Beim Rehwild steigt die Paarungslaune. „Die Böcke jagen die Ricken vor sich her“, sagt Matthias Möllenhoff, Leiter des Hegerings Werne. Diese Zeit steht jetzt bevor, „von ungefähr Mitte Juli bis Mitte August“, weiß der erfahrene Jäger. Das bedeutet erhöhte Gefahr für Autofahrer. Vor allem an vier Stellen.
Diese Stellen können die Jäger gut benennen. „Es handelt sich um uralte Wege, die das Rehwild schon seit Jahrzehnten oder noch länger nutzt“, sagt Möllenhoff. Wenn Straßen diese Passagen zerschneiden, bleiben die Tiere meist bei ihren angestammten Wegen. Das ist offenbar auch der Grund, warum es ausgerechnet an der Autobahnbrücke Nordlippestraße immer wieder zu Wildunfällen kommt. „Obwohl dieser Bereich sehr stark befahren ist“, so der 48-Jährige.
Vier Wildunfall-Hotspots
Damit wäre bereits ein Schwerpunkt für Wildunfälle in Werne genannt. Diese vier stehen besonders im Fokus, sagt der Hegeringsleiter:
- Nordlippestraße von Horst bis Kreisverkehr B54
- Weite Teile der B54/Münsterstraße
- Selmer Landstraße
- Südkirchener Straße
Zum Herbst hin warnen die Jäger in gemeinsamen Aktionen vor Wildunfällen. Aber nicht, weil die Tiere zu dieser Zeit besonders aktiv wären, „sondern weil die früher anbrechende Dunkelheit dafür sorgt, dass man das Wild als Autofahrer schlechter erkennt“, sagt Möllenhoff. Doch Sichteinschränkungen gibt es auch jetzt, im gerade angefangenen Sommer.

Sichtbehinderung an Straßen
Grund ist das starke Wachstum an den Straßenbanketten. Vor allem in diesen Wochen, da sich warme Tage mit regnerischen Episoden abwechseln, schießen Gräser und Büsche geradezu in die Höhe. Wenn Wild die Straße wechseln will, ist es daher nur schwer und oft im letzten Augenblick zu erkennen. Was tun, um solche Wildunfälle zu vermeiden?
„Abblenden, abbremsen, hupen“, rät der 48-Jährige, „aber auf keinen Fall das Lenkrad herumreißen“. Es sei ungefährlicher, im Ernstfall das Tier zu rammen, als auszuweichen und möglicherweise im Graben oder vor einem Baum zu landen. Menschenwohl geht auf jeden Fall vor Tierwohl.
Wildunfall? Polizei einschalten
Wie sollten sich Verkehrsteilnehmer verhalten, wenn es doch zum Zusammenprall mit einem Reh oder Wildschwein gekommen ist? „Als Erstes die Unfallstelle absichern, wie man es bei einem gewöhnlichen Unfall auch machen würde.“ Als Nächstes die Polizei einschalten. „Die weiß, wer der zuständige Jäger für das Revier ist, in dem der Unfall passiert ist. Die Polizei informiert uns dann“, sagt Möllenhoff. Der Jäger werde dann die entsprechenden Schritte unternehmen.
Der Hegeringsleiter weist darauf hin, dass dieses Vorgehen nur für größeres Wild wie Reh, Hirsch oder Wildschwein gelte. Bei Unfällen mit Kleintieren wie Hase, Fuchs oder Vogelarten wie Rebhuhn oder Fasan würden die Jäger nicht einschreiten. Das müsse der Fahrer dann gegebenenfalls mit seiner Versicherung ausmachen. „Doch auch in solchen Fällen ist es ratsam, die Polizei anzurufen. Die sagt einem dann, wie man sich zu verhalten hat“, sagt Matthias Möllenhoff. Selbst wenn man einen Jäger kennt und die Telefonnummer hat, sollte man diesen nicht anrufen, „das macht keinen Sinn in solchen Fällen“.
Die Statistik des Deutschen Jagdverbandes belege, dass im Schnitt alle zweieinhalb Minuten ein derartiger Zusammenprall in Deutschland passiert. Daher sei ihm wichtig, für dieses Thema auch in Werne zu sensibilisieren, sagt der Jäger: „Wir müssen alles dafür tun, dass Wildunfälle vermieden werden.“ Nicht nur, um die Tiere zu schützen, sondern auch der Menschen wegen. „Ein Wildunfall ist immer ein großer Schock für die Beteiligten.“
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