Wernes wohl größter historischer Fund Sensationelles Exponat war Grund für den Museumsanbau

Von Heidelore Fertig-Möller
Priestergewand war Hauptargument für Museumsumbau
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Im Jahr 2003 erhielt das Werner Museum am Kirchhof einen gläsernen Anbau mit neuem Eingang und eine Erweiterung durch die Ausstellung einer mittelalterlichen Kasel (Priestergewand) als Dauerleihgabe der katholischen Kirchengemeinde in den angrenzenden Wärmehäuschen. Im Jahre 1995 wurde bei den Restaurierungsarbeiten der Christophorus-Kirche anlässlich der 1200-Jahr-Feier ein Grab in der Nähe des Altars gefunden. Am Skelett waren Reste einer Kasel von den Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe entdeckt worden.

Nach aufwendigen Recherchen konnte dann das ungefähre Alter des Textilfundes ermittelt werden – er stammt wohl aus dem 14. Jahrhundert und ist aus Seide, einem Material, das zu jener Zeit in Europa ein sehr rares Gut war und nur mit Gold aufgewogen wurde.

Nach mehrjährigen Restaurierungsarbeiten – das ganze Skelett wurde in Gips eingeschlossen und dann zur Restauratorin gebracht - konnte die Kasel soweit hergestellt werden, dass man die Einzigartigkeit dieses Gewandes erkennt, das wohl über 500 Jahre in der Erde gelegen war und trotzdem einigermaßen gut erhalten ist.

Es könnte sein, dass der damalige Propst von Cappenberg Ludolf von Hövel, gleichzeitig Pfarrer in Werne und auch Mitinitiator des Neubaues der Christophorus-Kirche im gotischen Stil, hier zu Beginn des 16. Jahrhunderts begraben worden ist und dass er, bekleidet mit der wertvollen Kasel, in der Nähe des Hauptaltars in der neuen Kirche seine letzte Ruhestätte fand.

Spezielle Vitrine für speziellen Stoff

Diese Kasel war ein Hauptargument für die Erweiterung des Stadtmuseums, da man einen geeigneten Raum für dieses seltene Fundstück benötigte, um dieses kostbare, hoch empfindliche textile Kunstwerk ausstellen zu können. In einer extra angefertigten Vitrine, bezuschusst ebenfalls vom LWL, kann nun dieses Priestergewand von den Besuchern des Museums im nur schwach ausgeleuchtetem Raum, da Textilien von Licht beschädigt werden können, besichtigt werden.

Auf dem Gewand entdeckt man sehr seltene Ornamentik, die man ansonsten nur im Orient findet, so zum Beispiel Lotuspalmetten, Pinienzapfen, mehrere Löwen-, Drachen-, Greifen- und Gazellenpaare. Diese Motive gehen wahrscheinlich auf asiatische und byzantinische Vorbilder zurück oder sind teilweise ohne Vergleich.

Die Kanzel aus der Christophorus-Kirche
Die Kanzel aus der Christophorus-Kirche © Archiv Förderverein Stadtmuseum

Im neuen Eingang des Museums ist auch die ehemalige Kanzel der Christophorus-Kirche zu sehen, die aus dem 19. Jahrhundert stammt und Ende der 1960er Jahre vom damaligen Pfarrer aus dem Kirchenraum entfernt wurde. Der frühere ehrenamtliche Museumsleiter Karl Pollender rettete mit seinen Heimatfreunden die Kanzel vor der Vernichtung und brachte sie in den Keller der Stockumer Grundschule unter.

Dort entdeckte sie dann die erste hauptamtliche Leiterin des Museums und veranlasste, das bei dem neuen Anbau diese Kanzel mit den vier wunderschönen Tafelgemälden nach vollständiger Restaurierung wieder der Öffentlichkeit gezeigt werden konnte, wie es heute noch der Fall ist.

Das Museum ist übrigens auch am Sonntag (10. September) Schauplatz einer besonderen Veranstaltung: Am Tag des offenen Denkmals können die Kinder im Grundschulalter mit ihren Eltern von 14 bis 17 Uhr hier mit der Altstadtrallye beginnen. Als Preis für die richtigen Antworten bekommt jedes Kind einen Mineralienstein, gesponsert vom Förderverein.

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