Noch 2014 lag die Zahl der Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr bei etwa 200. 2021 sind sie auf 556 gestiegen und waren 2022 gleichbleibend hoch. Allein 414 davon fielen dabei in den Zuständigkeitsbereich des Löschzugs Werne-Mitte. 153 Ehrenamtliche bewältigen Rufe zu Ölspuren, Brandmeldealarme und Türöffnungen, rücken aber auch zu Gebäudebränden und Unfällen aus.
Zehn Kameraden sind 2022 aus dem aktiven Dienst ausgeschieden. In die Löschgruppen Langern und Stockum ist jeweils eine Person neu aufgenommen worden, bei der Jugendfeuerwehr sind es zwei und in der Unterstützungsabteilung 13. Unterm Strich waren es 2022 also weniger Einsatzkräfte, die für weitaus mehr Einsätze verantwortlich waren, als noch 2014. So weit die Zahlen.
Trotzdem möchte die Stadt Werne an ihrem Konzept der Freiwilligen Feuerwehr festhalten. Ende des Jahres möchte sie erneut einen Ausnahmeantrag an die Bezirksregierung in Arnsberg stellen.
Ab 25.000 Einwohner Hauptamt
„Große kreisangehörige Städte (in NRW: mehr als 60.000 Einwohner) und mittlere kreisangehörige Städte (in NRW über 25.000 Einwohner) müssen hauptamtliche Kräfte für den Betrieb einer ständig besetzten Feuerwache einstellen, die zu verbeamten sind. Ausnahmen sind möglich“, heißt es im Gesetz über Feuerschutz und Hilfeleistung (BHKG). Werne mit seinen mehr als 30.000 Einwohnern macht von dieser Möglichkeit der Ausnahmen seit Jahrzehnten Gebrauch. „Warum sollten wir etwas ändern wollen, das seit Jahrzehnten personell, sachlich und organisatorisch gut funktioniert“, begründet Kordula Mertens, Dezernentin für Bürgerangelegenheiten und Soziales, den erneuten Antrag.
Feuerwehrleiter Thomas Temmann ist der Regelung gegenüber zwiegespalten. „Die Belastung für den Einzelnen ist deutlich höher geworden“, sagt er. Er fragt sich ganz offen: „Wie lange ist das noch leistbar? Mit zunehmendem Alter ist es deutlich schwerer geworden, bis zu drei Mal pro Woche nachts raus zu müssen. Und das oft nur für eine Ölspur.“ Die drängende Frage sei: „Wo liegt die Grenze dessen, was die Freiwillige Feuerwehr in Werne auf ehrenamtlicher Basis, unentgeltlich und zusätzlich zu regulären Arbeitsstellen, leisten kann.“ „Aber“, sagt er, „selbst wenn wir hauptamtliche Kräfte hätten, würde das nicht reichen.“ Doch immerhin wären die dann ausschließlich für den Brandschutz zuständig und nicht in anderen Berufen tätig, in denen das Verständnis bei immer größerem Aufwand für das Ehrenamt immer weiter schwindet.
Einerseits befürchtet er bei einem solchen Mischmodell eine „Zwei-Klassen-Feuerwehr“, andererseits hat er Kommunen vor Augen, wo auch das gut funktioniere.
Stadt als favorisierter Arbeitgeber

Immerhin leiste die Stadt viel, um die Ehrenamtlichen zu unterstützen. Zum Beispiel hat sie den Kameradschaftsabend Anfang des Monats ausgerichtet und steckt viel in die Ausstattung der Wehr. Außerdem unterstützt sie als Arbeitgeber die Einsätze der Mitarbeiter, die auch als Feuerwehrleute tätig sind. Neun der Kameraden arbeiteten bei der Stadt.
Deshalb favorisiert Temmann auch folgende Lösung: Er wünscht sich, um etwas entlastet zu werden, weitere städtische Mitarbeiter, die Feuerwehrleute sind. „Aber man kann ja auch nicht verlangen, dass die Stadt nur noch Feuerwehrleute einstellt. Sie müssen ja auch in den anderen Job passen. Außerdem muss die verschuldete Kommune aufs Geld achten“, gibt er zu Bedenken.

Mehr Berufung als Hobby
Robin Nolting ist ein solcher städtischer Mitarbeiter, der außerdem ehrenamtlicher Oberfeuerwehrmann ist. Auch er sagt: „Die Belastung ist schon gestiegen und es gibt immer mehr Einsätze, bei denen die Feuerwehr gar nicht unbedingt erforderlich ist. Aber ich sehe das eher als Berufung, denn als Hobby.“
Mit seinen 22 Jahren falle es ihm noch nicht schwer, mehrfach pro Woche aus dem Bett gerufen zu werden. „Aber man kann nie genug Unterstützung bekommen. Nicht jeder kann für eine Ölspur von der Arbeit abhauen“, sagt er. Gerne hätte er mehr Unterstützung - von Ehrenamtlichen. Gerne auch von solchen, die bei der Stadt Werne, und nicht zum Beispiel in Dortmund, arbeiten. Aber auch andere Werner Firmen unterstützten dieses Ehrenamt, weiß er.
Stadt hält an Konzept fest
„Es ist für jede Feuerwehr - insbesondere für freiwillige Feuerwehren - eine
ständige und auch große Herausforderung, so gut aufgestellt zu sein, dass die
vorgegebenen Schutzziele erreicht werden“, lobt Bürgermeister Lothar Christ die Ehrenamtlichen.
Auf Anfrage weist er darauf hin, dass jede Kommune nach dem BHKG für Brandschutz und Hilfeleistung verantwortlich ist. „Regelmäßig geschieht dies in mittleren kreisangehörigen Städten wie Werne durch hauptamtliche Kräfte“, so Christ. „Werne verfügt aber über eine sogenannte Ausnahmegenehmigung, das heißt, dass der Brandschutz durch eine Freiwillige Feuerwehr, die ausschließlich aus
ehrenamtlichen Kräften besteht, gewährleistet werden kann.“ Diese wolle die Stadt auch für die kommenden fünf Jahre erneut beantragen.
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