in der Nähe des Kinderspielplatzes. Die Obduktion ergab, dass das vorerkrankte Kind eines natürlichen Todes gestorben war. „Das sind die Einsätze, die du als Helfer eigentlich nicht erleben willst“, sagt Bressler. Aber sie gehörten nun einmal trotzdem dazu. Vor allem, wenn man wie die Bergung für fast alles zuständig ist.
Mehr Bilder von der Bergung des THW gibt‘s online unter rn.de/werne

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