Pferdehof-Mord in Werne vor 15 Jahren War es Tierliebe oder Mord aus Habgier?

Pferdehof-Mord vor 15 Jahren: War es Tierliebe oder Mord aus Habgier?
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War es Tierliebe oder Habgier, um an den Pferdehof in Werne zu kommen? Warum eine damals 26-jährige Ex-Jura-Studentin die 65-jährige Elsbeth B. getötet und auf einem Nachbarhof im Heu versteckt hatte, versuchte das Landgericht Dortmund in einem fast zweijährigen Prozess aufzuklären.

Es war Sim-Jü im Oktober 2010, als das grausame Verbrechen die Lippestadt erschütterte. Auf einem Pferdehof in Horst reihten sich die Polizeiwagen aneinander. Ein Nachbar hatte die 65-jährige, alleinlebende Besitzerin als vermisst gemeldet. Tagelange hatte die Polizei mit Hundertschaft, Hubschrauber und Suchhunden die Felder und Wälder rund um den Hof abgesucht.

Die Polizei sichert am 29. Oktober 2010 Spuren auf dem Hof der ermordeten Elsbeth B.
Die Polizei sichert am 29. Oktober 2010 Spuren auf dem Hof der ermordeten Elsbeth B. © Jörg Heckenkamp (A)

25-Jährige bald unter Verdacht

Dann wurde die Leiche gefunden. 800 Meter von ihrem Zuhause entfernt - auf einem anderen Hof in einer Pferdebox. Versteckt unter Heu und Mist. Nicht nur deshalb war klar, dass sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen war: Ihr Körper wies 22 Stichwunden auf.

Schon bei der Vermisstensuche stieß die Polizei auf eine 26-jährige Frau, die ihre Pferde auf dem Hof stehen hatte. Sie verstrickte sich bei ihren Aussagen in Widersprüche. Schließlich gestand sie, Elsbeth B. ermordet zu haben. Es sei zum Streit gekommen, weil die Hofbesitzerin die Tiere nicht ordentlich versorgt habe, gab die Frau an. Pferde wie Kühe hätten im eigenen Mist gestanden. Aus Tierliebe hätte sie handeln müssen, so die junge Frau.

Suche nach dem Motiv

Wie die spätere Rekonstruktion der Ereignisse aber zeigte, hatte sie sich vor dem Fund der Leiche als neue Besitzerin des Hofes ausgegeben. Die Alt-Bäuerin würde in eine seniorengerechte Wohnung ziehen, so ihre Erklärung. War es daher tatsächlich Tierliebe, die sie zu der Tat verleitete, oder war es Habgier, um an den Hof des Opfers zu kommen? Auf diese Frage musste das Schwurgericht am Dortmunder Landgericht eine Antwort finden. Dass die ehemalige Jura-Studentin die Täterin war, stand außer Frage. In zwei Briefen hatte sie sich zu der Tat bekannt. Doch war die junge Frau auch schuldfähig? Auch diese Frage musste im Prozess beantwortet werden.

Nach dem gewaltsamen Tod der Besitzerin blieb der Hof in Werne-Horst unbewohnt und wurde nach einigen Jahren abgerissen. Anschließend entstand dort eine Hühnerfarm.
Nach dem gewaltsamen Tod der Besitzerin blieb der Hof in Werne-Horst unbewohnt und wurde nach einigen Jahren abgerissen. Anschließend entstand dort eine Hühnerfarm. © Jörg Heckenkamp (A)

Der Prozess zog sich über Monate. Zwei Jahre nach der Tat erlitt die Angeklagte einen Nervenzusammenbruch und musste in eine Klinik eingewiesen werden. Lange stand in den Sternen, ob sie verhandlungsfähig war oder nicht. Nach über 50 Verhandlungstagen forderte die Staatsanwaltschaft im Februar 2013 schließlich lebenslängliche Haft wegen Mordes.

Sie sah es als erwiesen an, dass die junge Angeklagte ihre ältere Bekannte aus Habgier erstochen hatte. Tatmotiv sollten die finanziellen Probleme der Angeklagten gewesen sein. Sie hatte ihr Studium abgebrochen, persönliche Probleme bekommen und Schuldenberge angehäuft. Als Postzustellerin konnte sie sich schließlich den monatlichen Unterhalt ihrer Pferde, 680 Euro plus Futter und Tierarzt, nicht mehr leisten.

Motiv nie geklärt

Die Verteidigung hingegen plädierte auf Totschlag. Die Tiere hätten auf dem Hof unter „desolaten Zuständen“ leben müssen. In ihrer „Not“ habe die junge Frau zum Messer gegriffen. Dabei setzte man auf verminderte Schuldfähigkeit. Das Dortmunder Schwurgericht urteilte schließlich elf Jahre und acht Monate Haft wegen Totschlags.

Warum die 65-Jährige aber sterben musste, das konnte das Gericht trotz akribischer Beweisaufnahme und Befragung vieler Zeugen und Sachverständiger nicht aufklären. Obwohl Staatsanwaltschaft und Verteidigung in Revision gingen, hatte das Strafmaß Bestand. Für eine vorzeitige Haftentlassung wurde im Jahr 2018 kein dafür erforderliches psychiatrisches Gutachten eingereicht. Damit hat die Täterin heute, 15 Jahre nach der Tat, ihre Strafe längst abgebüßt.

Dieser Text erschien, mit wenigen aktuellen Ergänzungen, vor zehn Jahren.

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