Blick in die Stadtgeschichte Diese Jubiläen stehen in Werne 2023 an

Von Heidelore Fertig-Möller
Blick in die Stadtgeschichte: Diese Jubiläen stehen in Werne 2023 an
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Auch in diesem Jahr sind vier wichtige Jubiläen für Werne anzuführen, die vielleicht vielen Werner Bürgern nicht so im Bewusstsein sind. So zum Beispiel 1848, vor 175 Jahren, als in ganz Deutschland Menschen auf die Straße gingen, um für ihre bürgerlichen Rechte zu demonstrieren und es auch in Werne zu Massenaufläufen auf dem Marktplatz kam. Nicht nur in den bedeutenden Städten, wie Berlin und Wien, gab es große Demonstrationen, die oft mit blutiger Gewalt niedergeschlagen wurden, sondern auch in solch kleinen, ländlich strukturierten Orte wie Werne am Rande des Münsterlandes.

Etwas später 1873, vor 150 Jahren, kam es zu einer der ersten Mutungsbohrungen der Bergbaugesellschaft „Freiherr vom Stein“ nördlich der Lippe und man stieß ziemlich bald auf eine Solequelle von hoher Temperatur und starkem Salzgehalt – der Ursprung für unser noch heute existierendes Natur-Solebad, auch wenn die Sole hierfür inzwischen nicht mehr aus dem Untergrund von Werne stammt.

Nicht vergessen sollte man auch, vor allem die heutigen Ratsvertreter, dass genau vor 50 Jahren, im Oktober 1973, mit einer Festwoche das restaurierte das fast 500 Jahre alte Rathaus, wieder seiner ursprünglichen Bestimmung als Sitz des Rates der Stadt Werne übergeben wurde – gleichzeitig weihte man das am Rand der Altstadt gelegene neue Stadthaus ein, das bis heute den größten Teil der Verwaltung von Werne beherbergt.

450 Menschen demonstrieren für Bürgerrechte

Das wichtigste Jubiläum in 2023 ist sicherlich die Stadtprozession, die genau vor 400 Jahren, 1623, das erste Mal in Werne zelebriert wurde, mit dem Bürgermeister und allen Ratsherren an der Spitze. Das Stadtspiel, das vom Verkehrsverein und dem „Theater für Alle“ am 24. und 25. Juni 2023 initiiert wird, soll eindrucksvoll dieses Jubiläum allen Wernern in Erinnerung rufen.

Das Jubiläum 1848 ist sicherlich nicht so bekannt, obwohl sich darüber zahlreiche Dokumente im Werner Stadtarchiv befinden. Im Jahre 1848 - und zwar vom 20. bis 23. März - demonstrierten, wie man es in den städtischen Akten nachlesen kann, auf dem Marktplatz 450 Personen für Demokratie und bürgerliche Freiheiten, so zum Beispiel für die Verminderung der Pacht, für das allgemeine Wahlrecht, Verpachtung des städtischen „Dingplatzes“, aber auch für die Verlegung des Wohnsitzes des hiesigen Gendarmen, die Kürzung des Lehrergehaltes und der Privatisierung der Rektoratsschule.

Ein Foto von Dr. Hövener und Dokumente über die Solequelle
Dr. Franz Hövener beschreibt in seiner Schrift das Werner Thermalbad. © Repro Stadtmuseum / Felgenträger

Einen Tag später boten daraufhin der städtische Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung ihren Rücktritt an. Am 25. und 26. März bildete sich dann eine sogenannte Bürger-Garde von etwa 400 Mann zur „Sicherung der Personen und des Eigenthums in der Stadt“ und zur Verhinderung der geforderten Veränderungen. Am 30. März nahm daraufhin der Magistrat sein Rücktrittsangebot vom 24. März wieder zurück. Im April 1848 wurden die ersten sogenannten Tumultanten verhaftet und eingesperrt und teilweise erst drei bis vier Jahre später aus der Haft entlassen – dies ist alles im Stadtarchiv nachzulesen.

Über das zweite Jubiläum, die Entdeckung der heißen Solequelle 1873, ist schon des Öfteren berichtet worden. Dr. Franz Hövener, schon seit 20 Jahren niedergelassener Arzt in Werne, schickte sogleich eine Probe der Solequelle zur Untersuchung ein und bekam ein so gutes Ergebnis, dass bald darauf ein provisorisches „Bade-Etablissement“ eröffnet wurde. Vier Jahre später wurde die Anlage vergrößert und das Thermalbad Werne von einer Aktiengesellschaft gegründet.

Restaurierung des historischen Rathauses

1897 konnte die Stadt die erforderiche Summe von 230.000 Reichsmark zum Ankauf dieses Bades nicht aufbringen und so erwarb der Georgmarien-Bergwerks- und Hüttenverein aus Osnabrück das Bad. Da dieser vorhatte, in Werne ein Kohlebergwerk zu errichten, wurde angenommen, dass bei der Abteufung von Schacht I und II der Zeche Werne die Sole unterirdisch abfloss und damit das „Kurbad Werne“, wie es in den 1890er Jahren genannt wurde, geschlossen werden musste, was 1905 auch geschah.

Das jüngste Jubiläum „50 Jahre restauriertes Rathaus und Neubau des Stadthauses“ hat eine längere Vorgeschichte, denn das alte Rathaus erfüllte schon lange nicht mehr seine ursprüngliche Bestimmung, nämlich Sitz des Rates der Stadt Werne zu sein. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als Werne endgültig preußisch war, wurde das Amt Werne aufgelöst und dem neu gebildeten Kreis Lüdinghausen zugeteilt - man bezog als Land- und Stadtgericht Räume im Werner Rathaus, ab 1838 wurde es dann offiziell zum Sitz des Land- und Stadtgerichtes erklärt, 1879 in ein sogenanntes Amtsgericht umgewandelt – zugleich war es Gerichtsgefängnis mit zwei bis drei Zellen für Gefangene.

Das Alte Rathaus von der Seite aus betrachtet.
Das Alte Rathaus hatte schon viele Funktionen. Unter anderem diente es als Unterkunft für Flüchtlinge aber auch für die Hitlerjugend. © Jörg Heckenkamp

1932 stand es zunächst leer, danach wurde der „Bund deutscher Mädchen“ und die „Hitlerjugend“ dort einquartiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg brachte man zunächst Flüchtlinge und Vertriebene in den Räumlichkeiten unter, danach stand es nur noch als Obdachlosenasyl zur Verfügung. Es befand sich in einem solch schlechten Zustand, dass im Stadtrat 1968 der Vorschlag kam, es abzureißen und dort ein Parkhochhaus zu errichten.

Zum Glück wurde dieser von der Mehrheitsfraktion abgelehnt und stattdessen beschlossen, das historische Rathaus, das einzige im Münsterland, das im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört worden war, zu restaurieren und für die Verwaltung ein eigenes Gebäude am Stadtrand zu errichten. Im Oktober 1973 konnte dies dann mit einer Festwoche und der Herausgabe einer umfangreichen Festschrift gefeiert werden. Vor Kurzem wurde das Werner Rathaus vom Westfälischen Heimatbund für seine neue Reihe „Westfälische Lieblingsdenkmäler“ für das Podcast-Projekt „Das sprechende Denkmal“ ausgewählt und soll demnächst vorgestellt werden.

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