Es ist Spätsommer, der Kinofilm zu Ende, ein Spaziergang an der frischen Luft führt letztlich auf den Werner Marktplatz, wo man sich gemeinsam hinsetzt und sich noch gemütlich bei einem Glas Wein unterhält, die Seele baumeln lässt und den Tag zusammen ausklingen lässt. Aber dann: Was war das? Hast du das auch gesehen? Da hat sich etwas unter dem Tisch bewegt. Jetzt ist es wieder weg. Schau mal, da sitzt es.
Man kann erahnen, was es war. Die pelzigen Nagetiere mit dem nackten langen Schwanz: Ratten. Und davon nicht zu wenige, an einem Mittwochabend in der Werner Innenstadt. Die Tiere sind nicht einmal mehr scheu. Jeder Versuch, sie zu vertreiben, bleibt erfolgslos. Die Folge: die Flucht vom Marktplatz.
Tobias Rawers ist Mitarbeiter im „Stilvoll im Rathaus“ am Marktplatz in Werne und weiß genau, was unsere Reporterin erlebt hat. Er war sogar dabei. Für ihn war das kein seltenes Bild, als unter den Stühlen und Tischen einige Ratten munter umherliefen.
Auf Anfrage der Redaktion im Nachgang sagt er dazu: „Wir finden das natürlich extrem ekelig für unsere Gäste.“ Zum Glück passiere so etwas nicht jeden Tag sondern eher einmal im Monat. Aber: „Die kommen halt aus der Horne und aus den ganzen kleinen Gassen hier und verschwinden dann auch in der Kanalisation. Wir können da leider nicht viel gegen machen“, so der Stilvoll-Mitarbeiter.
Man habe sogar Fallen aufgestellt, aber da gehen die Tiere laut Rawers nicht dran. Man werde der Lage auch nicht Herr, da müsse schon die Stadt tätig werden. „Ich bin mir sicher, dass unser Chef auch schon mit der Stadt im Austausch war“, sagt Tobias Rawers. Aber das sei in Wernes Innenstadt ja eher ein generelles Problem und nicht etwa ein Problem, das nur das Stilvoll betrifft.
Stadt: Problem nicht bekannt
Der Stadt Werne ist ein Rattenproblem jedenfalls nicht bekannt. Werner Kneip, Leiter des Ordnungsamtes in Werne, antwortet auf Anfrage der Redaktion: „Ein Rattenproblem in der Innenstadt ist bisher noch nicht gemeldet worden. Vor Kurzem wurde die Sichtung einer Ratte auf dem Kirchhof mitgeteilt.“ Andere Beschwerden aus der Innenstadt sind Werner Kneip aber nicht bekannt.
Der Kommunalbetrieb, Abteilung Stadtentwässerung und das Gebäudemanagement werden laut Kneip ein Schädlingsbekämpfungsunternehmen damit beauftragen, die Abwasserkanäle in der Innenstadt und die städtischen Flächen zu kontrollieren und bei Hinweisen auf Rattenbefall die erforderlichen Bekämpfungsmaßnahmen durchzuführen. „Das schließt auch eine Erfolgskontrolle ein“, ergänzt Werner Kneip.

Das Schädlingsbekämpfungs-Unternehmen Angelkort ist neben Herbern auch in Werne im Einsatz. Monika Angelkort hat der Redaktion gegenüber eine Einschätzung zum Rattenbefall in der Werner Innenstadt abgegeben: „Wir sind heute (10. Oktober) in der Werner Innenstadt beauftragt worden, wir müssen uns also erst mal ein Bild von der Situation machen“, sagt sie. Wer der Kunde ist, bleibt allerdings ein Geheimnis.
Fakt sei aber, dass es im Herbst immer vermehrt Ratten gibt, da die Tiere von den Feldern in die Städte und vor allem in die Kanalisation flüchten. „Die Landwirte machen gerade Mais, die Tiere sind Tunneltiere und flüchten gerne in die Kanalisation“, so Monika Angelkort. Das sei nicht auffällig. „Ein Rattenproblem ist uns in der Werner Innenstadt bisher aber nicht bekannt“, bestätigt sie die Aussage von Werner Kneip. Gerade am Marktplatz sei es aber nicht verwunderlich wenn sich dort Ratten-Rudel ansiedeln, dort sind Marktstände, Essenreste und Mülltonnen. Von einer Plage könne man aber keinesfalls sprechen.
Wanderratte oder Hausratte?
Generell gilt für die Rattenbekämpfung: „Für Rattenbekämpfung ist grundsätzlich der/die Grundstückseigentümer/in zuständig. Wenn es sich um städtische Flächen oder den Abwasserkanal handelt, ist die Stadt Werne zuständig. Für private Grundstücke der/die jeweilige Grundstückseigentümer/in“, so Werner Kneip auf Anfrage.
Natürlich könne jeder selbst dafür sorgen, ein Rattenproblem zu bekämpfen. Auch vorbeugende Maßnahmen sind wichtig. Dazu gibt es sogar ein Merkblatt mit Tipps vom Leiter des Ordnungsamtes.
Man unterscheidet in Deutschland zwei Rattenarten: die Wanderratte und die Hausratte. „Ist der Schwanz länger als der Körper, handelt es sich um eine Hausratte; ist er kürzer als der Körper, um eine Wanderratte. Wanderratten sind in erster Linie Erdbodenbewohner und haben sich unterirdische Lebensräume wie zum Beispiel Keller oder Abwasserkanäle erschlossen. Deshalb werden Wanderratten auch ‚Kanalratten‘ genannt“, heißt es im Merkblatt.
Tipps zur Prävention
Hausratten hingegen sind heute so selten geworden, dass sie bereits auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten stehen, laut Merkblatt. Aber was kann man denn nun aktiv tun, um Ratten vor der Haustüre zu vermeiden? Auch hier klärt das Merkblatt auf:
- Lebensmittel- und Speisereste gehören weder ins Spülbecken noch in die Toilette.
- Falsch befüllte Komposter sind ein gedeckter Tisch für Ratten. Verwenden Sie daher ausschließlich geschlossene Komposter und werfen Sie nur das darauf, was darauf gehört.
- Was Hunden, Katzen, Hühnern und Schweinen schmeckt, mögen auch Ratten. Bewahren Sie größere Futtermengen nur in fest verschließbaren Behältern auf.
- Auch Vogelfutter schmeckt Ratten vorzüglich. Achten Sie gegebenenfalls bei der Winterfütterung darauf. Giftköder können zwar helfen, Ratten zu bekämpfen, wenn aber Abwasserkanal, Kompost oder Müll einen reich gedeckten Tisch bieten, gibt es für die Ratten keinen Grund, die ausgelegten Giftköder zu fressen.
Für die Bekämpfung von Ratten auf Privatgrundstücken sind die Eigentümer /Hausverwaltungen verantwortlich und tragen auch die Kosten. Die Empfehlung der Stadt dazu: Beauftragen Sie einen Experten mit der Rattenbekämpfung.
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