Der Druck des Regens hob in der vergangenen Woche einen Gullydeckel an der Varnhöveler Straße ab. Doch diese gefährliche Stelle steht nicht auf einer Gefahrenkarte.

© Jörg Heckenkamp

Starkregen in Werne – Kennt die Stadt ihre Gefahrenzonen?

rnUnwetter

Wie gefährdet ist mein Haus bei Starkregen? Darüber soll spezielles Kartenmaterial Auskunft geben. Problem: Solche Gefahrenkarten gibt es für Werne gar nicht. Das sagt die Stadt dazu.

Werne

, 20.07.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Bilder aus den Unwetter-Krisengebieten schockieren noch immer. Menschen sind gestorben, Häuser zerstört. Viele haben ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Werne kam im Vergleich dazu noch einmal glimpflich davon, wie unter anderem Feuerwehrchef Thomas Temmann in der vergangenen Woche im Gespräch mit unserer Redaktion erklärte. Auch bei der Stadt sieht man das so. Doch wie gut kann die Verwaltung Gefahrenzonen im Stadtgebiet eigentlich einschätzen? Und stützt man sich hierbei auf fundierte Analysen oder verlässt man sich doch eher aufs Gefühl?

Keine Daten zum Starkregen in Werne

Fakt ist: Während es für Städte wie Dortmund oder Unna sogenannte Starkregengefahrenkarten gibt, auf denen von Hochwasser gefährdete Zonen quasi metergenau auf einem Stadtplan eingezeichnet sind, existieren Daten in dieser Form für Werne nicht. Das bestätigt Adrian Kersting, Leiter der Abteilung Straßen und Verkehr, am Montag (19. Juli) auf Anfrage unserer Redaktion. Ein Grund dafür seien die personellen Kapazitäten. Man müsste die Erstellung also fremdvergeben. Und das würde ziemlich teuer.

Die positive Nachricht: Die Stadt Werne rechnet sich gute Chancen aus, dass die Erstellung einer solchen Karte im kommenden Jahr finanziell gefördert wird. Auch dank des Horneprojekts. In diesem Zusammenhang sei der Hochwasserschutz natürlich bereits in den Gesprächen mit dem Lippeverband thematisiert worden, so Kersting. Der Lippeverband habe zudem vor Kurzem damit begonnen, entsprechendes Kartenmaterial zu erstellen und es auf einem Internetportal zu veröffentlichen. Bislang ist dort aber lediglich die Karte für die Stadt Unna zu finden.

Bis es eine Karte für Werne gibt, wird man sich auf Erfahrungswerte verlassen müssen. Besonders gefährliche Gebiete seien ihm nicht bekannt - die Bilder von der überfluteten Kreuzung an der Münsterstraße/ Penningrode/ Hansaring kamen jedoch auch für Kersting kaum überraschend. Denn: „Der Bereich liegt ein bisschen tiefer und dann gibt es da ja auch noch die Horne.“

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Die überfluteten Keller mancher Bürger sind der Verwaltung ebenfalls nicht entgangen. Kersting betont aber, dass dies keineswegs an einem mangelhaften städtischen Kanalisationssystem gelegen habe. „Der Kanal ist grundsätzlich in Ordnung und nach den Regeln der Technik ausgelegt. Aber diese Regeln beinhalten nicht solche Extremwetterereignisse. Danach kann man keinen Kanal bemessen. Das würde viel zu teuer werden für die Bürger.“

Kritik an Klauseln in der Werner Ortssatzung

Denn Letztere zahlen bekanntlich die Abwassergebühren. Dass Hauseigentümer sich dennoch selbst gegen Starkregenereignisse schützen müssen, geht aus der Ortssatzung hervor. Und das sorgte durchaus schon für Kritik. Die Stadt mache es sich mit dieser Klausel einfach, hieß es. „Aber solche Klauseln gibt es deutschlandweit. Das machen nicht nur wir in Werne so“, betont Kersting.

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Möglichkeiten, sich vor überfluteten Kellern zu schützen, gebe es aber auch für Privatleute. Etwa in Form einer Rückstausicherung oder Rigolen und Zisternen, mit denen man verhindert, dass Regenwasser vom eigenen Grundstück in den Kanal gelangt. Klar sei aber auch: Bei sogenannten Mischsystemen, bei denen das Regenwasser zusammen mit dem Schmutzwasser aus dem Haus in den Kanal läuft, sind die Erfolgsaussichten im Falle eines Starkregens wie in der vergangenen Woche eher gering.

Darum setze man in neu zu erschließenden Wohn- und Gewerbegebieten inzwischen auch stets auf Trennsysteme. Hierbei wird das Regenwasser auf andere Weise abgeleitet und fließt nicht in die Kanalisation. Wer neu baut hat also bessere Chancen, auf dem Trockenen zu bleiben. Wenn er denn überhaupt einen freien Platz findet.

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