Kein Balkonkraftwerk zur PV-Anlage erlaubt Thomas Gericke versteht die Welt nicht mehr

Kein Balkonkraftwerk bei PV-Anlage: Thomas Gericke versteht Welt nicht
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Vor drei Jahren schaffte sich Thomas Gericke eine PV-Anlage an. Die wurde auf dem Dach seines Hauses an der Lessingstraße montiert und von den Gemeinschaftsstadtwerken abgenommen. Seither nutzt er selbst produzierten Strom und führt den Überschuss gegen eine Einspeisevergütung ins öffentliche Netz ein.

Normalerweise könnte seine Anlage rund sechs Kilowattpeak (kWp) produzieren, weiß Gericke. Tatsächlich schaffe sie aber nur 4,5 kWp aufgrund der nicht immer stabilen Wetterlage, erklärt Gericke. Theoretisch wäre also Luft nach oben, um innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen mehr Strom über Solarpanele produzieren zu können. Also schaffte sich Gericke ein Balkonkraftwerk an.

Die gelten als einfache Variante einer PV-Anlage, sind leicht zu installieren und es braucht dazu nicht mal einen Fachmann. Lediglich angemeldet werden muss die Anlage beim Stromnetzbetreiber, sprich den GSW. Das wollte auch Thomas Gericke tun. „Ich glaube nicht, dass das wirklich jeder gemacht hat, der so eine Anlage hat“, meint Gericke. Aber er selbst wollte möglichem Ärger vorbeugen.

Doch von den GSW erfuhr er, dass er als PV-Anlagenbesitzer kein Balkonkraftwerk nutzen darf. „Eine Mischvergütung gäbe es nicht, wurde mir gesagt“, schildert Gericke das Problem bei der Einspeisevergütung - aber auch für den Eigenverbrauch darf er die Anlage nicht nutzen. Das ginge nur, wenn er gleichzeitig auf die Einspeisevergütung für die große PV-Anlage verzichte.

Was Gericke mit dem gekauften Balkonkraftwerk machen sollte, habe der GSW-Mitarbeiter auch gewusst: „Abbauen und wieder verkaufen.“

Thomas Gericke vor seinem Haus in Bergkamen-Mitte.
Weil er eine große PV-Anlage auf seinem Dach hat, kann Thomas Gericke nicht ergänzend auf eine Stecker-PV-Anlage zurückgreifen. An diesen Rahmenbedingungen müsse sich etwas ändern, fordert der Bergkamener. © Stefan Milk

Gericke versteht seither die Welt nicht mehr. „Ich finde das wirklich traurig“, sagt er. „Alle wollen und sollen klimaneutral werden, aber ich weiß nicht, wie wir das schaffen wollen, wenn die Gesetze so sind, wie sie sind.“

Denn es geht ihm nicht nur darum, dass er seine 9 Cent Einspeisevergütung nicht mehr bekäme. „Das würde für den Netzbetreiber bedeuten, dass er den Überschuss unserer großen Anlage und die der Balkonanlage umsonst bekommt, und selber wieder für die gedeckelten 40 Cent weiterverkaufen kann“, rechnet Gericke vor und fragt sich: „Wie soll Deutschland klimaneutral werden, wenn einem in Deutschland nur Steine in den Weg gelegt werden, wenn man selber etwas dafür tun möchte.“

Gericke wandte sich deshalb ans zuständige Ministerium und erhielt von einer Habeck-Mitarbeiterin auch Antwort. Man arbeite an dem Thema, hieß es. In Internet-Foren fand Gericke heraus, dass in Niedersachsen und Teilen Süddeutschlands Mischvergütungen für die Nutzung von PV- und Steckersolaranlagen durchaus möglich sind. Aber eben nicht in NRW.

Die Gemeinschaftsstadtwerke bestätigen auf Anfrage die Schilderungen von Thomas Gericke. „Die sogenannten Balkonkraftwerke oder auch Mikro-PV-Anlagen unterliegen einem vereinfachten Anmeldeverfahren mit Verzicht auf die EEG-Einspeisevergütung“, erklärt GSW-Sprecherin Mareike Füllner.

„Wird so eine steckerfertige Lösung zusätzlich eingesetzt, erhöht sich die Menge des Stromes, der eingespeist wird, und es kommt zum so genannten Subventionsbetrug“, erklärt Füllner. Von Betrug ist deswegen die Rede, weil die Kapazität der PV-Anlage angemeldet werden musste und die Einspeisevergütung auf Jahre festgeschrieben ist.

Rein technisch gäbe es eine Lösung: „Wird das Balkonkraftwerk oder die Mikro-PV-Anlage von einem Elektriker mit separatem Zähler eingebaut, ist eine Kombination möglich“, erklärt Füllner. Allerdings sei der finanzielle Aufwand dafür hoch - und der Erlös durch das Balkonkraftwerk passe in der Regel nicht dazu.

In seiner Forderung, dass sich an den Rahmenbedingungen schnellstens etwas ändern müsse, ist Thomas Gericke nicht allein. Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) sowie die Bundesnetzagentur befürworten Vereinfachungen für den Umgang mit Balkonkraftwerken. Bisher wurde aber nur ein Positionspapier des VDE veröffentlicht. In die Praxis umgesetzt wurden diese Empfehlungen noch nicht.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 21. Juni 2023.