Der Lehrer Rainer König hat zum zweiten Mal Geld aus der Landeskasse erstritten, weil die Bezirksregierung Arnsberg ihm Steine in den Weg legte. „Der Schuss ging nach hinten los“, sagt der 65-Jährige über die Behörde.

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Lehrer, der nicht arbeiten durfte, erhält erneut Schadenersatz

rnSchlappe für Bezirksregierung Arnsberg

Ein frühpensionierter Kamener Lehrer wollte unterrichten, durfte aber nicht, obwohl Schulen in Bergkamen und Werne ihn einstellen wollen. Nun bekommt Rainer König erneut Schadenersatz.

Kamen, Bergkamen, Werne

, 03.11.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Die Geschichte von Rainer König klingt kurios: Als Lehrer des Städtischen Gymnasiums Kamen wurde er aufgrund einer Krebserkrankung frühpensioniert. Wieder zu Kräften gekommen, wollte er ab Herbst 2018 wieder in den Schuldienst zurückkehren – auch unter Berufung auf eine Initiative von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) gegen den Lehrermangel.

Während Schulleiter aus Dortmund, Bergkamen und Werne ihm Stellen anboten, verhinderten Schuldezernenten bei der Bezirksregierung Arnsberg seine Einstellung, weil er angeblich nicht geeignet sei. Nun hat König wegen Diskriminierung bei der Stellenvergabe zum zweiten Mal einen juristischen Erfolg gegen die Arnsberger Behörde errungen. „Der Schuss ging nach hinten los“, sagt der 65-Jährige. „Es werden nach Gutsherrenart Leute ausgesondert. Nun ist die Behördenwillkür zum zweiten Mal durch ein Arbeitsgericht sanktioniert worden.“

„Behördenwillkür ist zum zweiten Mal sanktioniert worden.“
Rainer König

In dem nun entschiedenen Rechtsstreit ging es um eine Stelle über 16 wöchentliche Unterrichtsstunden im ersten Schulhalbjahr 2020/21 am Freiherr-vom-Stein-Berufskolleg in Werne. König hatte das Angebot erhalten, eine andere Lehrkraft in der Zeit vom 7. September 2020 bis 29. Januar 2021 zu vertreten.

Vier Tage vor dem Starttermin schrieb ihm ein Beamter aus der Abteilung Schule, Kultur, Sport der Bezirksregierung Arnsberg, dass er beabsichtige, König einzustellen – vorbehaltlich der Zustimmung des Personalrats und der Prüfung der Einstellungsvoraussetzungen.

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Die scheinbare Formsache wurde zum Knackpunkt, wie am 28. September 2020 in einem weiteren Schreiben deutlich wurde. Der Beamte informierte König über die Prüfung der Personalakte: Er sei für die Einstellung nicht geeignet – „aufgrund Ihres Verhaltens während Ihrer vorangegangenen Arbeitsverhältnisse und Einstellungsverfahren“. Das Schreiben schloss mit den Worten: „Ein solches Verhalten ist weder mir als Arbeitgeber noch etwaigen Schülern gegenüber zumutbar und tragbar. Eine Einstellung an der o.g. Schule erfolgt aufgrund dessen nicht.“

König ist seit 1993 Gymnasiallehrer, wohnt in Hamm und spielt privat in einem Posaunenchor, schraubt als Hobby an einem Oldtimer und war 2019 und 2020 für einen Deutsch-Sommerkurs an einer Uni gebucht. „Ich habe weder fachlich noch pädagogisch Anlass zu Beanstandungen gegeben“, hat der Mann aus Hamm immer wieder betont, wenn man ihn nach dem angeblichen Fehlverhalten fragt. Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen – auch nicht außerhalb der Schule.

Vor dem Arbeitsgericht Arnsberg kam es nun zu einem Vergleich. Weil die besagte Stelle am Berufskolleg Werne längst anderweitig vergeben war, bekam König für die entgangene Stelle Schadenersatz in Höhe von 3000 Euro aus der Landeskasse zugesprochen. „Man musste schon wieder eine vierstellige Summe zahlen“, merkt König süffisant an.

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Denn schon in einem früheren Verfahren hatte er einen Erfolg erzielt. 2019 gingen ihm zwei Vertretungsstellen durch die Lappen – 14 Wochenstunden Deutsch als Fremdsprache an der Freiherr-vom-Stein-Realschule in Bergkamen und zwölf Stunden Englisch an der Jeanette-Wolf-Hauptschule in Dortmund-Mengede. König brachte diese Absagen bis vors Landesarbeitsgericht, wo er in einem Vergleich eine vierstellige Summe als Ausgleich für die erlittenen Nachteile zugesprochen bekam.

Blaues Auge für die Schuldezernentin

Warum sich die oberste Arnsberger Schuldezernentin Monika Nienaber-Willaredt nun zum zweiten Mal ein blaues Auge vor einem Arbeitsgericht holte, bleibt unklar. Behördensprecherin Ursula Kissel bestätigt auf Anfrage lediglich den Ausgang des Rechtsstreits und betont, dass mit dem Vergleich kein „Anerkenntnis der erhobenen Ansprüche oder Eingeständnis hinsichtlich der erhobenen Vorwürfe“ verbunden sei. Für Rainer König fühlt sich das Ergebnis wie ein Sieg an: „Ich habe den Prozess gewonnen.“

Für den agilen Frühpensionär ergibt sich trotz entgangener Stelle am Freiherr-vom-Stein-Berufskolleg in Werne doch noch ein Happyend. Ein Berufskolleg in Beckum hat den Lehrer letztlich eingestellt. Zunächst habe er eine Vertretungsstelle in Deutsch übernommen, die dann vor den Sommerferien auslief. Dann ergab sich erneut Bedarf. „Ich bin dort nun mit 15 Stunden auf Abruf beschäftigt“, erzählt König.

Zweierlei Maß in Arnsberg und Münster

Die Bezirksregierung Arnsberg konnte König in Beckum keine Steine in den Weg legen. Denn die Stadt liegt im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung Münster, die an Königs Einstellung nichts zu beanstanden hatte. Engagierte Lehrer wie König werden eigentlich auch im Regierungsbezirk Arnsberg gebraucht. 161 Vertretungsstellen sind derzeit ausgeschrieben, davon 30 im Kreis Unna.

Fragt sich, wie lange König, der über den jahrelangen Rechtsstreit das reguläre Pensionsalter erreicht hat, noch weiterarbeiten will. „Ich sehe noch keine Altersbegrenzung“, sagt er. „Ein Kollege von mir ist ähnlich gepolt, der ist 68 Jahre alt und hat eine volle Stelle an einer Gesamtschule genommen. Er hat sich 70 Jahre als Limit gesetzt.“