Im Neubaugebiet Baaken rollen seit vergangenem Jahr die Bagger. Bis zu 90 Wohneinheiten sollen hier entstehen. Im Wohnquartier Bellingholz-Süd, in dem kürzlich archäologische Untersuchungen stattgefunden haben, sollen es sogar 180 sein. Und möglicherweise wird diese Größenordnung noch einmal übertroffen - denn für das geplante Wohnquartier auf dem Tecklenborg-Gelände sind sogar um die 200 Wohneinheiten vorgesehen.
Zu den jüngsten Baugebieten zählen neben dem Baaken die Baugebiete am Eikawäldchen sowie an der Brevingstraße. Und die sind auch ausschlaggebend dafür, dass die Zahl der neu geschaffenen Wohneinheiten 2022 in Werne gegenüber 2021 deutlich gestiegen ist. Laut Angaben der Stadt wurden zwischen Januar und Dezember 2022 insgesamt 87 Wohneinheiten geschaffen. Im Jahr 2021 waren es hingegen lediglich 39. Von 2016 bis 2020 lag der Wert durchschnittlich bei 65 pro Jahr.
Ein besonders starker Anstieg ist in der Kategorie der Einfamilienhäuser zu verzeichnen. Hier stehen 11 neuen Wohneinheiten in 2021 stolze 46 in 2022 gegenüber. Das ist der mit Abstand höchste Wert der vergangenen 10 Jahre. Über diesen Zeitraum lag der Schnitt gerade mal bei 16.
Zwischen Januar 2021 und Dezember 2022 sind bei der Stadt Werne zusammengerechnet 81 Anträge für Wohnbebauung eingereicht worden. Kein einziger davon wurde abgelehnt. Zwei befanden sich zum Zeitpunkt unserer Anfrage bei der Stadt Werne noch in Bearbeitung. Bis die abgeschlossen ist, dauert es im Mittel 32 Tage.

Dass die Stadt Anträge im strengen Sinne ablehnt - und dafür dann womöglich auch noch Bearbeitungsgebühren kassiert -, kommt laut Petra Göbel so gut wie nie vor. „Wir sprechen dann lieber mit den Leuten und erklären ihnen, aus welchen Gründen etwas nicht genehmigungsfähig ist und warum wir auch keine Ausnahme machen können“, sagt die Leiterin der Abteilung Bauordnung und Denkmalpflege. Die Antragsteller haben dann die Möglichkeit, ihren Antrag zurückzuziehen und umzuplanen.
Manchmal eine Zentimeterentscheidung
Ein klassischer Grund, warum Genehmigungen nicht erteilt werden, ist das Unterschreiten vorgegebener Abstände. Manchmal kommt es sogar auf ein paar Zentimeter an. Zudem kann sich Göbel noch an einen Fall erinnern, bei dem jemand ein zweigeschossiges Einfamilienhaus bauen wollte, obwohl an dem Standort nur ein eingeschossiges erlaubt war. Das klingt zunächst nach einer klaren Angelegenheit - war es aber keineswegs. Denn die Geschossigkeit eines Gebäudes berechnet sich nicht etwa nach der Anzahl der Treppen oder Decken sondern nach einer speziellen Formel.
Im Falle des ersten Obergeschoss spielen dabei nicht nur die Höhe der Wände, sondern darüber hinaus die Quadratmeterzahl und das Verhältnis dieser Fläche zur Flächengröße des Erdgeschosses eine Rolle. Und schon klingt die Sache wieder komplizierter. Letztlich bedeutete das in dem von Göbel genannten konkreten Fall, dass der Bauherr wegen 0,4 Quadratmetern leider umplanen musste.

Schwierig wird es für die Behörden außerdem immer wieder, wenn sich der geplante Neubau an eine bestehende Bebauung anschließt und sich der Umgebung „anpassen“ muss. Dann kommt es weniger aufs äußere Erscheinungsbild - etwa die Dachform - an, sondern zunächst mal auf die reine Größe des Gebäudes nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe.
Und während die Politik in Sachen Stadtplanung gegenwärtig um sogenannte Nachverdichtung bemüht ist, ärgern sich Anwohner, die über viele Jahre den freien Blick aufs Feld genießen konnten, wenn ihnen plötzlich ein Neubau vor die Nase gesetzt werden soll. Juristisch finden sich solche Sachverhalte vor allem in Paragraph 34 des Baugesetzbuches wieder. Der regelt die „Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“ und ist laut Göbel der Paragraph, der schnell zu Klageverfahren führt. Eine solche Klage hatten auch die Anwohner des Neubaugebiets Baaken eingereicht. Die blieb allerdings ohne Erfolg.
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