Projektentwickler kontra Kritiker Surfworld spaltet weiter die Gemüter in Werne

Projektentwickler kontra Kritiker: Surfworld spaltet weiter die Gemüter
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Einige applaudieren, andere schütteln den Kopf: Auch nach der großen Bürgerinformationsveranstaltung im Januar sind die Zweifel am geplanten Surfpark auf dem ehemaligen Werner Zechengelände nicht gänzlich vom Tisch. Kritik kommt unter anderem aus der Nachbarstadt Bergkamen, wo man sich aufgrund der steigenden Verkehrsbelastung besorgt zeigt. Doch auch Anwohner, deren Häuser deutlich näher am künftigen Standort des Anlagenkomplexes aus wissenschaftlichem Teil (Sciencewave) und Freizeitteil (Surfworld) liegen, sind nach wie vor skeptisch.

„In meinen Augen haben in Werne mehr Leute Schaden als Nutzen von der Surfworld“, sagt Heinrich Sandhoff, dessen Haus in der Lippestraße steht. Die Infoveranstaltung sei sachlich verlaufen, doch hätten die positiven Stimmen aus dem Publikum am Ende ein bisschen gekauft gewirkt. Zudem seien immer noch nicht alle Fragen beantwortet worden, die er und auch andere Betroffene schon seit geraumer Zeit stellten. Und wenn sich die Verantwortlichen doch einmal dazu geäußert hätten, dann seien die damit verbundenen Aussagen oftmals widersprüchlich gewesen.

Sandhoff beginnt aufzuzählen: „Energieverbrauch, Wasserverbrauch, Verdunstung, CO2-Ausstoß...“. Auch andere Aspekte habe man bei den Gutachten noch gar nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt - etwa den durch den Verkehr verursachten Feinstaub, Erschütterungen und Abgase, die Lichtverschmutzung und den Ausbreitungslärm. Er persönlich habe zudem Angst vor Schäden an seinem Haus, sagt Sandhoff.

Peter Kaiser (l.) und Heinrich Sandhoff gehen Planungsunterlagen durch.
Peter Kaiser (l.) und Heinrich Sandhoff gehen Planungsunterlagen durch. © Felix Püschner

Martina Haase von den People for Future hat vor allem Umwelt-Aspekte im Sinn. Die Lippe werde seit vielen Jahren renaturiert, sagt Haase: „Jede andere Stadt jubelt gerade darüber, dass sich die Artenvielfalt erhöht hat - und wir fangen hier mit etwas an, bei dem so viele Dinge noch nicht geklärt sind.“ Peter Kaiser formuliert das ein wenig drastischer: „Das setzen wir jetzt alles aufs Spiel mit so einem Blödsinn. Nur weil da ein paar Deppen ankommen und meinen, sie müssten ihre Bretter auspacken? Das sehe ich nicht ein, tut mir leid.“

Der Ingenieur hat insbesondere Bedenken, was den ruhenden Verkehr betrifft. Die für den Surfpark geplanten Stellplätze reichten bei Weitem nicht aus, sagt Kaiser: „Die werden alle am Südring parken. Das ganze Konzept ist völlig unüberlegt.“ Haase und ihre Mitstreiter hatten schon vor mehr als zwei Jahren einen langen Fragenkatalog zum Surfpark formuliert. Fragen, die aus ihrer Sicht eigentlich die Politik hätte stellen müssen - es aber nie oder nicht nachdrücklich genug getan habe.

Dr. Michael Detering, Projektentwickler und Investor des geplanten Surfparks, zeigt auf einen Plan des ehemaligen Zechengeländes.
Dr. Michael Detering ist Projektentwickler und Investor des geplanten Surfparks auf dem ehemaligen Zechengelände. © Felix Püschner

Projektleiter Dr. Michael Detering erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass auch er selbst nicht auf alle Fragen eine Antwort liefern könne. Und das habe unterschiedliche Gründe. Beispielsweise sei es für manche Zahlen, die oftmals von den Kritikern gefordert werden, schlichtweg noch zu früh. Das gelte etwa mit Blick auf die CO2-Bilanz. Um die angeben zu können, müsse man nämlich das Baumaterial berücksichtigen. Doch das stehe in einigen Bereichen noch gar nicht fest.

Ganz ähnlich sei die Lage in Sachen Energieverbrauch. Hier sei man mit der Analyse noch nicht fertig. Klar ist jedoch: „Es wird Zeiten geben, in denen wir Strom einspeisen, und auch Zeiten, in denen wir Strom beziehen.“ Im Winter werde der Energiebedarf jedenfalls höher sein als im Sommer, da die Anlage dann ausschließlich für Forschungszwecke genutzt wird. Dies ist der deutlich energieintensivere Part.

