Das Dachdecker-Handwerk ist seit Jahren vom Fachkräftemangel betroffen. Die Soka-Dach, die Sozialkassen des Dachdeckerhandwerks, haben in einer eigenen Broschüre den Ursachen nachgespürt. Demnach sind das einige Gründe: „Witterungs- oder konjunkturell bedingte Beschäftigungsinstabilität, die starke Abwanderung und ein vergleichsweise hoher Krankenstand, der mit der zunehmenden Alterung der Arbeitnehmerschaft zusammenhängt“. Wir haben in Werne bei örtlichen Betrieben nachgefragt, wie es mit der Nachwuchssituation aussieht. Und haben zum Teil völlig gegensätzliche Einschätzungen gehört.

Dachdecker Goldmann zufrieden
„Wir haben alle Stellen gut besetzt“, sagt etwa Günther Goldmann vom gleichnamigen Handwerksbetrieb auf Anfrage der Redaktion. „Mit der Azubi-Situation bei uns bin ich persönlich sehr zufrieden.“ Je einen Auszubildenden beschäftige er in jedem der drei Lehrjahre. Was einen Erfolg der Nachwuchs-Einstellung ausmacht, scheint das vorherige Kennenlernen zu sein. „Fast alle unsere Azubis haben vorher bei uns ein Praktikum gemacht oder in einem Ferienjob gearbeitet. Man kennt sich und sie wissen, was auf sie zukommt.“ Daher gebe es auch höchst selten Abbrecher, sagt Goldmann. Allerdings räumt er ein: „Früher gab es Zeiten, da kamen deutlich mehr Bewerbungen.“
Großes Problem bei Buse
Komplett anders sieht die Lage beim Dachdecker-Betrieb Buse aus. Chef Klaus-Jürgen Buse sagt: „Ich muss zugeben, dass wir im Moment gar keinen Auszubildenden beschäftigen.“ Ob sich das in den kommenden Jahren ändert, könne er nicht genau sagen. Buse hat aus langjähriger Erfahrung festgestellt, dass Dachdecker „ein spezieller Beruf“ sei - körperlich anstrengend, oft Wind und Wetter ausgesetzt. „Die Bereitschaft dazu ist nicht sehr hoch.“
Junge Menschen würden oft einen Job am Schreibtisch bevorzugen, was er gar nicht recht verstehen kann: „Im Handwerk sind die Aufstiegs-Chancen oft höher als in manchem akademischen Beruf.“ Doch bevor es dazu kommt, müssten sich die jungen Berufseinsteiger erst einmal durchbeißen. „Machen sie oft aber nicht“, sagt Buse.
Viele Abbrecher, Unlust
Der Firmenchef hat in seinem Berufsleben nicht selten Lehrlings-Abbrecher mit den Aussagen gehört: „So habe ich mir das nicht vorgestellt“, „Das ist mir zu anstrengend“ und Ähnliches. Mittlerweile kann er bereits an manchen Bewerbungen erkennen, dass „die eigentlich gar keine Lust auf den Beruf haben oder vielleicht von Mama und Papa zu einer Bewerbung gedrängt wurden“.
Ähnlich, aber nicht ganz so dramatisch, sieht es bei Dachdecker Latussek aus. „Es ist in der Tat schwierig, Auszubildende zu bekommen und sie zu motivieren, dass sie es durchziehen“, sagt Jana Latussek. Sie hätten zwar in jedem der drei Ausbildungsjahrgänge einen Lehrling, „aber den für dieses Jahr haben wir erst im Oktober einstellen können, obwohl die Ausbildung eigentlich im August startet“.
Beim Dachdecker Voss dagegen läuft der Lehrlingsbetrieb gut. „Wir haben in den vergangenen Jahren keine großen Probleme gehabt, Auszubildende zu finden“. Die drei Plätze seien im Moment besetzt, „es läuft ganz ordentlich“, heißt es aus dem Betrieb.
Einen ordentlichen Zukunftstrend kann auch die Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe bestätigen. Die (vorläufige) Zahl von neuen Ausbildungsverträgen bei den Dachdeckern sieht nicht schlecht aus. Sprecher Thomas Behrning erklärt: „Derzeit können wir für den Kreis Unna (mit Ausnahme der Stadt Lünen, hier ist die Kreishandwerkerschaft Dortmund zuständig) 22 neue Ausbildungsverträge verzeichnen. Vor zehn Jahren lag diese Zahl bei 20.“
Behrning verweist auf eine „interessante ‚Wellenbewegung‘“: In jedem dritten Jahr werde viel neu ausgebildet, die folgenden beiden Jahre seien dann deutlich schwächer. Mögliche Erklärung dazu: „Viele Betriebe bilden immer nur einen Azubi aus und stellen dann erst nach dessen Prüfung (dreijährige Ausbildungszeit) wieder den nächsten ein. Im Durchschnitt wurden 20,7 neue Verträge pro Jahr zwischen 2015 und 2024 geschlossen.“
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