Schon der geplante Anstieg des Grubenwassers auf 600 Meter unter der Erdoberfläche ist Umstritten. Umweltschützer fürchten, dass die Lippe erheblich stärker mit Schadstoffen belastet wird. Es gibt auch die Sorge vor neuen Gebäudeschäden durch Hebungen.
Jetzt hat die RAG beantragt, das Grubenwasser im Bereich des östlichen Ruhrgebiets sogar auf nur noch minus 380 Meter ansteigen zu lassen. Das Grubenwasser für den gesamten östlichen Bereich des Ruhrgebiets von Dortmund im Westen bis Hamm im Osten wird über die ehemalige Zeche Haus Aden in Bergkamen bewirtschaftet. Paradoxerweise verspricht sich die RAG-Stiftung, die für die Grubenwasserhaltung verantwortlich ist, vom Ansteigen des Grubenwassers eine geringere Belastung mit Schadstoffen.
„Der weitere Anstieg reduziert unter anderem die Salzlast im Wasser“, sagt Werner Grigo, der Leiter des Genehmigungsmanagements bei der RAG. Der Zusammenhang, warum das nach Erkenntnissen der RAG so sein soll, ist kompliziert. Grubenwasser ist Regenwasser, das nach unten versickert, erklärt Grigo. Dabei reichert es sich auf dem Weg nach unten im Gestein mit Salz und anderen Stoffen an. Dazu gehören auch umweltschädliche Stoffe wie Schwermetalle und das Ultragift PCB, das der Bergbau selbst zeitweise als Bestandteil von Hydraulikölen unter Tage gebracht hat.
Je weniger das Wasser durchs Gestein sickere, um so weniger reichere es sich an, erklärt Grigo. Das stärker angereicherte Wasser sei schwerer und bleibe daher unten. Das nicht so stark belastete Wasser, das gepumpt wird, befinde sich oben.

Es sollen sich mehr Schadstoffe unter Tage absetzen
Außerdem geht der RAG-Vertreter davon aus, dass der Hohlraum unter Tage wie ein riesiges Absetzbecken wirkt. Das heißt: Größere Schwebstoffe sollen sich absetzen und gar nicht erst mit dem Grubenwasser zutage gefördert werden. Dadurch werde auch ein großer Teil des PCB gebunden, meint Grigo – denn es haftet sich an Feststoffe im Wasser an. Das alles hätten Gutachten gezeigt, die nicht von der RAG in Auftrag gegeben wurden.
Werner Grigo geht trotzdem davon aus, dass das Grubenwasser, das abgepumpt wird, nicht alle Grenzwerte für die Einleitung in die Lippe einhalten kann. Es sei deshalb sehr sicher, dass die RAG eine Behandlungsanlage baut, in der das Grubenwasser so aufbereitet wird, dass es in die Lippe eingeleitet werden kann.
Diese Anlage soll nördlich des Datteln-Hamm-Kanals entstehen – dort, wo sich die Düker-Baustelle für die neue Grubenwasserleitung befindet. Sie wird wahrscheinlich einige Millionen Euro kosten. Die RAG geht von einem „niedrigen zweistelligen Millionenbetrag“ aus. „Das Gelände gehört uns. Deshalb bietet es sich für die Anlage an“, sagt Grigo.
Er geht davon aus, dass sie vor allem Eisen aus dem Wasser filtern muss. Das habe den Nebeneffekt, dass auch mehr PCB ausgefiltert werde, meint der Leiter des Genehmigungsmanagements. Eisen lagert sich wie PCB an Feststoffen an. Kleine Feststoffe würden sich nicht unter Tage ablagern. Wenn sie ausgefiltert würden, gelange auch automatisch weniger PCB in die Lippe.

Bisher hat die RAG ansonsten aber noch kein schlüssiges Verfahren, wie PCB aus dem Grubenwasser ausgefiltert werden soll. Das Problem: Bisher gibt es noch kein Analyseverfahren, das genaue Auskünfte gibt. Daher habe die Filteranlage, die zur Probe auf Haus Aden betrieben wurde, keine verwertbaren Erkenntnisse gebracht.
Die RAG erhofft sich von einer Promotionsarbeit, die noch in diesem Jahr vorliegen soll, eine erheblich verbesserte PCB-Analysemethode. „Wenn wir unsere Analysemethoden beim PCB verbessern, werden wir auf jeden Fall bei der Filterung nachsteuern“, versprach Grigo.
Aus dem Bergbau stamme aber ohnehin nur ein kleiner Teil der PCB-Belastung. Nach Berechnungen der RAG gelangen pro Jahr etwa 100 Gramm aus dem Bergbau in den Rhein – unter anderem über die Lippe. Die Gesamtbelastung im Rhein liege aktuell bei 40 bis 80 Kilogramm.
RAG sieht keine Gefahr für das Trinkwasser
Groigo befürchtet übrigens nicht, dass durch den Anstieg des Grubenwassers die Trinkwasserschichten mit dem Grubenwasser in Kontakt kommen könnten. Das würde das Trinkwasser unbrauchbar machen. Zu den sogenannten „Halterner Sanden“, das wichtigste Trinkwasserreservoir des Ruhrgebiets, gebe es von der sogenannten Wasserprovinz Haus Aden keine Verbindung. „Sie gehören zur Wasserprovinz Lohberg – und dort soll der Grubenwasserspiegel nur bis 630 Meter ansteigen“, sagt Grigo.
Die RAG schließt übrigens nicht aus, dass es durch den Anstieg des Grubenwassers zu Hebungen kommt. Die sind ihrer Ansicht nach jedoch so gering, dass es zu keinen „Schäden von größerem Gewicht“ kommen könne. „Wir werden das aber genau beobachten“, verspricht Grigo. Falls es zu Schäden kommt, werde die RAG-Stiftung Schadenersatz leisten – so wie bei den Schäden durch Bergsenkungen.

Konsequenzen wird der höhere Grubenwasserpegel jedoch möglicherweise für den Bau des Pumpwerks auf Haus Aden haben. Es soll mithilfe von Fördermitteln des Bundes eine aufwendige Fassade bekommen. Die RAG benötigt es erst frühestens 2029, falls der Grubenwasseranstieg auf 380 Meter genehmigt wird. Ursprünglich sollte es 2025 fertig sein. Darüber gebe es zurzeit Gespräche mit der Stadt, sagte RAG-Sprecher Christof Beike.
Zurzeit befindet sich der Grubenwasserspiegel auf der Dortmunder Zeche Hansa, die zum Bereich Haus Aden gehört, bei 589 Metern. Dort gibt es einen Überlauf nach Osten, sodass das Grubenwasser nicht steigt, solange es im östlichen Bereich noch niedriger ist. Dort, am Messpunkt Heinrich in Hamm, befindet sich der Grubenwasserspiegel zurzeit noch bei minus 887 Metern.
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