Menschen gehen durch eine Gasse.

Ein Bild aus dem Jahr 1980. Da gab es im alten Rathaus noch keine öffentliche Toilette. Die Gasse zwischen Marktplatz und Bonenstraße trug allerdings längst den Namen "Äskiärv". © Archiv Förderverein Stadtmuseum

Gasse am Werner Marktplatz: Woher hat die „Äskiärv“ ihren Namen?

rnStadtgeschichte

Die Gasse zwischen Bonenstraße und Werner Marktplatz hat einen unrühmlichen Namen: Äskiärv. Aber was bedeutet das überhaupt und wie kam es dazu?

von Heidelore Fertig-Möller

Werne

, 18.06.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Histörchen und Döhnekes gibt es in Westfalen zuhauf, auch in Werne, wovon bei Stadtführungen gerne berichtet wird. Viele sind nur mündlich überliefert und in keinem Ratsprotokoll oder Bürgerbuch verzeichnet. Und einige zeugen auch von der „deftigen“ Sprache, dem Plattdeutschen, das im Münsterland, auch in Werne, früher und manchmal auch heute noch gesprochen wird.

So hatte vor circa fünfzig Jahren ein bekannter Gastwirt, der seine Traditionskneipe nicht weit vom Rathaus entfernt betrieb, eines Tages auf einer Kreidetafel „Äskiärv“ im Garten seiner Wirtschaft stehen. Die Stammgäste und alten Poahlbürger wussten sofort, was dieses Wort bedeutete, dass nur die als Marktpassage bekannte Gasse zwischen dem Marktplatz und der Bonenstraße gemeint wäre und diese konnten auch gleich die „Übersetzung“ dieses Begriffes aus dem Plattdeutschen den Neubürgern von Werne gekannt geben.

Die Arschkerbe - das stille Örtchen am Rande des Marktplatzes

Es bedeutet nämlich auf Hochdeutsch nichts anderes als „Arschkerbe“. Warum bekam nun diese Gasse im Volksmund diesen doch nicht ganz stubenreinen Namen? Dieses Gässchen war schon früher sehr dunkel und unheimlich. Aber gerade weil es den Werner Bürgern so ungastlich erschien, zog es besonders an Sonn- und Feiertagen so manchen Kirchgänger, der oft außerhalb der Stadtmauer auf seinem Bauernhof wohnte und deshalb einen weiten Weg zurücklegen musste, an diesen Ort, wenn nicht zu sagen, an dieses „Örtchen“, denn als solches wurde diese Gasse oft benutzt.

Ein Bauzaun versperrt einen Durchgang.

Die Stadt sperrte den Durchgang vor einiger Zeit aus Sicherheitsgründen ab. © Jörg Heckenkamp (A)

In der Mitte befand sich nämlich ein Siel, ein Abwasserkanal, der die Abfälle vom Markt zur Bonenstraße brachte. Da erst 1905 in der Altstadt von Werne ein unterirdisches Abwassersystem eingeführt wurde, war es bis dahin üblich, alles auf die Straße oder Plätze zu werfen – dabei musste man dreimal „Achtung“ rufen, damit ein Fußgänger noch rechtzeitig zur Seite springen konnte. Vieles floss dann vom Marktplatz entweder an Ickorn und der heutigen Sparkasse vorbei (das Foto auf dem Stromkasten neben der Gaststätte Ickorn zeigt noch dieses Rinnsal, wenn man genau hinschaut) oder es floss eben durch die Äskiärv.

Stadt eröffnete erst 1983 eine öffentliche Toilette im alten Rathaus

Anfang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts war es immer noch ein Problem, vor oder nach dem Kirchgang seinem „Bedürfnis“ nachzukommen - und so eröffnete 1983 die Stadtverwaltung endlich eine öffentliche Toilette im historischen Rathaus ganz in der Nähe der Äskiärv. Auch noch heute hat diese Gasse ein wenig von Hinterhofatmosphäre, aber sie ist trotzdem eine beliebte Abkürzung vom Markt zur Bonenstraße und weiter zum Moormannplatz, die viele Werner Bürger benutzen und die auch bei Stadtführungen, besonders bei der Nachtwächterführung, beliebt ist.

Leider ist seit kurzem dieser Durchgang gänzlich dichtgemacht worden, nachdem die Sperrgitter, die vorher dort angebracht worden waren, immer wieder zur Seite geschoben wurden. Es ist nun sehr zu hoffen, dass die neuen Besitzer des Hauses an der Bonenstraße und der Passage. baldmöglichst die Beschädigungen des Durchganges beseitigen und man wieder mit Freude durch die historische Äskiärv gehen kann.

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