
© Jörg Heckenkamp
Finanzspritze soll Stadtmuseum Werne in die Neuzeit katapultieren
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Gehört Werne zum Münsterland oder zum Ruhrgebiet? Welche Identität hat der Bürger in Werne? Das Stadtmuseum will demnächst Antworten geben. Dazu setzt es viel Geld ein.
Wer heutzutage ins Stadtmuseum geht, bekommt eine veraltete Version der Werner Identität zu sehen: Schusterwerkstatt, zahlreiche landwirtschaftliche Geräte aus Holz, eine spießige Kaffeetafel. Ist der Werner ein Münsterländer des ausgehenden 18. Jahrhunderts?
Oder doch eher ein vom Bergbau, zwei Weltkriegen und großen Umbrüchen geprägter Mensch des Ruhrgebietes? Auf diese spannende Frage will das Museum künftig Antworten geben. Viel Geld soll das möglich machen.
140.000 Euro stehen für Stadtmuseum zur Verfügung
Denn das Karl-Pollender-Stadtmuseum darf sich über einen ordentlichen Landeszuschuss aus dem Programm „Heimat-Zeugnis“ freuen. Über diese Zusage des Landes informierten am Dienstag, 17. Dezember 2019, Museumsleiterin Dr. Constanze Döhrer und Bürgermeister Lothar Christ. Der sagt: „Es stehen rund 126.000 Euro vom Land sowie der städtische Eigenanteil von zehn Prozent, also insgesamt rund 140.000 Euro zur Verfügung.“
Was will das Museum am Kirchhof damit machen? Vor allem die verstaubten Präsentationen im ersten Obergeschoss umgestalten. Das soll in einem großen Kraftakt geschehen. „Ich rechne mit einem Gesamtzeitraum von drei Jahren für die Umgestaltung“, sagt Döhrer. Darin integriert sind dann Ideenfindung, Ausräumen und Einlagern, Renovierung der Räume, Workshops mit Bürgern und Probierphasen.
Döhrer stellt sich vor, das 1. OG Ende 2020 leer zu räumen und sich rund ein Jahr Zeit zu geben, bis etwas Neues dort einzieht. „Ich finde es spannend, wenn man ein Jahr zum Experimentieren hat.“
Was folgt auf münsterländer Gemütlichkeit und Kaffeetafel?
Was soll nun auf Münsterländer Kaffeetafel und Fachwerk-Gemütlichkeit folgen? Auf jeden Fall keine statischen Darbietungen. „Die Ausstellungsstücke und Themen sollen sich ändern können“, sagt Döhrer. Das soll der großen Frage der Werner Identität auf die Sprünge helfen.
„Schaut man sich die Ausstellung jetzt an, ist die Identität klar: Werne gehört zum Münsterland“, sagt Bürgermeister Lothar Christ. Und das in reichlich romantisierter Form. „Doch die Münsterländer-Identität gibt es heute so nicht mehr“, sagt Christ und erinnert beispielsweise an die große Werner Beteiligung am Projekt Ruhr2010. Außerdem: „Jeder definiert Identität für sich anders.“ Ein modernes Museum sollte diese Bandbreite abdecken.
Bisherige Ausstellungsstücke verschwinden im Archiv
Was ist konkret geplant? Die hauptsächlich in den 1960er und 1970er-Jahren zusammengetragenen Asservate im 1. OG will das Museum ab Ende 2020 komplett ausräumen und einlagern. Stattdessen sollen Themen wie Erster und Zweiter Weltkrieg, Nationalsozialismus und Widerstand, die bislang überhaupt keine Rolle im Museum spielen, stärker in den Vordergrund rücken.
„Als vor 40 oder 50 Jahren die Konzeption des heutigen Museums entstand, spielten solche Themen nur eine untergeordnete Rolle“, sagt Lothar Christ. Stattdessen ist bis heute eher heile Welt angesagt. Auch die bislang nur stiefmütterlich behandelten Auswirkungen des Bergbaus in Werne, immerhin eine Epoche von 120 Jahren, könnten künftig größer ausfallen.
Stücke aus den beiden Weltkriegen neu im Stadtmuseum
Wie genau sie diese neuen Themen angehen will, weiß die Museums-Chefin noch nicht. „Durch den hohen Zuschuss ist es möglich, Bildschirme anzuschaffen und damit etwas zu machen“, sagt Döhrer. Außerdem befänden sich im Lager des Museums tatsächlich einige Stücke aus den beiden Weltkriegen, wie Orden, Abzeichen, Offiziers-Waffen oder eine Gasmaske.
Letztlich gehe es um die Frage „Wer sind wir, wie fühlen wir uns in Werne.“
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