Beim Gang durch das neue Obergeschoss des Werner Stadtmuseums soll man sich auf die Suche nach der Identität der Lippestadt machen können. Was das heißen soll und was man hier zu sehen bekommt, erklären wir in unserer Museums-Serie.

Werne

, 03.02.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

In sechs Ausstellungsräumen und auf dem Flur des ersten Obergeschosses sollen die Besucher des Stadtmuseums nach der Umgestaltung die Geschichte der Lippestadt neu „erleben“ können. Das bedeutet auch, nachempfinden zu können, wie Werne zu dem wurde, was es heute ist. Es geht um nichts Geringeres als die Frage nach der Identität – um die DNA der Stadt sozusagen.

Damals und heute, inklusive der Verbindungsstränge zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Und auch wenn das neue Konzept bislang nur in Skizzenform existiert und noch keineswegs gänzlich in Stein gemeißelt ist, kann man durchaus schon jetzt einen imaginären Gang durch die neuen Räume unternehmen. Und der startet bereits im Flur.

Das zentrale Depot bildet – wenn man so will – das „Herzstück“ des Museums. Es beherbergt eine große Auswahl an Exponaten von der Steinzeit bis zur Gegenwart.

Das zentrale Depot bildet – wenn man so will – das „Herzstück“ des Museums. Es beherbergt eine große Auswahl an Exponaten von der Steinzeit bis zur Gegenwart. © Michael Falkenstein

Pickelhaube, das Abzeichen des „Armenvorstehers“ und ein paar alte Dokumente lassen schon erahnen, wo genau die Reise hier beginnt: Der Eingang des Ausstellungsbereichs widmet sich dem Übergang Wernes in preußische Herrschaft. Denn: Der Beginn des 19. Jahrhunderts ist ein markanter Punkt in der Geschichte der Lippestadt, deren Rolle zuvor durch die Verteidigung des Bistums Münster in Richtung Süden geprägt war.

1802 wird Werne offiziell Teil des Königreichs Preußens, bevor es zwischen 1806 und 1813 vorübergehend als Teil des Großherzogtums Berg kurz unter napoleonischer Herrschaft steht. Nach den Befreiungskriegen fällt die Lippestadt dann schließlich endgültig an Preußen.

Lippebrücke in Werne hat auch symbolische Bedeutung

Das große Bild an einer der Flurwände, auf dem die Lippebrücke zu sehen ist, hängt auch nicht bloß zu Deko-Zwecken dort. Das Bauwerk ist nämlich gleich in mehrfacher Hinsicht bedeutsam. Zum einen, weil es eben unter preußischer Herrschaft errichtet wurde – zum anderen, weil es gegenwärtig die wichtigste Verbindung für Berufspendler darstellt. Ein verbindendes Element also – und dennoch nehmen viele Werner Bürger die Lippe auch heute noch als Grenze wahr. Als Grenze zwischen Münsterland und Ruhrgebiet. Womit wir wieder bei der Identitätsfrage wären: Wozu gehört Werne nun eigentlich?

Das neuen Ausstellungskonzept des Museums sieht für jeden Raum bestimmte Kernthemen vor. Im Falle des Flures sind die folgenden vorgesehen:

Abgabe der eigenständigen Verwaltung Wernes an das preußische Verwaltungssystem

  • Mehr Personenkreise erhalten Bürgerrechte – zum Beispiel jüdische Bewohner der Stadt. Die Bürger werden in ihrer Selbstbestimmung jedoch stark beschnitten.
  • Preußische Reformen ändern das Leben. Dazu gehören die Schulpflicht – unter anderem wird die jüdische Schule gebaut – sowie die Gewerbefreiheit und das Verkehrswesen. Die Säkularisation verläuft keineswegs konfliktfrei.
  • Prägende Kriege: Befreiungskriege gegen Napoleon, deutsch-französischer Krieg 1870/71. Diese Kriege gehen in das kollektive Selbstbild ein, stärken nationalistische Tendenzen.
  • Die Kommunikation verändert sich: Zeitungen, farbige Flugblätter und Telegraphen verändern die Welt. Politische Debatten und Bewegungen gewinnen eine neue Dynamik.

Für Werne wird die Welt südlich der Lippe und darüber hinaus erschlossen: Anbindung an den Bahnhof Camen über die Chaussee und die Lippebrücke.

All diese Unterthemen sollen anhand verschiedener Exponate erzählt werden. Fest eingeplant sind für den Flurbereich in jedem Fall die folgenden:

  • Dokumente zur preußischen Herrschaft über das Stift Münster
  • Dokumente der napoleonischen Herrschaft und der Befreiungskriege
  • Abzeichen des preußischen „Armenvorstehers“ von Werne
  • Eine Schulbank
  • Die Fahne des Kriegergenossenvereins „Alte 13er“
  • Preußische Pickelhauben
  • Gefallenentafel für die Kriege 1813, 1866 und 1870/71
  • Gewehre aus dem Krieg 1870/71
  • Propaganda-Blätter zum Krieg 1870/71
  • Modell der Lippebrücke

Zum neuen Konzept gehört nicht nur eine moderne Technik mit Tablets, Bildschirmen und Co., die stärker auf Interaktion statt auf bloße Betrachtung setzt – die Ausstellung soll auch flexibler sein. Das heißt vor allem: Die Exponate wechseln. Es ist immer mal wieder etwas anderes zu sehen. Fußballtrainer würden wohl von Kaderrotation sprechen.

Wer lieber möglichst viele Objekte bestaunen möchte, der wird im ersten Obergeschoss allerdings ebenfalls fündig. Denn: Im Depot, das gewissermaßen das Herzstück der Etage bildet, werden künftig viele verschiedene kleinere Ausstellungsstücke aus der Sammlung des Museums von der Steinzeit bis zur Gegenwart zu sehen sein.

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„Hier wird die Wandelbarkeit und Flexibilität, die das Grundprinzip der neuen Dauerausstellung auf allen Ebenen ausmacht, für die Nutzerinnen und Nutzer direkt erlebbar“, heißt es auf der Homepage der Stadt.

Der Raum lade die Besucher ein, am Austausch der Objekte teilzuhaben. Auf kleinen Monitoren können die Besucher hier selbst Einzelobjekte auswählen, zur Ausstellung vorschlagen oder neue Objektkombinationen zusammenstellen.

Der Blick ins Museum - Bürger können mitgestalten

  • Wir stellen die geplanten neuen Räume des Stadtmuseums im Zuge einer kleinen Serie vor.
  • Bürger haben nach wie vor die Möglichkeit, an der Neugestaltung des Museums mitzuwirken – und zwar im Zuge eines Workshops auf der Homepage der Stadt Werne. Dort ist das gesamte Konzept inklusive der bislang vorgesehenen Exponate aufgeführt. Wer möchte, kann Anregungen geben und beispielsweise anmerken, welche Exponate ihm besonders wichtig sind oder auch persönliche Anekdoten zu den Ausstellungsthemen mitteilen.
  • Es gibt auch eine Druck-Version. Diese kann in der Christophorus-Kirche oder auf Anfrage im Museum abgeholt werden (Tel. 02389780773). Ebenso kann sie per Mail als PDF angefordert werden.
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