
Der Täter hatte die Leiche der 17-Jährigen im Naturschutzgebiet Tibaum bei Werne-Stockum mit Benzin übergossen und angezündet. Eine Splitt-Schicht überdeckt mittlerweile die Brandstelle. © Frank Lahme
Hund der ermordeten Schülerin (17) gibt Hinweis auf den Ex-Freund (26)
Verbrechen bei Stockum
Verschiedene Indizien führten die Ermittler auf die Spur des Ex-Freundes der getöteten 17-jährigen Carina S. Einen wichtigen Hinweis gab es durch den Hund der Schülerin.
Im Falle der bei Werne-Stockum aufgefundenen und verbrannten Leiche einer 17-Jährigen aus Iserlohn-Letmathe gab Oberstaatsanwalt Carsten Dombert auf Anfrage der Redaktion weitere Einzelheiten bekannt. So spielte der Hund von Carina S. bzw. ihrer Familie eine wichtige Rolle, der die Ermittler auf die Spur des festgenommen Ex-Freundes der Schülerin führte.
Carina S. war am Dienstagabend, 14. Juni 2022, im heimatlichen Iserlohn-Letmathe nicht von der Gassi-Runde mit dem Familienhund zurückgekommen. Seitdem galt sie als vermisst. Zehn Tage später, am 24. Juni 2022, entdeckte ein Radfahrer im Naturschutzgebiet am Tibaum, zwischen Hamm und Werne-Stockum gelegen, einen leblosen Körper.
Wir zeigen hier eine Kurzversion unserer Live-Übertrag vom Tatort vom Freitagvormittag:
Es stellte sich bei der Obduktion heraus, dass es sich um die seit zehn Tagen vermisste Schülerin Carina S. handelt. Der Täter hatte den Leichnam offenbar mit Benzin übergossen und wollte ihn komplett verbrennen lassen. Grausamer Umstand: Als der Fahrradfahrer das Opfer entdeckte, stand es noch in Flammen.
Schnell rückte der Ex-Freund des Opfers, ein 26-Jähriger aus Dortmund, in den Fokus der Ermittler. „Es gab verschiedene Indizien, die zu dem Beschuldigten führten“, sagt Carsten Dombert. Eine wichtige Spur hat mit dem Familienhund zu tun.
Denn der war, wie Carina S., zunächst auch nicht aufzufinden. Doch zwei Tage nach dem mysteriösen Verschwinden schellte der 26-Jährige an der Tür des Elternhauses von Carina S. Er hatte den Hund an der Originalleine dabei und wollte ihn den Eltern übergeben.

Rund 300 Meter hinter dieser Abzweigung des sogenannten Mitteldamms von der Straße Am Tibaum ist der Leichenfundort in Werne-Stockum beziehungsweise Hamm-Sandbochum. © Jörg Heckenkamp
„Seine Begründung hörte sich folgendermaßen an“, sagt der Oberstaatsanwalt und macht keinen Hehl daraus, dass er wenig vom Wahrheitsgehalt dieser Schilderung hält. Jedenfalls habe der Verdächtige den Eltern gesagt, dass ihm das Verschwinden seiner Ex-Freundin keine Ruhe gelassen habe. Mit den Worten „Ich bin den Weg noch mal abgegangen und da habe ich den Hund entdeckt“, habe er das Tier zu den Eltern gebracht.
Dombert kann sich kaum vorstellen, dass ein Hund mit Leine zwei Tage in der Gegend herumgestreunert ist und „und dann rund 300 Meter von seinem Zuhause unangeleint wartet und dann von dem Ex-Freund entdeckt wird“. Wie es wirklich war, müssen die Ermittler nun in Kleinarbeit herausfinden. „Der Beschuldigte schweigt bis jetzt“, sagt Oberstaatsanwalt Dombert am Sonntagnachmittag auf Anfrage der Redaktion.
Leichen-Spürhund schlägt in einer Scheune an
Ebenso ermittelt die Mordkommission weiter den Todeszeitpunkt und den Ort des Verbrechens. Mittlerweile gibt es einen neuen Hinweis: In der Nacht von Freitag auf Samstag hat die Polizei eine Scheune im Dortmunder-Ortsteil Brechten durchsucht, die Verwandten des Verdächtigen gehört. Dombert: „Dort hat ein Leichen-Spürhund angeschlagen.“
Die Kriminaltechniker haben Bodenproben entnommen. Der Verdacht: In dieser Scheune könnte Carina S. ermordet beziehungsweise als Leichnam abgelegt worden sein. Da zwischen dem Verschwinden und dem Auffinden des Leichnams zehn Tage vergangen sind, stellt sich die Frage, wann Carina S. getötet wurde. Hat der Täter sie vielleicht noch einige Tage lebend in seiner Gewalt gehabt und erst später umgebracht?
Hat Täter Carina S. noch Tage in seiner Gewalt gehabt?
Dombert hält ein solches Szenario für wenig wahrscheinlich. „Dazu würde ein großer logistischer Aufwand gehören“. Seines Wissen habe der Verdächtige mit Vater und Bruder unter einem Dach gelebt. Der Ort würde als „Gefängnis“ schon mal wegfallen.
Wahrscheinlicher sei dagegen, „dass Carina S. am Dienstagabend nach ihrem Verschwinden oder kurze Zeit später getötet wurde“, sagt der Oberstaatsanwalt, „das wäre jedenfalls meine Einschätzung“. Danach könnte der Täter sie in der Scheune in Brechten abgelegt haben, um in Ruhe zu überlegen, wie er mit dem Leichnam verfahren soll.
Irgendwann ist ihm dann offenbar die Idee gekommen, dass er die leblose Carina S., um Spuren zu verwischen, verbrennen könnte. Warum er sich ausgerechnet das Naturschutzgebiet Tibaum hinter dem Gersteinwerk Stockum ausgesucht hat, „das ist bis jetzt unklar“, sagt Dombert. Klar ist aber, dass er sie mit einer sogenannten Brandbeschleuniger, etwa Benzin, übergossen und angezündet hat.
Als Tatmotiv käme, wenn sich der Verdacht gegen den 26-Jährigen Dortmunder bestätigt, verschmähte Liebe in Betracht. Denn die Beziehung des altersmäßig so ungleichen Paares ging rund gut eine Woche vor dem Verschwinden der Schülerin in die Brüche. Da waren sei ein Jahr und neun Monate zusammen.
Gegen den 26-Jährigen ist noch am Samstag ein Haftbefehl erlassen worden. Die Familie hat ihm eine Anwältin zur Seite gestellt, „die beim Haftprüfungstermin dabei war“, sagt Dombert. Da der 26-jährige Verdächtige bis jetzt schweigt, gehen die Ermittlungen weiter. Etwa die chemischen Analysen aus der Bodenprobe der Scheune in Brechten.
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