Kein PCR-Test für krankes Kind: „Habe den Kinderarzt gefragt, ob das sein Ernst sei“

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Kein PCR-Test für krankes Kind: „Habe den Kinderarzt gefragt, ob das sein Ernst sei“

rnMutter aus Kamen

Ein Kinderarzt hatte keine Kapazitäten, ein anderer testet aus selbigem Grund nur Patienten. Für eine Kamener Mutter entwickelte sich die Suche nach einem PCR-Test für ihr krankes Kind zur Odyssee.

von Claudia Lohmann

Kamen

, 02.02.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

„Es geht mir um das Zwischenmenschliche in dieser Zeit. Viele Menschen sind kalt, ich kann das nicht verstehen. Und es geht immer zu Lasten der Kinder.“ Melanie Garbe ist Mutter von zwei Söhnen und erlebt gerade an wie vielen Stellen, wie die Belastungs- und Kapazitätsgrenzen erreicht werden. Nach einem Fall, den sie nun erlebt hat, bittet sie darum, wieder achtsamer miteinander umzugehen.

Vor über einer Woche gab es in der Kita von Garbes fünfjährigem Sohn einen Corona-Ausbruch. Die Eltern seien gebeten worden, ihre Kinder mit einem PCR-Test testen zu lassen. Im Fall von Garbes Sohn war schon da klar, dass sich das Kind vermutlich infiziert hat, weil es eindeutige Symptome zeigte.

„Wir machten zuhause drei Schnelltests drei verschiedener Anbieter. Hiervon zeigten zwei Tests ein positives Ergebnis an, der dritte fiel negativ aus“, berichtet die Mutter. Vom Gesundheitsamt habe sie dann die Info erhalten, dass der Kinderarzt zuständig sei.

Kein PCR-Test, weil Kind kein Patient ist

Da bei dem eigenen Kinderarzt die Kapazitäten für diesen Tag ausgeschöpft gewesen seien, habe Garbe in der Praxis von Dr. Klaus Poggemann angerufen. „Wir sollten sofort kommen, da bis 9.30 Uhr das Labor verschickt würde“, so Garbe, die daraufhin mit Mann und Sohn aufbrach. Ihr Kind zu überzeugen, sei dabei gar nicht so einfach gewesen. „Es hatte Fieber und Schmerzen.“

In der Praxis wurde Garbes Sohn dann aber doch nicht getestet. Im Behandlungszimmer sei festgestellt worden, dass er kein Patient ist. Eltern und Sohn mussten die Praxis also wieder verlassen.

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„Ich habe den Kinderarzt dann gefragt, ob das sein Ernst sei, mein fiebriges weinendes Kind jetzt ungetestet einfach gehen zu lassen, und das obwohl die Kapazitäten ja noch gegeben waren“, so Garbe.

Sie und ihr Mann hätten das Kind dann zum Testzentrum am Wellenbad in Bergkamen gebracht, wo sie lange angestanden hätten. Einen Tag später kam das Testergebnis: Positiv.

Nur noch PCR-Tests, wenn es diagnostisch Sinn macht

„Ich kann die Eltern verstehen“, erklärt Poggemann auf Anfrage. Er sei aber keine Teststation. Seine Sorge: Fängt er einmal an, Kinder zu testen, die keine Patienten sind, könnten es immer mehr werden. Und das, obwohl die Praxis dafür keine Kapazitäten hat.

Kinderärzte haben teils keine Kapazitäten, all ihren Aufgaben nachzukommen. Grund ist die Mehrbelastung durch Corona. (Symbolbild)

Kinderärzte haben teils keine Kapazitäten, all ihren Aufgaben nachzukommen. Grund ist die Mehrbelastung durch Corona. (Symbolbild) © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

„Ich könnte jetzt schon eine Vollzeitkraft einstellen, die nur testet und meldet“, erklärt der Kinderarzt. Er habe schon mit den eigenen Patienten alle Hände voll zu tun und komme zum Beispiel schon gar nicht mehr zur Entwicklungsdiagnostik.

Die hohen Inzidenzen haben mittlerweile auch dazu geführt, dass der Kinderarzt aktuell keine Bestätigungstests mehr durchführt, wenn offensichtlich ist, dass das Kind Corona hat und der Schnelltest das auch anzeigt.

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Für solche Tests hätten Praxis und Labor keine Kapazitäten. „Wir testen nur noch, wenn es diagnostisch Sinn macht. Ein Beispiel wäre, dass Vater und Mutter infiziert sind, das Kind Symptome hat, aber der Schnelltest negativ ist“, erklärt der Mediziner. „Bestätigungstests werden nicht mehr verlangt und wir schaffen es auch nicht mehr.“

Zu dem speziellen Fall sagt Poggemann, dass im Vorhinein nicht gesagt wurde, dass der Junge kein Patient ist. Dann hätte man gleich deutlich machen können, dass ein PCR-Test nicht möglich ist. Garbes erklärt hingegen, dass sie weder am Telefon noch bei der Anmeldung danach gefragt worden sei. Mutmaßlich hat also ein Kommunikationsfehler oder ein Missverständnis zu der unglücklichen Situation geführt.