Die Zahl der von Atemwegserkrankungen betroffenen Patienten in Deutschland nimmt weiter zu. Das berichtet das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem jüngsten Wochenbericht zu den sogenannten respiratorischen Atemwegserkrankungen (ARE). Und in Werne sieht die Lage nicht anders aus - zumindest wenn man sich die Praxen der Kinderärzte anschaut.
Jasmin Lidgett ist eine von zwei Kinderärztinnen in der Stadt. Sie berichtet von zunehmenden Fällen in den vergangenen Wochen. „Seit Anfang Oktober haben wir bereits ein höheres Patientenaufkommen als in den Vorjahren zu verzeichnen. Waren es im Oktober überwiegend Infekte mit Durchfall und Erbrechen sowie gehäuft die sogenannte Hand-Mund-Fuß-Erkrankung, sehe ich jetzt fast ausschließlich Kinder mit Atemwegsinfekten“, so die Ärztin.
Vor allem Kinder unter 3 Jahren betroffen
Bei den Atemwegsinfekten seien vor allem Kinder unter 3 Jahren besonders häufig mit dem RS-Virus infiziert, was sehr häufig zu Bronchitiden und schweren Atemwegsinfektionen führt. Das sogenannte Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) verursacht laut RKI weltweit akute Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter und ist einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere Frühgeborenen und Kleinkindern.
Zur Situation in ihrer Werner Praxis sagt Lidgett: „Gerade die Säuglinge müssen auch häufig zur stationären Behandlung eingewiesen werden. Die älteren Kinder haben vor allem Infekte durch ‚normale‘ Erkältungsviren (z.B. Rhinoviren) und in den letzten zwei Wochen verzeichnen wir auch einen starken Anstieg an Influenza-Erkrankungen. Auch die Kinder mit Influenza sind typischerweise deutlich beeinträchtigt mit hohem Fieber bis 40°C und langem Krankheitsverlauf von sieben bis 14 Tagen.“
Volle Kinderklinik in Hamm
Lidgetts Praxis nimmt an Studien des RKI teil und stellt anonymisiert Proben zur Verfügung, wodurch die Praxis einen recht genauen Überblick über die aktuelle Infektlage habe, so die Ärztin. „Tatsächlich hatten wir auch vor den Coronajahren immer mal wieder Jahre mit so hohen Infektionszahlen, allerdings hat meines Erachtens gerade die Influenzawelle doch sehr früh begonnen und die Ausprägung der Infekte mit häufig Bronchitis oder Lungenentzündung ist schon sehr bemerkenswert.“
Auch in der Kinderklinik in Hamm sehe die Lage ähnlich aus. Hier sei die Belegung laut des dortigen Personals sehr voll, sodass gelegentlich auch Kinder zur Aufnahme abgewiesen werden müssten, so Lidgett. „Ebenfalls sehr schwierig ist es, dass es seit mehreren Monaten nicht mehr ausreichende fiebersenkende Medikamente in den Apotheken gibt und zunehmend auch Engpässe bei anderen Medikamenten auftreten.“
Das Team in der Praxis versuche, durch eine gute Organisation für die Kinder und die Eltern lange Wartezeiten zu vermeiden. „Gerade aber am Montag gelingt das zurzeit nicht immer, weil das Patientenaufkommen nach dem Wochenende sehr hoch ist - Daher bitten wir auch darum, dass jedes Kind nur von einer Person begleitet wird, um die Personenzahl zu reduzieren“, sagt Lidgett.
„Durch Infektwelle sehr gefordert“
Die Praxis trennt die Infektsprechstunde von der Sprechstunde für Vorsorgen, Impfungen und andere Anliegen. Eltern und Jugendliche ab 12 Jahren müssen gemäß Infektionsschutzgesetz eine FFP2-Maske in der Praxis tragen, Kinder ab 6 einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz. „Auch diese Herausforderungen werden wir meistern, da bin ich mir sicher. Besonders weise ich nochmal darauf hin, dass insbesondere die medizinischen Fachangestellten (MFA) seit 2 Jahren sowohl durch die Pandemie als auch jetzt durch die Infektwelle sehr gefordert und immer bemüht sind, alle Eltern und Kinder gut zu betreuen und zu versorgen. Leider bekommen, anders als das Pflegepersonal in den Kliniken, die MFA in den Praxen keinen staatlichen Coronazuschuss.“
Lidgett und ihr Team versuchten aber trotzdem, alles zu geben und für die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in guter Qualität zu sorgen, erklärt die Ärztin.
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