
© Andrea Wellerdiek
Angehörige äußern sich zu Misshandlungsvorwürfen in Kita: „Das denken sich keine fünf Kinder aus“
Kita in Werne
Die Vorwürfe gegenüber einer Erzieherin in der Kita Jona in Werne wiegen schwer. Nun äußerten sich Angehörige von betroffenen Kindern. Mehrere Kinder sollen in ein dunkles Zimmer geführt worden sein.
In der Kita Jona in Werne wurden nach den Vorwürfen der Kindesmisshandlung personelle Konsequenzen gezogen. Eine Mitarbeiterin wurde Anfang September auf unbestimmte Dauer freigestellt, zudem wird es eine neue Kita-Leiterin geben. Einigen Eltern reicht dies aber nicht. Sie möchten aufgeklärt wissen, was genau passiert ist. Wieso ihre Kinder plötzlich nicht mehr in den Kindergarten gehen wollten, weil sie Angst hatten. Sie haben Strafanzeige erstattet. Einige betroffene Familien äußerten sich nun konkret zu den Vorwürfen und stellten zudem die Darstellung des Trägers infrage.
„Die Erzieherin hat sich fünf Kinder geschnappt und ist mit ihnen in einen dunklen Abstellraum gegangen. Dann hat sie abgeschlossen und hat den Kindern Geistergeschichten erzählt. Sie hat gesagt: ‚Wenn ihr das jemandem erzählt, dann kommen die Geister und töten euch‘“, berichtet ein Familienmitglied, das anonym bleiben möchte. Irgendwann hätte sich dann ein Junge unter Tränen geäußert. Mindestens vier weitere Kinder haben sich ihm angeschlossen und zuhause den Eltern erzählt, was passiert ist.
Fünf Kinder in Kita Jona in Werne tätigen gleiche Aussagen
„Die Kinder haben sich das nicht ausgedacht. Es ist vollkommen unmöglich, dass fünf Kinder das Gleiche erzählen“, sagt der Mann. Unabhängig voneinander äußerten sich Familienmitglieder von betroffenen Kindern auch gegenüber unserer Redaktion. Demnach habe die mittlerweile suspendierte Erzieherin immer dieselben Kinder in einen abgedunkelten Raum geführt, um Geistergeschichten zu erzählen. Ein Mädchen sei fester am Arm angefasst worden, berichtet eine betroffene Familie.
Ob die Tür abgeschlossen wurde, ist ungewiss. „Wenn die Kinder Angst bekommen haben und sie den Raum nicht verlassen durften und dadurch eine beängstigende Situation entstanden ist, dann ist das natürlich nicht in Ordnung“, erklärte Jutta Heinert, Geschäftsleiterin des Evangelischen Kirchenkreises Hamm, der Träger der Kita Jona in Werne ist. Sie betont noch einmal, dass die Vorwürfe nicht erhärtet werden konnten.
„Wenn Kinder so etwas äußern, dann kann ich das total verstehen, dass Eltern sehr beunruhigt sind. Dass sie ihre Kinder Ernst nehmen, ist ja auch richtig. Aber faktisch haben wir keine Hinweise zu diesen Aussagen gefunden“, so Heinert weiter. Die Situation sei nach ihrem Kenntnisstand zudem nicht in einer Abstellkammer, sondern in einem Nebenzimmer des Gruppenraums entstanden. „Das ist ein klassischer Betreuungsraum direkt neben dem Gruppenraum, in dem es Bilder und Fenster gibt.“ Man habe zudem keine auffälligen Beobachtungen in diesem Zusammenhang in der Kita feststellen können. Ob der Raum abgedunkelt oder verschlossen wurde, als die Erzieherin Geistergeschichten erzählt hat, dazu könne sie keine Aussage treffen.
Als Material könnten laut Heinert Bilder, Kartenspiele mit Geistern oder ein „Wimmelbuch, in dem es am Rande Geister gibt“ verwendet worden sein. Und was sagt die Erzieherin selbst zu den Vorwürfen? „Sie hat sich Gedanken gemacht. Eine solche Situation sieht sie nicht, in der sie Geistergeschichten erzählt hat und die Kinder nicht rausgelassen hat“, erklärt Heinert.
„Verhalten ist nicht akzeptabel“
Der Kirchenkreis als Träger sowie das zugezogene Jugendamt der Stadt Werne wollen die Situation herunterspielen, kritisieren betroffene Familien. „Das Wort ‚töten‘ ist gefallen. Das Verhalten ist nicht akzeptabel“, sagt ein Angehöriger. Deshalb haben drei Familien Strafanzeige erstattet. „Der Sachverhalt ist uns bekannt. Die Ermittlungen laufen“, bestätigt Bernd Pentrop, Pressesprecher der Polizei des Kreises Unna. Die Kinder, die aus der beängstigenden Situation Angst entwickelten, überhaupt wieder in die Kita zu gehen, sind mittlerweile wieder in der Einrichtung.