Die letzte Sitzung des Stadtrates in Werne 2024 startete Bürgermeister Lothar Christ am Mittwochabend, 4. Dezember, mit einer Ehrung. Einen Tag vor dem offiziellen „Tag des Ehrenamtes“ bedachte er drei Politiker mit Urkunden für „ihr jahrzehntelanges, ehrenamtliches Engagement in Werne“. 20 Jahre gehören Peter Roemer (SPD) und Dr. Eberhard Stroben (Grüne) dem Stadtrat an, 30 Jahre Jörg Weber (CDU). Nach diesem freundlichen Auftakt wurde es ungemütlich: Grundsteuer-Debatte.
Wie alle anderen Kommunen auch, muss Werne die Grundsteuer auf neue Füße stellen. Bereits in den Vorberatungen fiel der schöne Satz: „Gerechtigkeit ist kein erreichbares Ziel“ dieser Reform. Obwohl die Debatte kontrovers verlief, fiel die abschließende Abstimmung deutlich aus. Bei einer Wahl „zwischen Pest und Cholera“, so Dr. Thomas Gremme (UWW) votierte der Rat einstimmig für die offenkundig am wenigsten schädliche Variante der Grundsteuer-Umstellung.

Stadt vermeidet Millionen-Loch
Diese Variante hat den Vorteil, dass sie kein Millionenloch ins Stadtsäckel reißt und vergleichsweise rechtssicher scheint. Allerdings bedeutet sie eine Erhöhung der Grundsteuer B (also für alle Grundstücke in Werne außer land- und forstwirtschaftliche Betriebe; das ist die Grundsteuer A, die um 41 % auf 441 Prozentpunkte steigt) um rund ein Drittel: Sie klettert um 219 Prozentpunkte von 665 auf 884 %.
Kurios an dieser Erhöhung: Sie trifft nicht alle. Rund ein Viertel der von der Grundsteuer B betroffenen Eigentümer von Wohngrundstücken kann sogar mit einer Entlastung rechnen. Warum das so ist, können selbst die Experten aus der Stadtkämmerei nicht so einfach erklären. „Bei dieser Reform gibt es viele unterschiedliche Parameter, die dazu führen können, dass jemand trotz des Anstieges der Steuer B letztlich weniger zahlen muss“, sagt Stefan Krüger auf Anfrage der Redaktion.
Be- und Entlastungen
Eine generelle Erklärung dafür gebe es nicht. Die Kämmerei hat ausgerechnet, dass sich die meisten Entlastungen im Bereich bis 200 Euro im Jahr abspielen. „Doch immerhin 3 Prozent der betroffenen Bürger dürfen 1000 Euro oder noch weniger zahlen.“ Allerdings sieht auf der anderen Seite das Bild ähnlich aus. Fast zwei Drittel der Mehrzahlungen spielen sich im Bereich bis 200 Euro pro Jahr ab. Aber auch hier gibt es rund 2 Prozent Werner, die für ihr Wohngrundstück mehr als 1000 Euro zusätzlich Grundsteuer B berappen müssen. Die Änderungen treffen auch Mieter, da die Vermieter in der Regel die Grundsteuer auf die Nebenkosten aufschlagen.
Da die Fälle völlig unterschiedlich ausfallen, „gibt es keinen typischen Musterfall“, sagt Kämmerei-Abteilungsleiter Stephan Elsner auf Anfrage. Aber es gibt diverse Berechnungen:
- 1992 gebaute Doppelhaushälfte mit 500 qm Grundstück. Bisheriger Grundsteuer-Betrag 533,93 pro Jahr. Künftig: 606,42, ein Plus von 72,94 Euro.
- Frei stehendes Einfamilienhaus, Baujahr 1960, 600 qm Grund: Bisher 342,14, künftig 530,31 Euro.
- Gewerbebetrieb, Grund zwischen 10.000 und 15.000 qm: Bisher 6984,23, künftig 9191,74 Euro, satte 2207,51 Euro mehr.
- Gewerbebetrieb, ca. 2000 qm: Bisher 985,26, künftig 737,87, also eine Entlastung um 247,39 Euro.
In der ausführlichen Debatte bekundeten die Ratsmitglieder unisono ihre Unzufriedenheit mit der Steuerreform, „bei der Bund und Land uns das schwierige Thema zugespielt haben“, so Benedikt Striepens von den Bündnisgrünen. Sein Kollege Lars Hübchen (SPD) ergänzt: „Wir sitzen hier mit der Faust in der Tasche und müssen etwas beschließen, das wir nicht verantworten. Aber wir haben keine echte Wahl.“
Denn die beiden anderen Varianten hätten einmal den Nachteil des Millionenloches in der Stadtkasse gehabt. Oder aber eine juristische Unsicherheit beinhaltet, der sich die Stadt Werne nicht stellen will.
Diskussion um Grundsteuerreform in Werne: „Gerechtigkeit ist kein erreichbares Ziel“
Nach Landesempfehlung für Werne: So ist der Stand der Dinge in Sachen Grundsteuer-Erhöhung