Der jüdische Friedhof an der Südmauer in Werne.

© Jörg Heckenkamp (A)

Friedhof in Werne: Jahrhunderte alte Grabsteine erinnern an jüdisches Leben

rnGedenken

Die Wurzeln des jüdischen Lebens in Werne reichen viele Jahrhunderte zurück. Auf dem Friedhof an der Südmauer gibt es noch gut drei Dutzend Grabsteine, die das belegen. Einer sticht dabei heraus.

von Heidelore Fertig-Möller

Werne

, 08.11.2021, 18:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Am Abend des 9. November 1938, vor genau 83 Jahren, nahmen die schrecklichen Ereignisse während der damals sogenannten „Reichskristallnacht“ in Werne wie überall im Deutschen Reich ihren Anfang. Zeitzeugen wie Heinrich Salomon und die Geschwister Heimann haben uns als nachfolgende Generation schon vor über 40 Jahren dieses Geschehen nahe gebracht.

Das wohl sichtbarste Zeugnis dafür, dass jüdische Familien schon vor mehr als 450 Jahren hier im kleinen Lippestädtchen Werne gelebt haben, ist der Jüdische Friedhof an der Südmauer. Das Gelände für den jüdischen Friedhof zwischen der ehemaligen Stadtmauer und dem sogenannten Schüttenwall wurde 1779 von der jüdischen Gemeinde zu dem bereits bestehenden Friedhofsgelände für 25 Taler angekauft.

Beerdigung am Schüttenwall in Werne

Wann genau die erste Beerdigung am Schüttenwall erfolgte, lässt sich aus den Unterlagen des Stadtarchivs nicht ersehen. Es heißt aber in einem Ratsprotokoll vom 23. November 1698: „Daß auch die hiesige vergleitete Judenschaft von altersher ihre Begräbnisse auf besagtem Schüttenwall gehabt und noch haben, was in ihrem Geleidt enthält, ist bekannt...“

Rund drei Dutzend Gräber gibt es hier heute noch.

Rund drei Dutzend Gräber gibt es hier heute noch. © Jörg Heckenkamp

Heute befinden sich im rückwärtigen Teil des Friedhofsgeländes insgesamt 37 Begräbnisplätze und 35 Grabsteine. Der älteste Grabstein ist in einer separaten Ecke des Friedhofs, abseits von den übrigen Grabreihen, zu sehen. Aufgrund seiner Lage, seiner äußeren Gestalt und seines verwitterten Aussehens kann ein wesentlich früheres Entstehungsdatum als bei den übrigen Grabsteinen vermutet werden.

Der Stein besteht aus zwei Teilen, wobei der Rechte nur noch fragmentarisch erhalten ist. Die hebräische Inschrift wurde 1981 von Pfarrer Martin Schiwy übersetzt und lautet wie folgt: „Hier ist bestattet eine ehrbare Frau. Alle Tage wandelt sie einen rechten Weg. Ihre Taten... sie war angenehm, Matchen, Tochter des Menahem, Werne 22. Juli (5)463“ (1703 christlicher Zeitrechnung)

Ältester Grabstein wurde teilweise restauriert

Der auf dem linken Fragment genannte Abraham von Werne, gestorben 1702, war einer der Vorsteher der Judenschaft im Oberstift Münster. Dieser besondere Stein wurde in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts fachmännisch restauriert, weshalb die hebräische Inschrift nun gut zu erkennen ist.

Der zweitälteste Grabstein stammt aus dem Jahre 1874 und ist Frau Schalotcha, der Ehefrau Isaaks, gewidmet. Die jüngste Grablegung findet man auf dem Familiengrabstein des Kaufmannes Philipp Herz, gestorben am 6.4.1917, und zwar ist am 17.7.1942 seine Ehefrau Sophie, geb. Blumentahl, verstorben und da es mittlerweile verboten war, Juden dort noch zu begraben, wurde sie in aller Heimlichkeit beerdigt.

Dieser über 300 Jahre alte Grabstein wurde mittlerweile restauriert.

Dieser über 300 Jahre alte Grabstein wurde mittlerweile restauriert. © Stadtmuseum

Seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts steht der jüdische Friedhof in Werne nun unter Denkmalschutz als ein sichtbares Zeugnis jahrhundertelangen jüdischen Lebens in Werne, von 1554 bis 1945. Er ist jetzt nicht mehr außerhalb der mittelalterlichen Stadt, sondern liegt mitten in Werne und kann bei Führungen besichtigt werden.

Einen besonderen Rundgang, auch für Schulklassen geeignet, bietet der Verkehrsverein Werne unter dem Titel: „Zwischen Kreuz und Davidstern: Jüdisches Leben in Werne“, an, der besonders gut auch in dieses Gedenkjahr „1700 Jahre Judentum in Deutschland“ passt.

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