Die Ersatzveranstaltung für die Sim-Jü-Kirmes 2020 in Werne wird für Veranstalter, Stadt und Gastronomen in vielerlei Hinsicht zum Spagat. Dem Kirmesspaß steht das Thema Sicherheit gegenüber.
Es sei ein Spagat, den man nun wage, sagte Wernes Bürgermeister Lothar Christ im Zuge der Vorstellung der bevorstehenden „Mini-Sim-Jü“ auf dem Hagen. Ein kalkulierbares Risiko. Zumindest halbwegs. Oder etwa doch nicht? Klar sei: Niemand könne einschätzen, wie sich die Corona-Situation bis zum Kirmesstart am 22. Oktober entwickelt.
Die vom Land NRW am Mittwoch (30. September) angepasste Corona-Schutzverordnung scheint den aktuellen Planungen immerhin keinen Strich durch die Rechnung zu machen. Das Konzept für die Mini-Kirmes hatte der Schaustellerverein Rote Erde um Patrick Arens als Veranstalter sowohl dem Kreis Unna als auch der Stadt Werne vorgelegt - und dafür positives Feedback erhalten. Es wirke ausgereift und habe sich in ähnlicher Weise bei anderen Kirmesveranstaltungen in den vergangenen Monaten bereits bewährt, meinte Christ.
Die Schausteller seien erprobt im Umgang mit diesen Konzepten. „Und wenn wir in den kommenden Jahren funktionierende Kirmessen haben wollen, dann müssen wir jetzt gemeinsam durch diese schwierige Zeit.“ Man wolle den Schaustellern helfen - schließlich gehörten die einer Branche an, die in der aktuellen Krise besonders leidet.
Fest steht: Das, was Sim-Jü in der Vergangenheit ausgezeichnet hat - nämlich eine räumliche Enge und zigtausende Besucher - wird es bei der Mini-Sim-Jü nicht geben. „Die Kunst besteht jetzt darin, dass nicht zu viele aber genügend Besucher kommen. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns“, so Wernes Bürgermeister.
Um die Sicherheit zu gewährleisten, haben die Schausteller mehrere Maßnahmen beschlossen - unter anderem die Begrenzung der Besucherzahl auf der eingezäunten Fläche am Hagen auf voraussichtlich 1200 Personen inklusive großzügiger Wartebereiche am Ein- und Ausgang.
Besucher müssen sich registrieren - sowohl am Eingang als auch nochmals im Gastronomiebereich mit Sitzplätzen, sofern sie diese nutzen. Hier sowie in den Wartezonen und auf den Fahrgeschäften herrscht zudem Maskenpflicht. Die Ausweitung auf sechs Veranstaltungstage und ein über die sozialen Medien kommuniziertes Ampelsystem sollen dafür sorgen, dass der Andrang nicht zu groß ist und die Warteschlangen nicht zu lang werden.
Stadt hat keine Sorge wegen Warteschlangen
Dass letztere zu einem Problem werden könnten, glauben weder der Schaustellerverein noch die Stadt. „Wenn Sie in den Zoo gehen, dann stehen dort bei gutem Wetter auch viele Leute in einer langen Schlange von 500 Metern. Das ist in diesem Jahr längst gang und gäbe.“ Man wisse, wie man damit umzugehen habe und für einen Besucherfluss sorgen könne.
Ordnungsdezernent Frank Gründken verwies auf die Erfahrungen, die man im Sommer bei den Warteschlangen am Solebad gesammelt habe. „Da haben wir die Schlangen zu den Starklastzeiten gut abgearbeitet. Wichtig ist, dass man die Besucher vernünftig betreut, sie begleitet und Transparenz schafft – das funktioniert mit einem Ampelsystem sehr gut.“
Bekanntlich verzichten die Veranstalter und die Stadt zur „Mini-Sim-Jü“ unter anderem auf die Zelte, das Feuerwerk und den Kram- und Viehmarkt. Auf vieles also, das bei der normalen Sim-Jü-Kirmes in der Vergangenheit dafür gesorgt hat, dass sich besonders viele Leute in der Stadt tummeln. Ein großes Zusammentreffen will man unbedingt vermeiden. Auch das Sim-Jü-Fußballspiel findet nicht statt.
Abseits des Kirmesparks will die Stadt selbst Flächen für Imbissstände zur Verfügung stellen, um Besucher und damit potenzielle Kunden in die Innenstadt zu locken - vor allem mit Blick auf den verkaufsoffenen Sonntag. Die Anzahl der Stände dürfte jedoch überschaubar sein. Von „ein oder zwei Händevoll“ sprach der Bürgermeister. Wo genau die Stände platziert werden, stehe noch nicht fest. Wahrscheinlich ist jedoch der Bereich Steinstraße und Griesetorn. Kunden, die sich dort anstellen, müssten ebenfalls eine Maske tragen.
Man wolle erreichen, dass die Gastronomiebetriebe in der Innenstadt gut gefüllt sind - aber eben auch nicht überlaufen. Auch das sei ein Spagat, bei dem man noch nicht abschätzen könne, wie es in der Realität dann tatsächlich aussieht, erklärte Christ: „Natürlich kann kein Gastwirt etwas dafür, wenn sich vor seinem Betrieb eine Menschentraube bildet. Aber wir wollen auch nicht, dass jemand dazu aufruft, eine Sim-Jü-Party zu feiern.“
Für die Einhaltung von Abstandsregeln und Co. in der Fußgängerzone ist auch zur Mini-Sim-Jü-Zeit die Stadt verantwortlich. Ordnungsdezernent Frank Gründken setzt dabei auf das „bewährte Sim-Jü-Team“. Das besteht neben den Mitarbeitern des Ordnungsamts aus Kollegen aus anderen Abteilungen der Verwaltung. „Das haben wir in dieser Besetzung in der Vergangenheit auch gestemmt bekommen“, so Gründken.
Stadt steht in engem Austausch mit Gastronomen
Der enge Austausch mit den Gastronomen, die selbst für die Einhaltung der Coronaregeln zu sorgen haben, gehöre inzwischen zum Tagesgeschäft. Vor der Mini-Sim-Jü werde man die Gastronomen dennoch einmal gezielt anschreiben, um auf die gültigen Regeln hinzuweisen. „Und wenn wir dann Verstöße feststellen, dann werden wir auch eingreifen - auch zur Mini-Sim-Jü“, betonte Gründken.
Dass ein vorbildliches Verhalten der Geschäftsleute allerdings keinen absoluten Schutz bedeute, habe der Coronafall im Strobels im Solebad gezeigt, der eine Quarantäne aller Angestellten zur Folge hatte. Manchmal sei man eben machtlos - auch wenn man, wie das Strobels, die Schutzmaßnahmen „hervorragend umgesetzt“ habe.
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.
