Beim Denkmalschutz brauche man viel Geduld, sagt Petra Göbel, Leiterin der Abteilung Bauordnung und Denkmalpflege bei der Stadt Werne, als wir uns nach dem aktuellen Stand in Sachen „Gammelhäuser“ erkundigen. Diese unrühmliche Bezeichnung ist natürlich kein Begriff, den man in den Reihen der Verwaltung nutzt. Im Volksmund hat er sich hingegen durchaus etabliert.
Gemeint sind denkmalgeschützte Häuser, die seit vielen Jahren ungenutzt sind und zunehmend verfallen. Das liegt in der Regel daran, dass die Eigentümer nur das Nötigste tun, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.
Dass man die Hoffnung nicht aufgeben sollte, haben zwei Beispiele in der jüngeren Vergangenheit gezeigt. So konnten etwa Besucher beim Tag des offenen Denkmals das Haus an der Bonenstraße 8 besichtigen. In dem historischen Bauwerk befand sich einst unter anderem eine Tischlerei. Nun entstehen dort vier moderne Wohnungen.
Auch das ehemalige Sporthaus an der Bonenstraße sowie das dahinterliegende Fachwerkhaus neben dem Hintereingang der früheren Spielothek Richtung Marktplatz befinden sich im Umbau. Wohnraum, Gewerbefläche und eine Arztpraxis soll es künftig hier geben.

Zeitnah will die Stadt laut Petra Göbel nun unter anderem weitere Gespräche mit dem neuen Eigentümer des Gebäudes an der Steinstraße 1 führen. Dabei soll es darum gehen, wie das ehemalige „Schlunz-Haus“ in Zukunft genutzt werden soll. Stand jetzt läuft es darauf hinaus, dass das Erdgeschoss gewerblich genutzt wird und darüber Wohnungen entstehen - so zumindest der Plan des neuen Eigentümers.
Deutlich verhaltener sieht es im Falle von zwei Immobilien an der Burgstraße aus - den Häusern mit den Nummern 13 und 15. Beide Objekte gehören zu den sieben denkmalgeschützten Altstadt-Gebäuden, bei denen die Stadt „hohen Handlungsbedarf“ sieht. In diese Kategorie wurden besagte Gebäude auf der 59 Immobilien umfassenden Denkmalkarte eingeordnet. Außerdem gehören dieser Kategorie die Häuser an der Westmauer 4, Westmauer 15, Kirchhof 3, Kirchhof 13 und Südmauer 27 an.

Letzteres Gebäude war im vergangenen Jahr besonders in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Die Politik forderte die Verwaltung dazu auf, den Druck auf den Eigentümer zu erhöhen. Die Stadt sagte zu, man werde „alle zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel“ nutzen, um das Gebäude zu erhalten. Als „Ultima Ratio“ wurde der Begriff Enteignung ins Spiel gebracht.
Der Eigentümer der Immobilie reagierte prompt, indem er selbst in die Offensive ging und Klage einreichte. Sein Ziel: die Streichung aus der Denkmalliste und ein anschließender Abbruch des Gebäudes. Die Stadt unterbreitete dem Eigentümer daraufhin ein Kaufangebot.

Das hatte allerdings eher formale beziehungsweise juristische Gründe, wie Planungsdezernent Ralf Bülte seinerzeit erläuterte. Man wolle dadurch einerseits verhindern, dass die Klage des Eigentümers vom Gericht anerkannt wird - andererseits aber auch die Grundlagen für die „Ultima Ratio“ schaffen, wenngleich dies nach wie vor nicht die angestrebte Lösung sei.
Und was ist daraus nun geworden? Der Eigentümer habe das Angebot abgelehnt, sagt Göbel. Das war allerdings auch nicht anders zu erwarten. Das Klageverfahren gegen die Stadt läuft noch. Wie lange es sich noch hinziehen wird, ist schwer abzuschätzen.

Das gilt auch für die beiden Sorgenkinder an der Burgstraße. „Wir sind da dran und arbeiten an Lösungen. Warum es da zuletzt nicht weiterging, ist schwer zu sagen“, erklärt Göbel mit Blick auf das Haus mit der Nummer 13. Die Stadt hatte hier laut Planungsdezernent viele Zugeständnisse gemacht. Zum Beispiel insofern, als dass die Fassade nur auf einer Seite denkmalgerecht saniert werden muss und das Gebäude hinten aufgestockt werden darf. Der Eigentümer hatte vor längerer Zeit den Architekten gewechselt. Dann fehlten jedoch die Handwerker.
Im Falle der benachbarten Immobilie mangelt es hingegen an Unterlagen und Unterschriften. Denn damit sich am Zustand des Gebäudes etwas ändern kann, müssten zunächst einmal die Erbschaftsangelegenheiten geklärt werden. Ein Prozedere, das sich inzwischen über mehrere Jahre zieht. Der beauftragte Rechtsanwalt und Notar habe jedoch eine Lösung zwischen Anfang und Mitte des kommenden Jahres in Aussicht gestellt, heißt es.

Für das Gebäude gab es bereits große Pläne. Der Verein Freunde des historischen Stadtkerns Werne wollte hier ein „dezentrales Museum“ errichten. Die dahinter liegende Stuhlmacher-Werkstatt an der Westmauer 15 sollte in die Planungen einbezogen werden. Der Verein hatte durch Spenden und Fördermittelzusagen schon knapp 300.000 Euro aufgetrieben.
Das Konzept war fertig, das Geld lag bereit, man scharrte quasi mit den Hufen – durfte aber nicht loslegen und gab schließlich auf. Denn irgendwann reißt offensichtlich auch einem Verein, der sich die Förderung des Denkmalschutzes auf die Fahnen geschrieben hat, der Geduldsfaden.
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