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Hilfe im Job nach langer Arbeitslosigkeit: „Wir sind der doppelte Boden“
Langzeitarbeitslosigkeit
Menschen, die lange arbeitslos waren und dann einen Job finden, brechen diesen wieder ab. Die Gründe sind vielfältig, das Ergebnis ist oft Überforderung. Das Multkulturelle Forum im Kreis Unna will das verhindern.
Sei es die Routine, die Menschen in der Langzeitarbeitslosigkeit entwickelt haben oder die Überforderung durch die digitalen Ansprüche an die Arbeitnehmer durch die Corona-Pandemie: Viele Menschen, die lange arbeitslos waren und dann einen Job finden, brechen diesen wieder ab, erklärt Zeynep Kartal vom Multikulturellen Forum in Lünen. Um das zu verhindern, hat sich das Forum beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) um Fördermittel beworben, um diesen Menschen mit der sogenannten aufsuchenden Stabilisierungsberatung zu helfen und sie im Job zu halten. Mit Erfolg.
Das Forum und 36 anderen Einrichtungen in NRW bekommen dafür insgesamt 4,5 Millionen Euro an Fördergeldern aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF-REACT) vom Land. „Die Langzeitarbeitslosigkeit ist als Folge der Corona-Pandemie in Nordrhein-Westfalen spürbar gestiegen“, sagte Arbeitsminister Karl-Josef Laumann im Februar. „Die Pandemie soll soziale Gräben nicht noch größer machen.“ Neben Bremen und Brandenburg sei laut Bundesarbeitsagentur vor allem in NRW die Arbeitslosigkeit „überdurchschnittlich stark“ ausgeprägt.
Miete zahlen und Steuern machen können herausfordernd sein
Das Multikulturelle Forum will das Abbrechen des neu gefundenen Jobs durch die aufsuchende Stabilisierungsarbeit verhindern. Dafür werden schon bald vier Berater für den Kreis Unna zur Verfügung stehen, die sich in Teilzeit um Menschen kümmern, die drohen könnten, den Job wieder zu kündigen - zum einen stationär an den Standorten des Forums in Dortmund, Lünen und Hamm, zum anderen auch bei Fahrten in die anderen Kreisstädte.
Zum einen könnten die Berater helfen, wenn es Probleme im neuen Betrieb gibt, aber auch Kontakt mit dem Arbeitgeber pflegen oder Mediationsgespräche anbieten, so Kartal. Die Gründe und die Bedürfnisse seien so unterschiedlich wie die Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen seien: Neben den eingeschlichenen Routinen während der Langzeitarbeitslosigkeit gebe es auch das fehlende Betreuungsangebot für die Kinder, die Überforderung mit innerbetrieblichen Abläufen oder die Veränderung des ehemaligen Berufes durch die Pandemie.
Für andere sei dagegen offizielle Post, die sie nun im Briefkasten haben, eine Überforderung. Denn während der Arbeitslosigkeit werde viel über das Amt geregelt. „Miete, selber Steuern machen: Da ändert sich der rechtliche und offizielle Schriftverkehr, was viele dann vielleicht nicht aus dem FF können“, so Kartal. „Natürlich müssen diese Menschen den Weg selber gehen, aber wir sind der doppelte Boden.“ Deshalb werde es auch etwa Gruppenangebote geben, je nach Bedarf seien diese etwa im Bereich Steuererklärung oder Softskills, also berufliche und persönliche Fähigkeiten, denkbar. Weitere Infos: www.multikulti-forum.de oder Tel. (02306) 3063010.
Gebürtige Münsterländerin, seit April 2018 Redakteurin bei den Ruhr Nachrichten, von 2016 bis 2018 Volontärin bei Lensing Media. Studierte Sprachwissenschaften, Politik und Journalistik an der TU Dortmund und Entwicklungspolitik an der Philipps-Universität Marburg. Zuletzt arbeitete sie beim Online-Magazin Digital Development Debates.
