In Sachen Familien- und Erbrecht informiert unser Familienrechts-Experte Leander Müller in dieser Kolumne über häufige Rechtsfälle in Familien.

In Sachen Familien- und Erbrecht informiert unser Familienrechts-Experte Leander Müller in dieser Kolumne über häufige Rechtsfälle in Familien. © Optik Klose

Schenkungen an die Familie: Geschwistern steht nur geringer Freibetrag zu

rnFamilienrecht im Kreis Unna

Immobilien zu verschenken kann lange Zeit dauern. Deshalb lohnt es sich, sich weit vor dem eigenen Tod um Schenkungen zu kümmern, erklärt unser Familienrechts-Experte Leander Müller.

von Leander Müller

Kreis Unna

, 27.09.2022, 18:25 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Weitergabe von Vermögen in Deutschland unterliegt gerade in Anbetracht der enorm gestiegenen Preise auf dem deutschen Immobilienmarkt immer wieder Diskussionen. Wenn es für viele Familien, die auf keine Erbschaft zurückgreifen können, nicht mehr möglich erscheint, eine eigene Immobilie zu erwerben und zu finanzieren, drehen sich Gerechtigkeits- und Verteilungsdebatten immer wieder um sie: Die Erbschaftssteuer.

Die einen sagen, sie stärke in ihrer jetzigen Form ungerechterweise das Auseinanderdriften von Arm und Reich in Deutschland, die anderen sagen, es sei ungerecht, dass bereits vom Erblasser versteuertes Einkommen bei Übertragung als Vermögenswert nochmals versteuert wird. Doch wie sehen die Regelungen denn überhaupt aus und wer wird von ihnen privilegiert?

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Für das Verständnis des Systems ist es angebracht, auch zugleich über die Schenkungssteuer zu sprechen, denn die Schenkungssteuer und die Erbschaftssteuer unterliegen einem Gleichlauf. Es wird ab dem maßgebenden Ereignis, also entweder dem Anfall der Erbschaft oder der Schenkung, ein zurückliegender 10-Jahres-Zeitraum betrachtet, um festzustellen, ob Freibeträge nach dem Verstorbenen beziehungsweise dem Schenker bereits ausgeschöpft sind oder nicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Übertragung des Vermögens im Wege der gesetzlichen Erbfolge, aufgrund eines Testamentes oder durch lebzeitige Schenkung übertragen wurde.

Die Freibeträge bei der Schenkung hängen vom Verwandtschaftsgrad ab

Ein Unterschied ergibt sich jedoch dann, wenn eine Schenkung über 10 Jahre vor dem Todesfall vollzogen wurde. Da die erbschafts- und schenkungssteuerlichen Freibeträge alle zehn Jahre erneut ausgeschöpft werden können, kann der weiter zurückliegende Vermögensanfall für die Ermittlung der Steuer im Todesfalle unberücksichtigt bleiben.

Die Frage, ob einem überhaupt Freibeträge zustehen, die zur Ermittlung der Steuer von dem Wert des übertragenen Vermögens abgezogen werden, dreht sich maßgeblich um das Verwandtschaftsverhältnis zwischen demjenigen, der das Vermögen abgibt und demjenigen, der das Vermögen erhält. An dieser Stelle begegnen dem Bürger wieder die grundlegenden Wertungen der Väter des Bürgerlichen Gesetzbuches: Die nahen Verwandten in gerader Linie, also zunächst die eigenen Kinder, und die Ehegatten, werden bevorzugt behandelt.

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Dieser Personenkreis kommt auch nach der gesetzlichen Erbfolge – wenn kein Testament errichtet wurde - als erstes zum Zuge und als Erben in Betracht. In der Erbschaftssteuerberechnung erhält ein Ehegatte nach dem Tode seines oder ihres Ehepartners einen Grundfreibetrag von 500.000 Euro. Dieser wird noch um weitere Summen, wie etwa einen Versorgungsfreibetrag und einen gedachten Zugewinnausgleich, erhöht. Der Sinn dabei ist, dass es regelmäßig im Sinne des erstversterbenden Ehegatten liegen dürfte, dass der überlebende Ehegatte bis zu seinem (eigenen) Lebensende gut versorgt ist. Dieses Interesse wird gesetzgeberisch anerkannt und findet sich als immer wiederkehrendes Motiv auch in der erbrechtlichen Rechtsprechungen zu anderen Fragen wieder.

Den Kindern eines Verstorbenen steht ein Freibetrag in Höhe von derzeit 400.000 Euro zu. Dieser gilt pro Kind und alle zehn Jahre erneut. Den Enkeln steht immerhin noch ein Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro zu. Auch hier gilt wiederum, dass die Weitergabe innerhalb der eigenen Familie insoweit besondere Berücksichtigung erfährt. Allerdings gilt dies nur für die Weitergabe in der absteigenden Linie.

Geschwister sind bei der Schenkung Nicht-Verwandten gleichgestellt

Geschwistern des Verstorbenen steht nur ein Freibetrag von 20.000 Euro zu. Dies ist dieselbe Summe, die auch einem guten Freund des Erblassers als Freibeträge zustehen würde, mit welchem gar keine Verwandtschaft besteht. Zur Enttäuschung sich sehr nahe stehender Geschwister, hält der Gesetzgeber diese Verbindung nicht in demselben Maße für schützenswert und beteiligt die Allgemeinheit in größerem Umfang am zu vererbenden Vermögen.

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Darüber hinaus gibt es auch noch besondere Bevorzugungen, wenn sich im Nachlass Unternehmen befinden. Um die Zerschlagung von Unternehmen durch die Begleichung der Erbschaftssteuer zu vermeiden, gibt es sehr komplexe Verschonungsvorschriften für diese Situation. Auch das selbstbewohnte Familienheim genießt bis zu einer bestimmten Größe Steuerfreiheit.

Hat man einmal die zu versteuernde Summe unter Abzug sämtlicher Freibeträge korrekt ermittelt, lässt sich die Frage nach dem anzuwendenden Steuersatz nur unter Berücksichtigung des verwandtschaftlichen Verhältnisses zwischen Erblasser und Erbe, sowie der Höhe des Vermögensanfalles bestimmen. Ab bestimmten Wertgrenzen steigen nämlich die Steuersätze an. Die Steuersätze reichen von sieben Prozent bei einem relativ geringen Vermögen im Nachlass bis zu 50 Prozent bei besonders hohen Vermögensbereichen über 26 Millionen Euro und verwandschaftlicher Ferne vom Erblasser.

Man sieht also, dass eine gute erbrechtliche Beratung längst vor Erreichen des hohen Alters und der Errichtung eines „Last Minute“-Testamentes beginnen sollte, wenn man sich sämtliche steuerliche Optimierungsmöglichkeiten offen halten möchte.

Der Familienrechts-Experte

Schenkungen an die Familie: Geschwistern steht nur geringer Freibetrag zu
Leander Müller (34, LL.M.) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht und Familienrecht. Er ist in der Rechtsanwalts- und Notarsozietät SCHLÜTER GRAF in Dortmund (www.schlueter-graf.de) tätig. Seine Haupttätigkeitsgebiete sind das Erbrecht und das Familienrecht. Hierzu gehören vorsorgende Beratungen und die Vertretung in Rechtsstreitigkeiten rund um beispielsweise den Pflichtteil, Vermächtnisse, Testamente, die Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften, Scheidungen, Vermögensauseinandersetzungen oder Unterhaltsansprüche.
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