Vor einem Jahr lagen die Zinsen für Immobilienkredite in Werne bei gut einem Prozent. Innerhalb von neun Monaten haben sie sich vervierfacht: mehr als vier Prozent. Tendenz: steigend. Springen daher viele Bauwillige in Werne ab? „Nein“, sagt Baufinanzierungs-Experte Peter Borgschulte, „aber die Leute gehen ein oder zwei Stufen niedriger“.
Heißt: Statt des freistehenden Einfamilienhauses nur noch eine Haushälfte. Statt des Reihenhäuschens eine Eigentumswohnung. Borgschulte, Berater in Werne bei der Volksbank Kamen-Werne, sagt: „Trotz der stark gestiegenen Baufinanzierungs-Kosten ist die Nachfrage nach Immobilien in Werne weiter hoch.“
Immobilienpreise weiter hoch
Das ist offenbar ein Spezifikum des Marktes in Werne. Denn eigentlich müssten bei steigenden Finanzierungskosten die Preise für Immobilien heruntergehen. Weil sich weniger Leute ein Häuschen leisten können, daher die Nachfrage sinkt und somit auch die Preise zurückgehen. „Das ist aber in Werne nicht der Fall“, sagt Philipp Gärtner (33), Filialleiter der Volksbank in Werne: „Die Nachfrage ist weiter hoch. Allerdings mehr nach Bestands-Immobilien als nach Neubauten.“
Das hat auch mit den weiterhin hohen Baupreisen zu tun. Aufgrund der weltweiten Energiekrise und den Auswirkungen des Ukraine-Krieges ist mit einer kurzfristigen Entspannung nicht zu rechnen. „Die Materialpreise und Handwerks-Löhne dürften erst einmal oben bleiben und damit auch die Baukosten.“

2700 statt 1450 Euro im Monat
Was die auf gut vier Prozent gestiegenen Finanzierungskosten für Auswirkungen auf die Haushaltskasse der Bauwilligen haben, macht Gärtner an einem Beispiel klar. Wollte ich vor einem Jahr 500.000 Euro finanzieren, musste ich gut ein Prozent Zinsen und 2,5 Prozent Tilgung einkalkulieren. Machte eine monatliche Belastung von 1450 Euro. „Heute, bei vier Prozent Zinsen und ebenfalls 2,5 Prozent Tilgung, liegen wir bei 2700 Euro im Monat.“
Dennoch - in Werne gibt es offenbar genug Menschen, die sich eine Immobilie leisten können. „Es ist schon noch Geld im Markt“, sagt Berater Borgschulte. Dabei handele es sich nicht nur um Familien, die sich ihren Eigenheim-Traum erfüllen, sondern auch um Kapitalanleger. Die investieren aus steuerlichen Gründen „und da fallen gestiegene Bauzinsen nicht so sehr ins Gewicht“, sagt Gärtner.

Große Dynamik im Finanzierungssektor
Peter Borgschulte ist verblüfft über die Dynamik im Finanzierungssektor: „Die Immobilienzinsen haben rund neun Jahre gebraucht, um auf ein Niedrig-Niveau von einem Prozent zu kommen. Nun brauchte es nur neun Monate, bis sie von da unten auf mehr als vier Prozent kletterten“. Die Nachfrage sei dennoch in Werne weiterhin hoch, „aber die Kunden fragen nach einer Preisklasse tiefer“. Wenn Immobilien angeboten würden, seien sie schnell verkauft.
Philipp Gärtner erlebt momentan eine weitere Facette des lokalen Immobiliengeschäftes: „Viele spekulieren auf fallende Preise für Häuser oder Wohnungen. Die Leute haben das Geld, warten aber ab. Das Eigenkapital ist im Markt vorhanden.“
400 Euro pro Quadratmeter
Der Filialleiter macht auf ein weiteres Werne-Spezifikum aufmerksam, das künftigen Immobilien-Eignern zu schaffen machen dürfte: „Wir haben keine großen Neubaugebiete mehr.“ Entsprechend hoch seien die Grundstückspreise. Je nach Lage müssten Käufer mit 350 bis 400 Euro pro Quadratmeter rechnen.
Wie sieht die Zukunft im Immobiliengeschäft bei der Volksbank in Werne aus? Peter Borgschulte glaubt, „dass ein Schwerpunkt bei der Modernisierung und energetischen Sanierung von Bestandsimmobilien liegt“. In der aktuellen Energiekrise „liegt das ja auf der Hand“.
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