Am Beckendesign arbeiten der Projektleiter und sein Team ebenfalls noch. Genauer gesagt an den Konturen. Die sind vor allem für den wissenschaftlichen Betrieb relevant, könnten sich letztlich aber auch leicht auf die Wassermenge auswirken. „Da geht es also noch um viele Details und Feinheiten. Deswegen können wir nicht immer pauschale Antworten geben und exakte Zahlen nennen. Auch wenn die Leute die gerne hören würden“, sagt Detering.

Bürgermeister Lothar Christ beim Infoabend vor dem Publikum.
Beim Infoabend zum Thema Surfpark gab es kritische, aber auch lobende Worte - nicht nur von Bürgermeister Lothar Christ. © Jörg Heckenkamp

Ein paar Zahlen samt Erklärung nennt er dann aber doch noch. Zum Beispiel die Größenordnung von 8500 bis 9000 Kubikmeter Wasser. Die sei korrekt, sagt der Projektleiter - auch wenn der Wert bei einer Beckengröße von 95 mal 250 Metern irritieren mag. Es gebe nämlich viele flache Wasserbereiche.

Bei der Verdunstungsmenge von etwa einem Prozent im Jahr dienen unterdessen Erfahrungswerte aus dem Betrieb von Pumpspeicherkraftwerken als Referenz. „Die Pumpen müssen etwas länger als eine Stunde laufen, um das auszugleichen“, sagt Detering. Hier gelte genauso wie im Falle der kompletten Beckenfüllung: „Die Lippe merkt das nicht.“

Anlage soll großes Potenzial haben - in mehrfacher Hinsicht

Merken sollen die Anwohner auch nichts von einem sinkenden Grundwasserspiegel. Denn letzterer wird sich laut Detering lediglich im unmittelbaren Umfeld der Brunnen senken - in einem Radius von 15 bis 20 Metern. Gefiltert werde das Wasser, das zurück in die Lippe geleitet wird, natürlich auch. „Und ja, wir holen da auch Mikropartikel raus“, versichert der Projektleiter, als wir ihm unseren kleinen Fragenkatalog vorlegen.

Leute, die solche Fragen stellen, würden sich in der Regel „gar nicht überlegen, was mit ihren eigenen Textilien ist, die über die Waschmaschine, Kanalisation und Kläranlage in die Umwelt gelangen“. Mikroplastik sei ein Riesen-Umweltthema, belaste schon jetzt Flüsse und Meere. „Die Frage ist doch: Wie lässt sich das Zeug wieder einfangen? Und genau das kann man zum Beispiel bei uns erforschen“, sagt Detering.

So sieht das einstige Zechengelände aus der Luft aus.
So sieht das einstige Zechengelände aus der Luft aus. © www.blossey.eu

In der Diskussion mit den Kritikern geht aus seiner Sicht das Potenzial der Anlage unter. Mal ganz abgesehen davon, dass es sich nur um ein paar wenige Leute handle, die immer wieder Stimmung gegen das Projekt machen und teilweise mit falschen Zahlen und Informationen hantieren würden. Detering verweist unter anderem auf die Klimaanalyse für Werne. Tatsächlich könne der Surfpark hier sogar zu einer Verbesserung der lokalklimatischen Situation in der Lippestadt beitragen, betont er.

Die weiteren „Chancen“, von denen der Projektleiter spricht, liegen einerseits im Bereich der Wissenschaft. „Vereinfacht gesagt, planen wir eine Großforschungsanlage, die aussieht wie ein Surfpark. Für mich ist das, was wir im Forschungsteil machen, mindestens genauso spannend wie das, was wir im Freizeitteil machen“, sagt Detering. Die Anlage biete der Wissenschaft Möglichkeiten, die es bislang im Wasserbau noch nicht gebe.

Zweifel an wirtschaftlichen Effekten für Werne

Andererseits sollen auch positive wirtschaftliche Effekte mit dem Surfpark einhergehen. Das Projekt schafft schließlich Arbeitsplätze und könnte - so zumindest auch die große Hoffnung der Politik - den lokalen Handel in der Innenstadt stärken.

Was das betrifft, ist Martina Haase durchaus skeptisch. Eine „Innenstadtverödung“ gebe es nicht nur in Werne, sagt sie: „Und das passiert doch nicht, weil keiner einen Surfpark neben sich hat, sondern aus ganz anderen Gründen, zum Beispiel dem Online-Handel.“ Dass sich Stadt und Politik Gedanken darüber machen, wie sie die Innenstadt wieder beleben können, findet Haase gut. Aber solch ein Surfpark - davon ist sie überzeugt - sei „eine Nummer zu groß“ für eine Kleinstadt wie Werne. Da sei „der Wunsch der Vater des Gedankens“.

So sieht das ehemalige Zechengelände im Winter aus.
So sieht das ehemalige Zechengelände im Winter aus. © Felix Püschner

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