Gasse am Werner Marktplatz bekommt bald ganz besondere Bodenplatten

Marktplatz

In der kleinen Gasse zwischen dem Werner Marktplatz und der Bonenstraße stehen wohl bald Bauarbeiten an. Dabei sollen ganz besondere Bodenplatten verlegt werden.

Werne

, 07.09.2020, 12:00 Uhr / Lesedauer: 2 min
Die Gasse führt vorbei an der Kultschänke Fränzers und durch die frühere Kroes-Passage bis hin zur Bonenstraße.

Die Gasse führt vorbei an der Kultschänke Fränzers und durch die frühere Kroes-Passage bis hin zur Bonenstraße. © Felix Püschner

Diese Bauarbeiten haben durchaus ein historisches Ausmaß: In der Gasse zwischen Marktplatz und Bonenstraße, die vorbei an der Gaststätte Fränzers und durch die Mode-Passage führt, will die Stadt neue Bodenplatten verlegen. Und zwar ganz besondere. Die zwei steinernen 70 mal 100 Zentimeter großen Bodenplatten zieren zwei Skizzen von Gebäuden, von denen inzwischen im Stadtbild jede Spur fehlt: die jüdische Schule und die Synagoge.

Drei Entwürfe eines Steinmetzes präsentierte Museumsleiterin Dr. Constanze Döhrer am Donnerstag (3. September) in der Sitzung des Kulturausschusses. Dabei stimmten die Ausschussmitglieder für eine Variante im Querformat mit nicht allzu viel Text, die an den ehemaligen Standort der Schule und der Synagoge erinnern sollen. Die Schule - so ist auf einer der Platten zu lesen - befand sich einst neben dem Gebäude am Markt 11.

So sieht der Entwurf des Steinmetzes aus, für den sich die Mitglieder des Kulturausschusses entschieden haben.

So sieht der Entwurf des Steinmetzes aus, für den sich die Mitglieder des Kulturausschusses entschieden haben. © Stadt Werne

Erbaut wurde sie 1866/67 und diente auch als Gemeindehaus. Während der NS-Zeit wurde das Gebäude als „Judenhaus“ genutzt. Jüdische Bürger mussten hier zwangsweise bis zur Deportation gemeinsam wohnen. Die Skizze des Schulgebäudes entstand laut Angaben der Verwaltung aus dem Gedächtnis von Fritz Fischer.

Erhalten ist bis heute ein Stundenplan, auf dem unter anderem die Fächer Hebräisch und Deutsch, Lesen, Schreiben und Übersetzen, Religion, biblische, vaterländische und Natur-Geschichte, Kopf- und Tafelrechnen sowie Gesang und Schönschreiben verzeichnet sind. Vermutlich sei der Plan jedoch angefertigt, um eine Konzession zu erreichen und möglicherweise nicht tatsächlich so unterrichtet worden, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Das Gebäude am Markt 12 wurde 1952 an Elly Jorden verkauft. Anschließend entstanden dort Garagen.

Die Überreste der alten Synagoge am Werner Marktplatz im Jahr 1978. Heute gehört die Fläche zum Gastronomiebetrieb Fränzers.

Die Überreste der alten Synagoge am Werner Marktplatz im Jahr 1978. Heute gehört die Fläche zum Gastronomiebetrieb Fränzers. © Archiv Förderverein Stadtmuseum

Die Synagoge hingegen wurde bereits 1816 erstmals schriftlich erwähnt und befand sich auf der linken Seite neben der Schule. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge verwüstet und anschließend von der Gemeinde verkauft. 1940 wurde das Gebäude dann abgerissen. Die Skizze auf der Platte entstand aus dem Gedächtnis von Dr. Erwin Hövener.

Die Mitglieder des Kulturausschusses hatten die Verwaltung bereits im März 2020 damit beauftragt, einen Vorschlag für die Gestaltung der 3000 Euro kostenden Platten zu erarbeiten. Im Zuge der Entwurfsvorstellungen regte Jörg Weber (CDU) nun jedoch an, nach Möglichkeit textlich auch die Thora-Rollen zu erwähnen, die Albert Heimann 1938 aus der brennenden Synagoge rettete. Bei seiner Flucht in die USA 1939 nahm er die Schriftstücke mit und schenkte sie der Deutsch-Jüdischen Gemeinde Hebrew Tabernacle in New York City.

Eine Gedenktafel - angebracht an der Außenwand der Gaststätte - erinnert heute an die ehemalige Synagoge am Werner Markt.

Eine Gedenktafel - angebracht an der Außenwand der Gaststätte - erinnert heute an die ehemalige Synagoge am Werner Markt. © Felix Püschner

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