Horst Nußbaum betreibt das Stadthotel im Kolpinghaus in Werne. Nach wie vor mangelt es an Gästen. Das gilt für die Übernachtungen genauso wie für die Gastronomie. © Felix Püschner

Gastronomie

Werner Hotelier: „Wenn das so bleibt, gibt es bald das große Gastro-Sterben“

Längst dürfen die Werner Gastronomiebetriebe wieder öffnen. Herrscht nun nach ein paar Wochen mit Umsatz wieder Friede, Freude, Eierkuchen? Ein Besuch im Stadthotel im Kolpingsaal verdeutlicht die Lage.

Werne

, 28.07.2021 / Lesedauer: 3 min

Im Gastro-Bereich des Stadthotels im Kolpinghaus ist es absolut still. Lediglich drei Plätze sind mit Tellern und Kaffeetassen gedeckt. Sie sind für die Übernachtungsgäste des Hotels bestimmt. Denn der „reguläre“ Gastrobetrieb findet nach wie vor nur draußen im Biergarten statt. „Als die ersten Gäste kamen, haben wir vor Freude geweint“, sagt Betreiber Horst Nußbaum. Dennoch herrscht nach dem zweiten harten Lockdown längst nicht heile Welt im Stadthotel an der Alten Münsterstraße.

Wenn man die Einnahmen aus dem Übernachtungsbetrieb und dem Biergarten zusammenrechne und sie den Ausgaben gegenüberstelle, komme man in etwa bei plus minus null heraus: „Aber auch nur, weil uns der Verpächter zuletzt immer entgegengekommen ist.“

Innen-Gastro öffnet wohl am 1. Oktober wieder

Den Gastro-Innenbetrieb werde man voraussichtlich am 1. Oktober wieder öffnen - sobald die Biergartenzeit vorbei ist. „Wenn wir das jetzt machen würden, wäre es einfach zu teuer. Wir würden wieder nur draufzahlen. Mehr Personal, mehr Ware, mehr Strom“, beginnt Nußbaum aufzuzählen. Im Januar hatten er und seine Lebensgefährtin uns Einblicke in die finanzielle Situation des Betriebs gegeben. Damals ging es vor allem um die staatlichen Hilfen in der Corona-Krise. Jetzt gibt es diese Hilfen nicht mehr - mit Ausnahme des Kurzarbeitergelds.

Derzeit arbeiten immerhin wieder drei Servicekräfte auf 450-Euro-Basis im Stadthotel. Einen Koch gibt es nicht mehr. Der letzte hatte sich bereits im vergangenen September verabschiedet. Nußbaum bereitet aktuell alle Speisen selbst zu - ob Schweinebraten, Pasta, Flammkuchen oder vegane Hackbällchen. Einen neuen Koch zu finden sei derzeit – abgesehen vom Kostenfaktor – ohnehin schwierig. Viele von ihnen hätten sich umorientiert und arbeiten nun beispielsweise an Fleischtheken im Supermarkt.

Die leere Innen-Gastro: Nußbaum würde draufzahlen, wenn er diesen Bereich zusätzlich zum Biergarten öffnen würde. © Felix Püschner

Das Problem des Personalmangels gebe es derzeit in der gesamten Branche. „Und wenn das so bleibt, gehe ich davon aus, dass in den nächsten zwei oder drei Jahren ein großes Gastro-Sterben einsetzt“, sagt der Hotelier. Mit seinen Aushilfskräften kann sich Nußbaum noch glücklich schätzen. Pech hatte er hingegen, als ein Schaden am Dach des Kolpinghauses im Zuge des jüngsten Schneefalls für fünf Wochen elf von 17 Zimmern unbewohnbar machte. Inzwischen sind die Zimmer renoviert. Was nach wie vor fehlt, sind die Gäste.

Kaum Rad-Touristen und Kegelclubs mehr

Denn vor allem am Wochenende, wenn die Geschäftsreisenden fern bleiben, bleiben auch die Betten leer. Eigentlich hätten darin die Rad-Touristen liegen sollen. „Wir waren für dieses Jahr ausgebucht bis September. Dann hagelte es Stornierungen“, sagt Nußbaum. Bislang habe er in diesem Jahr knapp zwei Dutzend Radfahrer als Übernachtungsgäste begrüßen dürfen. Peanuts im Vergleich zu den Zeiten vor der Pandemie.

Das Geschäft im Biergarten läuft noch lange nicht so wie vor der Corona-Zeit. © Felix Püschner

Zudem haben sich mehrere Kegelclubs, die einst Stammgast auf den Kegelbahnen im Kolpinghaus waren, inzwischen aufgelöst. Es waren mal 14, nun sind es nur noch fünf. Zwei davon sind allerdings neu dabei. In diesen Zeiten komme das einem Lottogewinn gleich, so der Werner Hotelier. Die Bürgerschützen, die vor der Pandemie noch den Schießstand im Kolpinghaus nutzten, sind hingegen noch nicht zurückgekehrt. Und Nußbaum rechnet auch nicht mit einem zeitnahen Wiedersehen.

„Wir Gastronomen können die Verluste nicht wieder reinholen. Die Leute essen ja jetzt nicht doppelt so viel.“ Horst Nußbaum

Alles in allem verschärft das eine Problematik, vor der der Stadthotel-Betreiber ohnehin schon steht: „Wir Gastronomen können die Verluste, die wir hatten, nicht wieder reinholen. Die Leute essen ja jetzt nicht plötzlich doppelt so viel wie früher. Und selbst wenn ich genügend Anfragen hätte, könnte ich nicht zwei Leute in ein Einzelbett stecken.“

Viele Leute seien eben noch zurückhaltend. Das erkenne man auch an den Besucherzahlen im Biergarten. Und mit Blick auf die steigende Inzidenz dürfte sich daran so schnell wohl nichts ändern. „Aber immerhin gibt es uns noch“, sagt Nußbaum und lächelt. Dann rückt er den Teller vor sich zurecht. Er hat schließlich Gäste. Viele sind es nicht.

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