Rückschlag für Radverkehrsinitiative in Werne Politik lehnt gleich mehrere Vorschläge ab

Politik sieht Vorschläge der Initiative Radverkehr überwiegend kritisch
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Das hatte sich die Initiative Radverkehr ganz bestimmt anders vorgestellt. Zur jüngsten Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Mobilität und Klimaschutz legte sie ein mehrseitiges Schreiben vor, das vier - teils umfassende - Anfragen beinhaltete. Die Initiative hatte darin erneut konkrete Vorschläge formuliert, wie man den Radverkehr in Werne stärken könnte.

Grob zusammengefasst laufen die Maßnahmen darauf hinaus, dass es in Werne mehr Tempo-30-Zonen geben soll, die Radwegebenutzungspflicht komplett wegfällt und den Radfahrern mehr Platz im Straßenverkehr eingeräumt wird. Doch ein Großteil der Politik war alles andere als begeistert von den Anregungen.

In einem ersten Punkt möchte die Werner Radverkehrsinitiative die Stadt dazu bewegen, sich dem Bündnis „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“ anzuschließen. Das Bündnis will unter anderem rechtliche Voraussetzungen dafür schaffen, dass Kommunen Tempo 30 innerorts dort anordnen können, wo sie es für nötig halten - auch, wenn es sich beispielsweise um eine Kreis- oder Landesstraße handelt.

Initiative fordert mehr Einsatz für Tempo 30

Dem Bündnis beizutreten, sei aus Sicht der Werner Verwaltung an sich unproblematisch, erklärte Adrian Kersting aus der Abteilung Straßen und Verkehr. Allerdings ist diese Einschätzung eher dem Umstand geschuldet, dass das Bündnis bislang „eher symbolischen Wert“ hat. Ein generelles stadtweites Tempolimit von 30 km/h halte er nicht für richtig, betonte Kersting.

Und das sieht die Politik überwiegend ähnlich. Pauschal wolle man so ein Vorhaben nicht unterstützen, hieß es. Jürgen Regener (CDU) gab etwa zu bedenken, der Verkehr werde dadurch möglicherweise zunehmend in Wohngebiete gedrängt. 12 von 18 Ausschussmitgliedern sprachen sich anschließend gegen den Vorschlag der Werner Initiative aus.

Ein Mann steht mit seinem Fahrrad an dem Radweg an der Penningrode.
Viele Radwege - hier an der Penningrode - sind in keinem besonders guten Zustand. © Jörg Heckenkamp (A)

Letztere nahm bei ihrer zweiten Anfrage die Radwegebenutzungspflicht in den Blick. Dass es eine solche Pflicht - in genereller Form - bereits seit 1998 nicht mehr gibt, ist natürlich auch der Initiative klar. Durch eine entsprechende Beschilderung können Städte allerdings an bestimmten Stellen die Radfahrer dennoch dazu verpflichten, einen vorhandenen Radweg zu nutzen. Und das ist in den Augen der Initiative an viel zu vielen Stellen im Werner Stadtgebiet der Fall.

Sie fordert darum eine genaue Auflistung samt Begründung von der Verwaltung. Ziel müsse es sein, die Straßen „zunehmend für den Radverkehr freizugeben und schnelleren Radfahrenden sowie Lastenrädern mehr Platz zu geben und somit die oftmals sanierungsbedürftigen und zu schmalen Radwege zu entlasten“, schreibt die Initiative. Außerdem fordert sie mehr öffentliche Aufklärungsarbeit rund um die Radwegebenutzungspflicht.

„Dann können wir die Radwege ja ganz abschaffen“

Der Gedanke, die Pflicht gänzlich aufzuheben, bereitet der Politik allerdings mächtig Bauchschmerzen. „Es geht doch um die Sicherheit der Radfahrer. Wenn wir die Pflicht ganz aufheben, können wir ja auch gleich die Radwege komplett abschaffen“, meinte Adelheid Hauschopp-Francke mit ironischem Unterton. Benedikt Lange (FDP) sah das ähnlich.

Das eigentliche Problem sei doch, dass die Radwege in einem schlechten Zustand sind. Daran gelte es zu arbeiten. Wo es erforderlich sei, müsse man Auto- und Radfahrer aber weiterhin voneinander trennen: „Das ist sonst einfach zu gefährlich.“ Das Ergebnis der Abstimmung: Alle Politiker stimmten gegen den Vorschlag der Initiative.

Ein Traktor fährt über die Selmer Landstraße, an der es keinen Radweg gibt.
An der Selmer Landstraße gibt es noch gar keinen Radweg. Bis der errichtet wird, will die Initiative Radverkehr die Straße zur Modellzone machen. © Winfried Hoch (A)

Bei Punkt Nummer drei platzte Hauschopp-Francke dann regelrecht der Kragen. „Da krieg‘ ich fast ne Attacke, wenn ich das lese! Ich sehe schon die Radfahrer stürzen. So eine Maßnahme würde ich rigoros verhindern“, echauffierte sich die SPD-Frau. Der Grund für den Gefühlsausbruch: Die Initiative wünscht sich die Durchführung von Modellversuchen an ganz bestimmten Stellen.

Demnach soll bis zum Abschluss der geplanten Sanierung der Straßen Penningrode, Ovelgönne und Selmer Landstraße durch den Kreis Unna innerorts entlang dieser Straßen Tempo 30 angeordnet und gleichzeitig die Radwege-Benutzungspflicht dort aufgehoben werden. Eine Aufhebung besagter Plicht sowie ein Tempolimit von 30 km/h fordert die Initiative auch für die Capeller Straße - und zwar solange, bis die im Radverkehrskonzept des Kreises Unna vorgesehene Verbreiterung und Sanierung des kombinierten Zweirichtungs-Rad-/Gehwegs erfolgt.

Verweis auf schlechten Zustand der Radwege

In ihrer Begründung verweist die Initiative unter anderem auf den schlechten Zustand des Radwegs an der Penningrode/Ovelgönne. Dies habe zur Folge, dass viele Radfahrer auf die Fahrbahn auswichen - und dort gilt für Fahrzeuge aktuell Tempo 50. Genauso wie an der Selmer Landstraße, wo es aktuell noch gar keinen Radweg gibt.

Die Politik hält ein solches Vorgehen auch in diesen Fällen allerdings für viel zu gefährlich. Das Ergebnis der Abstimmung: Alle 18 Ausschussmitglieder sprachen sich gegen die Vorschläge aus. Nur mit ihrer vierten Anfrage stieß die Initiative auf breite Zustimmung. Die Idee: Entlang der Stockumer Straße zwischen Hansaring und Am Neutor sollten beidseitige Radfahrstreifen angelegt werden. Dort gibt es aktuell zwar schon einen „Mehrzweckstreifen“, doch wird der meist von parkenden Autos blockiert.

Für eine gute Idee hielten dies immerhin 16 der 18 Ausschussmitglieder. Einziges Problem: Die Stadt kann im Falle der Stockumer Straße nicht wirklich selbst aktiv werden, sondern allenfalls freundlich nachfragen - und zwar beim Landesbetrieb. Denn der ist hier Baulastträger. Die Stadt will nun auf die Situation hinweisen.

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